Jenseits der Finsternis - Eine Vampir Romanze (German Edition)
sie sich gut zuzureden. Der Lift wird einfach weiter fahren, und ich werde Damon lebendig vorfinden. Ihr Herz schlug schnell. Sie erinnerte sich an das Heulen und Wimmern aus dem Raum jenseits der Liftkabine.
Als sie den 22. Stock passierte, hielt sie die Luft an und schloss die Augen. Sie ergriff das Handy in ihrer Manteltasche und umklammerte es. Dann nahm sie es hervor und überprüfte, ob es angeschaltet und funktionsfähig war.
Der Lift bewegte sich ruhig und gleichmäßig.
23. Stock.
In wenigen Sekunden werde ich bei Damon sein. Nichts geschieht so einfach zweimal. Das ist Aberglaube, Linda. Sie klammerte sich an diese Vorstellung und versuchte nicht, an die Schattenwesen, die Wölfe, die Fledermäuse, Francis Garner und die Dinge zu denken, die Damon ihr am Friedhof gezeigt hatte.
Die leuchtende Anzeige auf dem Ziffernbrett des Lifts sprang auf 24.
Linda atmete durch. Nichts war passiert.
Der Aufzug stockte.
Zuerst geschah nichts, aber dann, noch bevor Linda sich erschrecken konnte, öffneten sich die Türen und gaben den Blick auf einen düsteren, von mattem Morgensonnenlicht beschienenen Raum frei. Die Jalousien waren verschlossen und warfen Schatten auf den Boden, die aussahen, als wären sie von Rasierklingen gezogen worden.
Linda drückte auf den Knopf zur 31. Etage, aber nichts geschah. Der Lift setzte sich nicht mehr in Bewegung. Sie überlegte, ob sie wieder zum Telefon an der Wand greifen oder im FBI-Gebäude anrufen sollte. Sie nahm ihr Handy und wählte Chief Reynolds Nummer, aber er antwortete nicht. Schon gestern hatte er keinen Anruf angenommen.
Linda hörte wieder das Wehklagen aus dem Raum vor ihr.
Wieder drückte sie auf die Knöpfe an der Fahrstuhlwand, aber die Kabine setzte sich nicht in Bewegung. Sie spürte ein inneres Zittern, ein Gefühl der Angst in ihrem Magen und überlegte, was sie tun sollte. Der Reiz, das Appartement zu betreten war groß.
Was ist, wenn ich da drin die Antwort auf meine Fragen finde? Dachte sie. Was, wenn ich Damon nur retten kann, wenn ich da rein gehe?
Sie zögerte. Einen Fuß setzte sie in den Raum. Sie hatte Angst. Dann aber machte sie den Schritt und betrat das Zimmer im 24. Stockwerk des Damon Palace. Es hatte keine Inneneinrichtung, keine Möbel, nicht einmal Teppichböden oder Tapeten an den Wänden. Alles war im Rohzustand. Im Vergleich zu dem eleganten Stil der anderen Räumlichkeiten wirkte hier alles wie in einer Höhle. Sie blickte auf den Boden und erwartete, die Schlangen und das andere Getier zu sehen, das sie in der Jenseitswelt begegnet war, aber nichts dergleichen war zu sehen.
Vorsichtig ging Linda weiter. Das Wimmern verlorener Stimmen lockten sie an. Wieder versuchte sie sich einzureden, dass es nur der herannahende Sturm draußen war, aber dazu waren die Laute zu deutlich. Sie kamen von einem Nebenraum rechts von ihr. Sie ging weiter und stand vor einer Tür.
Ich werde diese Tür nicht öffnen, dachte sie. Auf keinen Fall will ich wissen, was sich dahinter verbirgt.
Aber wenn Damon stirbt? Nur weil ich Angst habe?
Sie streckte eine Hand aus.
Die Türklinke ließ sich leicht drücken. Kein Knarren, kein Ächzen. Linda drückte die Tür von sich weg und stieß sie mit einem Ruck auf.
Der Raum war angefüllt mit Monstren. Sie sah alle Arten von Gesichtern und Leibern. Sie kamen ihr bekannt vor. Die Fratzen. All die Geschöpfe, die sie in den letzten Tagen verfolgt hatten. Sie sah spitze Ohren und lange Nasen, schöne Gesichter, anmutige Gestalten und schrecklich verzerrte Körper.
Über allem lag ein Hauch der Pestilenz.
Die Untoten bewegten sich auf Linda zu, streckten ihre Arme und ihre dürren Krallen nach ihr aus. Sie hörte das Schmatzen der Gier in ihren Mäulern. Sie sehnten sich nach ihrem Blut.
Linda wich zurück. Ruckartig griff sie nach der Tür und spürte einen stechenden Schmerz an ihrem rechten Handrücken. Sie hatte sich das Fleisch an einem herausragenden Nagel an der Wand neben der Tür aufgerissen. Brennend spürte sie ihr Blut aus sich hervor quellen.
Ein Zischen erklang in der Luft. Sie blickte von ihrer Hand auf die Schreckgestalten vor sich und sah, wie sie zurückwichen.
Linda verließ den Raum und rannte auf den Lift zu. Sie betrat die Aufzugkabine. Als sie sich umdrehte, sah sie, dass ihr einer der Vampire gefolgt war. Es war eine junge Frau. Ihr Gesicht war nicht so entstellt, wie das der älteren Untoten. Sie lächelte sie an. Ihr Körper war in ganz normale Kleidung gehüllt. Jeans und ein
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