Jenseits der Augenlider: Garandors Licht (German Edition)
Wettbewerb statt; der Wettbewerb der Steinmetze.
Hastig stießen Torabur und Grimmdor die gewaltigen Torflügel auf. Der König lief schnellen Schrittes und mit gesenktem Haupt hinein. Wenige Augenblicke später blieb er stehen, um sich umzusehen. Und er wünschte sich, dass sie die Torflügel nie aufgestoßen hätten.
VII
Ihre weißen Gewänder, vom Schnitt denen eines Priesters ähnlich, verdeckten ihre gesamten Körper. Die pechschwarze, an der Hälfte in ein tiefes Rot übergehende Schlange prangte auf der Vorderseite einer jeden Robe und wies die Träger als Klanglose Klingen aus. Jedenfalls für jene, die mit ihrer Verschwörung vertraut waren.
Glücklicherweise gab es lediglich eine Handvoll Mitwisser. Der Großteil der Bevölkerung nahm sie bloß als unbedeutende Mönche wahr, die mit gefalteten Händen durch die Städte pilgerten. Die Klanglosen Klingen flossen in keiner geordneten Formation durch die Menge, doch achteten stets darauf, sich nicht zu verlieren. Das wäre überaus hinderlich für das Hauptziel.
Die weiße Truppe bewegte sich rasch auf den überragenden Turm der Festung Eisenturm zu, in dem sich ihre Opfer in diesem Augenblick bestens vergnügten. Morpheus verstand nicht, weshalb man nicht schlichtweg vor die Herrscher der Lande trat, um ihnen direkte Hilfe anzubieten. Stattdessen würden sie in die Burg des zwergischen Herrschers einbrechen und bei irgendeinem Wettbewerb alle bis auf einen umbringen. Vollkommen sinnfrei, in Morpheus‘ Augen.
Das ist zu groß für dich,
war jedoch alles, was er seinem Kommandanten entlocken konnte.
Morpheus war ein unerfahrenes Mitglied der Klanglosen Klingen. Mit seinen erst neunzehn Wintern gehörte er zu den Jüngsten. Doch nach den aufreibenden Zyklen, die er bereits als Mitglied hinter sich hatte, hatte er auch gelernt, dass man nicht morden soll, wenn es nicht der allerletzte Ausweg ist. Er hatte gelernt, sich in jeder Umgebung unsichtbar zu machen, aus Knie-erweichenden Höhen zu springen ohne sich zu verletzen, zu schleichen wie eine Katze; und auch zu töten.
Sie erreichten den hoffnungslos überfüllten Marktplatz, welcher für sein unvorstellbares Ausmaß bekannt war. Diverse Stände, welche alles Mögliche zum Kauf anboten, säumten die breite Straße. Sie schafften es lediglich sich unter gewaltigen Anstrengungen durch das dichte Gewimmel zu wringen. Morpheus hatte für den Moment beinahe jeden seiner Freunde aus den Augen verloren, was ihn jedoch nicht beunruhigte, da sie einen genauen Treffpunkt vereinbart hatten. Dort vollzog sich dann der wahre Akt der Anstrengung, der Kunst. Im Schatten des Eisenturms würden zwei Dutzend Klanglose Klingen den mächtigen Turm erklimmen.
Morpheus hatte das Meer aus bunten Ständen beinahe passiert. Nun erspähte er eine größere Zahl seiner Komplizen. Die meisten von ihnen kannte er seit einigen Wintern, doch es waren auch welche dabei, die erst vor kurzem zu ihnen gestoßen waren. Eine Hand berührte die Klanglose Klinge sachte an der Schulter. Er drehte sich ruckartig um und blickte in das Antlitz Claudius'.
„ Wir schaffen das.“ munterte sein engster Freund ihn mit gedämpfter Stimme auf.
„ Ich fühle mich unwohl bei der Sache. Es kann zu viel schiefgehen. So fürchte ich, die Zwerge in meiner Nervosität nicht auseinanderhalten zu können.“
„ Sperre deine Gedanken aus. Alles wird in Ordnung gehen, Morpheus.“
Claudius klopfte ihm fest auf die Schulter.
Nachdem sie ein Gewirr aus Gassen durchquert hatten, erreichten sie den vereinbarten Treffpunkt und wechselten die letzten, flüchtigen Worte, bevor die Ersteigung des Turmes beginnen sollte.
„ In wenigen Momenten beginnt es, Männer. Wir werden von allen Seiten, an denen sich Fenster befinden, eindringen.“ Morpheus hoffte, dass er an Claudius' Seite hinaufsteigen durfte. Dieser würde ihm den Mut schenken, den er dringend benötigte.
„ Hergehört! Ich gebe nun die Gruppen bekannt, welche sich die jeweiligen Seiten vornehmen werden.“
Der erfahrene Hauptmann mit der befehlsgewohnten Stimme und dem narbenübersäten, braungebrannten Gesicht wies auf drei ältere Offiziere, deren Erscheinungsbilder dem Seinen ähnelten. Die Veteranen nickten und murmelten leise untereinander, wobei mehrmals unterdrückte Lacher hervordrangen. Morpheus beneidete diese Altgedienten um ihre unerschütterliche Ruhe.
„ Ihr werdet die Südseite übernehmen.“ fuhr Raspiron fort. Sein rechter
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