Jenseits der Augenlider: Garandors Licht (German Edition)
sie beinahe noch mehr Schlachten miterlebt als das Ungeheuer selbst. Während die eine Waffe, ein dreckiges, überdimensioniertes Breitschwert, locker in einem Gewirr aus festgezerrten Lederriemen an seinem Rücken baumelte, umschloss seine enorme, rechte Faust eine weitere, einzigartige Waffe. Ein circa ein Schritt langes Stück dunkles Holz war mit Knochensplittern aller toten Feinde Eiwoz‘ gespickt worden. Die schmutzig-weißen Splitter ragten in alle Richtungen, während der Kopf des dunklen Astes mit einem besonders angsteinflößenden Exemplar verziert worden war, mit welchem Eiwoz Gnadenstöße verteilte, als seien sie Metkrüge bei einem Fest der Zwerge.
Am hinteren Ende des beinahe-Baumstamms hing eine etwa drei Schritt lange Eisenkette, an deren Ende sich wiederum ein weiterer Griff befand. Damit konnte er Gegner auf Abstand halten und ungeheuren Schaden anrichten, wenn er sich im Kreis drehte und die Knochensplitter seine Gegner in jeder Himmelsrichtung den beinahe sicheren Tod brachten. Nun hatte er die Kette jedoch locker um seinen Arm gewickelt.
Eiwoz grunzte, nickte und gesellte sich an die linke Seite der anderen drei Orks.
„ Wenn der Weg zu schmal wird, lauft ihr Zwei vorne und ihr Beiden hinten.“ Er gestikulierte erneut mit dem Finger, um seine Anweisung zu verdeutlichen.
„ Also dann, auf in die Berge.“ rief Addor mit Elan.
„ Zwei Menschen, ein Zwerg und ein Elf können kaum eine Gefahr darstellen.“
Addor wusste nicht, wer diese Worte mit dem fragenden Hauch des Sarkasmus hervorgebracht hatte und blickte erst einmal in die Runde, seinen Kopf schmerzhaft verrenkend, um vom Rücken des Telénastiers aus, die Reiter hinter ihm betrachten zu können.
„ Es geht um die Geburt des Schattens. Wir müssen sie daran hindern, ihn in die Finger zu bekommen und ihn beschützen, während er wächst.“
Keiner der Orks sagte etwas, als Addor sie herausfordernd anfunkelte. Er wusste, dass ein Großteil der Orks das Wort Loyalität nicht kannte und sich für ein wenig Reichtum ohne zu zögern gegen alle alten Freunde kehren würde. Deswegen hatte er sich vorgenommen, ein besonderes Auge auf jeden einzelnen zu werfen, sobald sie den Schatten erreichten, damit keiner auf die Idee kam, ihn in den Osten zu bringen, während er schwach war.
Die wenigen Orks, von denen er wusste, dass sie treu waren, hatte er davon in Kenntnis gesetzt und sie dazu aufgefordert, dasselbe zu tun.
So marschierten sie weiter, stets weiter, in die kalte Ungewissheit des Gebirges aus Eis und Stein. Addor hatte gehört, dass ein erheblicher Teil der Berge aus massivem Eis bestand, doch das würde er erst glauben, wenn er es mit seinen eigenen Augen sah.
„ Vorwärts. Die Tiere werden unruhig.“ donnerte Addors Stimme und warf ein klares Echo an die riesigen Felswände, welche sich kurz vor ihnen auftaten. Er zuckte leicht vor seiner eigenen Stimme zurück.
Hoffentlich wird es nicht zu viele dieser wertlosen Unterbrechungen geben. Ich kann es kaum erwarten, endlich wieder frei zu sein. Soll ich zu meiner Herde zurückkehren. Sie sind schließlich meine Familie. Doch unterhalten kann ich mich nur mit Menschen, Zwergen und Elfen. Zukunftsgedanken; ich werde mich wohl vorerst mit der Flucht auseinandersetzen müssen.
Telénastiere waren äußerst selten geworden. Sie lebten entweder in Gefangenschaft bei den Orks oder in freier Wildbahn, an der Nordküste der Insel, etwa an der Grenze zwischen Westen und Osten. Doch die Anzahl dieser Tiere lag unter einhundertfünfzig, da der Westen sie seit hunderten von Zyklen als Waffe einsetzte.
Der Marsch aufwärts bereitete den kräftigen Stieren dank der Taktik Addors keine besonderen Schwierigkeiten, weswegen der Tross schon bald in schwindelerregende Regionen vordrang. Der Stiermeister fragte sich, weshalb es einen Weg gab, der sich stetig, in Schlangenlinien um den Berg in die Höhe wand. Die Menschen hatten ihn mit Sicherheit nicht erschaffen, dazu wären sie nicht in der Lage gewesen; die Elfen hatten kein Interesse in das Gebirge und die Zwerge drangen nicht bereitwillig in eine derartige Nähe zum Feind vor.
Als der Trupp die Spitze beinahe erreicht hatte, standen sie plötzlich vor einer schmalen Brücke aus Eis. Addor versuchte, die Breite abzuschätzen und blickte dann zweifelnd zu den Stieren hinüber. Er brachte Chorz nahe an die Brücke und bat den kräftigen Eiwoz aufzupassen, dass das Tier nicht zu nahe an die Grenze zum Übergang kam und womöglich in
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