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Jenseits aller Vernunft

Jenseits aller Vernunft

Titel: Jenseits aller Vernunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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erdrücken. Ross nickte noch einmal kurz, als hätte er damit sein letztes, siegreiches Argument abgefeuert.
    Wegen dieser selbstgefälligen Zufriedenheit, die die Zipfel seines Schnurrbarts bewegte, hob sie dann die Hand. Sie holte kräftig aus, und ihre Faust traf mit einem lauten Klatschen seine Wange.
    Er stand völlig still, während der neue Schmerz den in seinem Kopf vorhandenen fast zum Explodieren brachte. Dabei ballte er die Fäuste an den Seiten, um ihr nicht an die Gurgel zu fahren.
    »Ich bin keine Hure«, sagte sie leise, jedes Wort betont. »Und war auch noch nie eine, das habe ich dir gesagt!«
    Er wehrte sich gegen einen Anfall von Übelkeit und sagte: »Du warst doch nicht verheiratet, als du dein Baby empfangen hast, oder?«
    »Nein«, sagte sie, schüttelte den Kopf und schluckte die Tränen hinunter, die unbedingt ihre Augen füllen wollten.
    Damit kam Ross auf den wesentlichen Punkt seines Problems: Wessen Baby hatte sie bekommen? Welcher Mann hatte sie besessen, berührt? Das verfolgte ihn, machte ihn verrückt. Er muss te es wissen. Trotz seiner festen Absicht, sie nicht zu berühren, hob er die Hände und legte sie um ihre Oberarme. Er zog sie hoch an seine nackte Brust und senkte sein Gesicht direkt bis zu ihrem.
    »Wer war der Mann? Wer war er, Lydia? Verdammt, antworte.«
    »Wer bist du, Ross Coleman?«
    Alles in ihm wurde totenstill, auch wenn er sie nicht losließ. »Was meinst du damit?« fragte er mit belegter Stimme.
    Sie hätte fast aufgegeben angesichts des lodernden Glitzerns in seinem Blick, aber jetzt war sie schon einmal so weit vorgeprescht. »Du lebst wie ein normaler Mann mit Frau und Kind, erfüllst deine Alltagspflichten wie jeder Familienvater, aber du bist keiner. Du hast die Augen und Reflexe eines Raubtiers, Ross Coleman. An dir ist nichts normal, auch wenn du dich so gibst. Wer bist du?«
    Er stellte sie auf die Füße, schob sie langsam zurück, während er ihr die ganze Zeit in die Augen sah. Dann wandte er sich wortlos ab. In trotzigem Schweigen zogen sie sich fertig an.
    Lydia trat in die schimmernde Morgendämmerung hinaus und entfachte das Feuer aus der Glut. Als sie Kaffeepulver in den Topf löffelte, kam Ross aus dem Wagen und begann sich zu rasieren.
    Als er ein paar Minuten später zu ihr ans Feuer trat und nach dem Kaffeetopf griff, holte sie erschreckt Luft. Seine Haut hatte einen grünlichen Schimmer, die Augen lagen tief in den Höhlen und waren von dunklen Ringen umgeben. Lydia vergaß ihren Zorn und berührte ihn am Ärmel. »Es tut mir leid, dass ich dir zu nahe getreten bin. Ich weiß, dass du dich nicht wohl fühlst. Eigentlich habe ich ja kein Recht, gekränkt zu sein. Du bist frei, zu tun, was... ich meine, uns verbindet ja keine richtige Ehe.« Sie senkte den Blick. »Und... und du sollst wissen, dass ich nicht wirklich etwas dagegen hatte, dass du... dass du dich letzte Nacht so auf mir ausgeruht hast.«
    »Lydia...«
    »Miss Lydia?« Das war Moses’ Stimme. »Oh, guten Morgen, Ross«, kam es noch rechtzeitig, als er den Wagen umrundete. »Winston hat mich gebeten, Euch dieses Buch zu geben, Miss Lydia. Er wollte es euch schon, gestern abend mitbringen, als er Euch besuchte, hat es jedoch vergessen.«
    Lydias Blick ging von dem Schwarzen zu Ross. Sie sah, wie sein Mund hart und seine Augen kalt wurden. Stirnrunzelnd streifte er sich die Handschuhe über und verschwand mit einem einsilbigen »Moses« für den Überbringer des Buches, der seinen Auftrag zu einem so ungünstigen Zeitpunkt erledigte.
    »Ross«, rief sie hinter ihm her, aber entweder hörte er sie nicht oder kümmerte sich absichtlich nicht um sie.
     
    Die Zigarrenstummel im Aschenbecher waren genauso abgestanden wie der Kaffee, und die Luft in dem stickigen Büro hätte man schneiden können. Howard Majors fuhr sich mit einer Hand durch das pomadisierte Haar und öffnete noch einen Knopf an seiner Weste. Er war genauso müde wie sein Besucher, doch Vance Gentrys Erschöpfung zeigte sich in einem Auf-und- ab-Geschlurfe.
    »Alles nur Sackgassen.« Er schlug frustriert mit der Faust an eine Wand. »Wo zum Teufel sind sie?«
    Majors sah die Berichte auf seinem Schreibtisch durch. »Weiß der Himmel«, sagte er matt. »Der Schmuck scheint auch nirgendwo auf getaucht zu sein.« Ein Bericht weckte seine Aufmerksamkeit. »Hier ist einer aus Arkansas... Owentown, niemand kennt das Kaff. Eisenbahnstadt. Einer unserer Agenten arbeitet dort inkognito. Er sah einen Mann, der ihm bekannt vorkam,

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