Jenseits der Augenlider: Garandors Licht (German Edition)
Er wusste nicht, wie lange er in diesem Traum gefangen gewesen war. Vorausgesetzt, es war ein Traum.
„ Bring es hinter dich, Garandor.“ Dantes beruhigende Stimme drängte ihn schrittweise vorwärts. Er nickte, stolperte und war gefangen im Schwarz, ohne den Übergang zu spüren, ohne sich darauf vorbereiten zu können.
Auf einmal blieb er stehen, da seine Beine es seinem Kopf befahlen, nicht andersherum.
Eine fremde Zunge, beruhigend und schneidend, säuselte in sein Ohr. Sie baute eine Verbindung auf, um sie im nächsten Moment wieder niederzureißen und sich an Garandors Angst zu ergötzen. Die Stimme wurde aufdringlicher, eingängiger. Crescendo einer fremden Zunge im Tiefschwarz der Eishöhle. Echos, Echos und Licht. Strahlendes Licht. Es durchdrang seine Augen und er sah Balira. Wunderschön stand sie vor ihm und ihr Haar bewegte sich sanft in einer leichten Brise. Ein wärmendes Lächeln, zeigte sich auf ihren feinen, zwergischen Zügen. Ein weiterer Augenblick zusammen mit seiner Geliebten und das Bild verschwand. Das Bild war verschwunden, verwandelte sich zu einem makellosen Weiß.
Er sah nicht, er war blind.
XXXV
Chorz genoss es, zum ersten Mal seit dem Beginn seiner Gefangenschaft über die Weiten der steinigen Landschaft zu galoppieren und dem Donnern seiner schweren Hufen zu lauschen; genoss es, die Sonne zu sehen und den Wind zu spüren. In seinem Verlies unter der Erde hatte er in einer immerwährenden, erdrückenden Hitze gelebt, da sein Käfig in unmittelbarer Nähe zu dem See aus geschmolzenem Gestein stand. Es ging ihm hervorragend und das Einzige, was ihn störte, war dass ein ranziger, stinkender Ork auf seinem Rücken saß und in regelmäßigen Intervallen mit einer Peitsche auf seine mächtigen Flanken hieb. Doch selbst dieser Missstand hinderte ihn nicht daran, sich an seiner neu gewonnenen, relativen Freiheit zu erfreuen.
Ich frage mich, wonach wir auf der Suche sind. Addor hat es mit Sicherheit erwähnt – Ach, diese merkwürdige Gruppe aus zwei Menschen, einem Elfen und einem Zwerg. Solch ein mickriger Haufen kann mit Sicherheit keine Gefahr für Latenor darstellen; sie müssen auf einer besonderen Mission sein. Schade, dass ich niemanden fragen kann, ohne mich dabei selbst zu verraten. Das Risiko sofort getötet zu werden ist zu hoch.
Verdammter Ork, warum musste ich unbedingt dieses widerliche, fette Exemplar bekommen. Wenigstens habe ich den ersten Teil meiner Mission schon hinter mir, nun muss ich nur noch einen geeigneten Zeitpunkt für meine endgültige Flucht finden.
Die selektierte, furchteinflößende Truppe, die ausgeritten war, um die vier Auserwählten zu töten, kam zügig voran. Der aufwirbelnde Staub verwandelte sich in Windeseile zu Schnee, als sie sich den Bergen stetig näherten. Telénastiere wurden nicht müde und so konnten sie ereignislose Tage am Stück reiten, ohne längere Pausen einlegen zu müssen. Lediglich zum Schlafen hielten sie an.
Am Fuß des einschüchternden, thronenden Gebirges befahl Addor den Bestien eine knappe Pause einzulegen.
„ Ab jetzt werden wir schwerfälliger vorwärts kommen. Der tiefe Schnee wird den Stieren zu schaffen machen, da sie kurze Beine haben. Deswegen werde ich eine Gruppe Orks bestimmen, die vor den Tieren läuft, um eine Spur in den Schnee zu stampfen. So wird es einfacher für sie.“
Addor zeigte mit dem Finger auf eine Reihe kräftig-gebauter Orks und erläuterte ihnen im Detail, wie die Strategie aussah.
„ Ihr lauft nebeneinander und versucht den Schnee so gut es geht zu entfernen und den Übrigbleibenden festzutreten. Es sieht aus, als ob sie keine Meister der Berge sind. Eine Lawine ist vor kurzem hier in die Tiefe gestürzt. Womöglich hat sie den Haufen sogar begraben. Eiwoz, du hältst dich ganz links und wirst den Schnee über den Abhang befördern, so gut es geht.“
Eiwoz war einer der unheimlichsten Orks, den der dritte Stiermeister in seinem Leben gesehen hatte. Beinahe drei Schritt groß, überragte er alle Addor bekannten Exemplare um ein beachtliches Stück. Zwei kräftige Stoßzähne ragten aus dem Unterkiefer in die Höhe und berührten beinahe die mehrfach zertrümmerte, klobige, graue Nase des Orks. Narben übersäten die Arme und ihre hervortretenden Venen sowie die Beine. Trotz der eisigen Temperaturen trug Eiwoz lediglich eine verschmutzte und verrostete Eisenbrustplatte und unpassende, lederne Hosen, welche aussahen, als hätten
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