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Jenseits der Alpen - Kriminalroman

Jenseits der Alpen - Kriminalroman

Titel: Jenseits der Alpen - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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Früh aus der Hirschauer Bucht aufstieg.
    Agnes im zweiten Stock der Pension starrte zuerst das Telefon an. Starrte dann die Uhr an. Es war zwei Minuten nach neun am Dienstagmorgen. »Sie haben den Ehemann gefunden?«, fragte sie und sprang nebenbei in ihre Jeans. Im Hintergrund war das Hupen einer Schiffssirene zu hören.
    »Ja, den Ehemann. Nunzio Ruspanti. Kommen Sie her. Mein Italienisch wird nicht ausreichen.« Waller beschrieb ihr den Standort, während die Sonne in ganzem Umfang über der Wasseroberfläche schwebte.
    Keine Viertelstunde später konnte er sie schon hören, als er sie noch gar nicht sah. Kurze, schnelle Schritte auf dem Betonsteg. Nervöses Hüsteln.
    »Hier bin ich.«
    »Der Mann ist vor einer halben Stunde aufgetaucht«, beschrieb er die Situation. »Er bastelt an einem Schlauchboot herum.«
    Die Umrisse der Küste waren an diesem Frühlingsmorgen deutlich zu erkennen. In der Bucht vor dem offenen Mittelmeer erstreckten sich nach Osten die Fanggründe der heimischen Muschelzüchter mit ihren Plastiktonnen, Kanistern und Drahtgittern. Im Süden waren die Umrisse der Pferdeinsel zu erkennen, im Norden die ausufernden Bauwerke der Industriezone. Vor diesem gigantischen Hintergrund lag einsam ein Schlauchboot. Lang, breit, schwarz, mit Außenborder. Es war ein hübsches, fest vertäutes Schlauchboot. Das Boot war leer. Kein Mensch weit und breit zu sehen.
    »Verdammt«, zischte Waller durch die Zähne. Seine rosigen Wangen im wie immer frisch rasierten Gesicht wurden noch rosiger, und die Brille funkelte zornig. »Eben war er noch da.«
    Agnes warf ihm einen schrägen Blick zu und breitete die Arme aus. »Tja.«
    Mit hängenden Schultern gingen sie langsam zurück Richtung Altstadt. Sie hatten gerade hundert Meter hinter sich gebracht, als sie eine Stimme hörten: »Wollten Sie zu mir?«
    Waller sah Agnes an, Agnes sah Waller an.
    Nunzio Ruspanti.
    »Ja, wir wollen noch einmal mit Ihnen reden.«
    »Und ich mit Ihnen.«
    In einem Café, das gerade öffnete, setzte sich Waller Nunzio gegenüber, Agnes besetzte den Stuhl am Tischende.
    »Bisher haben Sie den Eindruck erweckt«, begann Waller, »nichts zu wissen oder wissen zu wollen. Wie kommt’s, dass Sie Ihre Meinung geändert haben?«
    Agnes übersetzte.
    Nunzio begann zu husten. Er zögerte einen Moment. »Wo ist meine Frau?«, fragte er dann unvermittelt. »Ich möchte wissen, wo Selma ist.«
    »Das wissen Sie doch«, sprang Agnes ein. »Ihre Frau ist tot. Ermordet. Sie befindet sich in Monaco . In München.«
    Nunzio nickte und nippte vorsichtig an dem starken, süßen Getränk, das vor ihm stand. »Ja, sie ist gerne per Anhalter gefahren. Früher fuhren wir immer zusammen. Aber zu zweit sind die Chancen schlechter. Irgendwann hat sie sich entschlossen, allein zu reisen.« Er legte eine kurze Pause ein. »Können Sie mir sagen, wo meine Frau ist?«
    Waller sprang auf. »Wollen Sie uns zum Narren halten?«, rief er keuchend aus. Er machte drei lange Schritte um den Tisch herum »Ihre Frau ist tot, verdammt. Und wir wollen von Ihnen wissen, wie sie nach München gekommen ist.«
    »Tot.« Der Ehemann nickte zum wiederholten Mal. »Tot. Selma ist tot. Dann werden wir kein Kind mehr haben können. Weil Selma tot ist.«
    »Agnes, ruf den Commissario an«, befahl Waller. »Er soll herkommen. Oder die Kollegin.« Das Du und das Sie purzelten bei Waller oft durcheinander.
    Während sie auf deren Eintreffen warteten, bestellte sich Waller den dritten Kaffee. »Man kann nicht gerade behaupten, dass es vorwärtsgeht«, sagte er versonnen zu Agnes. Der Mord lag drei Monate zurück, und sie hatten es gerade einmal bis zur Identifizierung der Leiche geschafft. An eine Aufklärung des Falls war noch nicht zu denken, wenn es so weiterging. Der Chefermittler lag verletzt in einem ausländischen Krankenhaus, und hier hatten sie es mit einem Verrückten zu tun. Einem, der total durchgedreht war. Oder womöglich einem Autisten.
    »Andererseits gehen wir aber auch nicht rückwärts«, erklärte Agnes. »Wir wissen heute mehr als noch vor einer Woche.«
    »Ist dieser Mann Autist?«, fragte Waller den Commissario, als der gut gelaunt und mächtig vor ihnen stand. »Oder Alkoholiker?« Ruspantis glänzende Augen und das aufgedunsene Gesicht konnten darauf hindeuten.
    Der Italiener wusste nicht, was ein Autist ist. Waller verzichtete auf eine Erklärung. »Ist dieser Herr schon früher auffällig geworden?«, fragte er stattdessen.
    Der Commissario kratzte sich am

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