Jenseits der Augenlider: Garandors Licht (German Edition)
zwei Drittel des Torbogens abgetastet, doch er musste noch zwei weitere Male in das Feuer langen, um die vollständige Botschaft zu entziffern.
„ Wie viel Wasser haben wir?“ fragte Dante.
„ Genug. Wir haben jede Menge und da wir von Eis umgeben sind, dürfte es auch kein Problem sein, welches zu bekommen.“ meinte Lannus, der sich um ihre Nahrung und Rationen kümmerte.
„ Wir können Stofffetzen um Waldorans Arme binden und sie in Wasser tränken; das sollte die Hitze ein wenig eindämmen, während er weiterhin dazu in der Lage wäre, die Zeichen zu ertasten.“ dachte Dante laut, während er mit seinem rechten Zeigefinger den Flaum seines Kinnes grübelnd streichelte.
Waldoran nickte, Dante und Garandor bereiteten die Tücher dediziert zu.
Nachdem die Vorbereitungen vollendet waren, machte der Elf sich an die Arbeit und verzog sein Antlitz nicht. Ihr Plan funktionierte, die Hände des Fürsten wiesen lediglich eine leichte Röte auf, welche allerdings kaum schmerzte.
Schon bald hatten sie einen elfischen Text vor sich auf dem Pergament und versammelten sich um Waldoran, um zu hören, was er offenbarte. Seine Augen folgten seinem kleinen rechten Finger einige Male über die beiden Seiten des Pergaments, während er sich die Bedeutung der Botschaft einprägte.
„ Hier steht, dass, wenn wir die Dunkelheit betreten, eine Veränderung mit unseren Körpern stattfinden wird. Bei jedem wird sich ein anderer Wandel vollziehen und die Folgen variieren in ihrer Stärke
.
Sie können sowohl positiv, als auch negativ sein und es wird eine Weile dauern, bis man herausfindet, wie sie das Leben verändern.
“
„ Klingt aufregend.“ meinte Lannus.
„ Ich mag Veränderungen nicht.“ konstatierte Garandor schwach.
Dante schwieg und dachte darüber nach, was für Veränderungen gemeint sein könnten. Ob es sich um rein körperliche Veränderungen handelte, oder ob der Geist angegriffen wurde; ob man dieselbe Person sein würde, oder sich nicht einmal mehr daran erinnern konnte, wer man wirklich war. Diese Fragen beschäftigten auch Garandor, der ängstlich, gegen die Eiswand gelehnt, auf dem Boden saß und seine Knie mit seinen Armen umschlungen hatte. Lannus fand das Bild überaus komisch.
„ Ich hab mir Zwerge immer mächtig und grimmig vorgestellt, doch wenn ich eine Tochter hätte, wäre sie mutiger als du.“ grinste er, nicht bösartig, sondern um die Stimmung ein wenig zu lockern.
Garandor befand es nicht für notwendig, Lannus zurechtzuweisen und funkelte ihn stattdessen wütend an.
„ Genug, Lannus.“ Waldoran fand den Witz des Menschen ebenfalls nicht besonders amüsant.
„ Werden wir diese Veränderung über uns ergehen lassen?“ Dante wandte sich wieder an den Elfen.
„ Ich werde als Erster den Raum betreten.“ nickte Waldoran und verschwand sogleich in der Dunkelheit, wurde eins mit den Schatten.
Angespannt warteten seine Begleiter auf die Rückkehr. Oder auf ein Zeichen, was sie erwarten würde, wenn der Nächste an der Reihe war. Nach Garandors innerer Uhr verstrichen Monde, bis Waldoran schließlich aus dem Dunkel trat und sich die Hände schützend über die Augen legte.
„ Waldoran. Erzähl‘ uns, was geschehen ist.“ Lannus‘ Stimme vibrierte vor Neugier.
„Ich bin mir nicht sicher. Ich habe Saliana, meine Fürstin, gesehen. Es ging ihr gut und sie war fröhlich. Ich verstehe jedoch nicht, was das zu bedeuten hat. Ich vermute, jeder muss für sich selber herausfinden, was ihm widerfährt.“
Mit diesen Worten drehte Waldoran den Kopf und blickte ein weiteres Mal in das Dunkel der Höhle, als Zeichen, dass der Nächste hineingehen sollte. Sie sahen sich flüchtig an, bis Lannus den Kopf schüttelte und, wie Waldoran vor ihm, im Dunkel der Höhle verschwand.
Wieder warteten sie und nach einigen Wintern, es zerflossen mehr Sandkörner als bei Waldoran, kam er wieder heraus. Wie beim Elfen zeigten sich keine äußerlichen Veränderungen.
Garandor zappelte unruhig vor Nervosität, da wie bei Waldoran keine körperlichen Veränderungen zu sehen waren und sie deshalb etwas mit dem Geist seiner Begleiter zu tun haben mussten. Etwas Mysteriöses, nicht Greifbares füllte den Raum; instinktiv blickte Garandor in die dunkelblauen Schatten.
„ Ich weiß es nicht.“ begann Lannus unaufgefordert. „Ich habe nur unverständliche Stimmen vernommen. Die Sprache, ich habe nie zuvor so eine schneidende Zärtlichkeit gehört, wie die Zungen, die meinen Geist in dieser Dunkelheit
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