Jenseits der Finsternis
fragen, was er von dem Fall hält … hahahaha!« Dann nickte er mit dem Kopf und schlurfte zu seinem Stuhl zurück.
»Wer zum Kuckuck ist Plaisantin?« fragte der Kommissar, leicht verstört von dieser neuen Möglichkeit, ihm und seinen Leuten einen neuen Versager anzuhängen.
»Fontaine hat nur einen seiner beliebten Scherze gemacht. Plaisantin ist ein Computer von allerhöchstem Adel. Er ist manchmal sehr pfiffig, manchmal entdeckt er aber in unseren Eingaben einen ganz neuen Sinn, an den niemand gedacht hat, und dann sind wir äußerst überrascht. Die Nichtbetroffenen lachen sich krumm und sagen, Plaisantin hat wieder einmal zugeschlagen, und die Betroffenen sind sehr deprimiert, bis sich die Situation einmal an …« Der Monteur brach ab und sah seinen Gesprächspartner mit offenem Mund erschrocken an. Jeder Blutstropfen schien aus seinem Gesicht gewichen zu sein, er sah ausgesprochen käsig aus. »… grundgütiger Himmel!« schrie er, »die kleine Säge …«
»Sie sehen verteufelt belämmert aus«, sagte der Kommissar und holte einen Taschenspiegel heraus, den er dem Monteur vors Gesicht hielt.
Der schob die Hand geistesabwesend zur Seite und stand schwerfällig auf. »Ich geh mal rüber«, stammelte er, »wer neugierig ist, kann gern mitkommen, obwohl wir dafür eigentlich erst eine Unbedenklichkeitserklärung benötigen.«
Sie gingen zu viert: Der Monteur, der Kriminalkommissar, Professor Labonne und Assistenzarzt Dr. Sabatte.
Als sie die Pendeltür passierten, heulte im Hintergrund eine Sirene auf. Der Monteur ging zur Wand und schaltete die zwölfschaltrige Anlage mit einem Druck auf Schalter 7 aus. Dann beugte er sich vor und rief in die Sprechmuschel: »Ich bin’s, Sauveure!«
»Was habe ich gesagt«, amüsierte sich der Kriminalkommissar. »Widerspenstige Dinger, diese Sirenen, am besten, man stopft sich Watte in die Ohren wie weiland der pfiffige Odysseus.«
Die vierköpfige Deputation hatte kaum den Raum betreten, als Dr. Sabatte ins Stolpern geriet, erschrocken zum Tisch ging, sich darauf abstützte, den rechten Fuß anhob und einen Blick auf seine Schuhsohle warf. »Ich bin auf etwas getreten, es hat geknirscht.«
»Zeigen Sie mal her«, sagte der Monteur, beugte sich herunter und fuhr im gleichen Augenblick wieder hoch. »Allmächtiger, das vermißte Halskettchen«, stammelte er. Vorsichtig, mit ausgestrecktem Finger, schabte er den Anhänger, der sich etwas in die Sohle eingedrückt hatte, frei und gab ihn Dr. Labonne.
Der Anhänger des besagten Halskettchens war ein kleines Kreuz, in dessen Querbalken zwei winzige Glasperlen eingelassen waren, während der Längsbalken eine Ziselierung in Form eines Palmwedels trug.
»Wäre schön, wenn das Dingelchen sprechen könnte«, sagte Monteur Sauveure.
»Ein bißchen größer müßte es sein, das wäre viel wichtiger«, widersprach ihm der Kriminalkommissar, »dann würde es vielleicht für einen Fingerabdruck reichen. Für uns entsteht jetzt aber die große Frage: Hat der Täter das Kettchen hier abgerissen und ist der Frau in den Schlafraum gefolgt, oder hat er es im Schlafraum abgerissen und – vielleicht nur aus Versehen – hierher mitgenommen?«
»Ist das nicht völlig egal?« fragte Professor Labonne.
»Keineswegs ist das egal. Ist er nämlich mit dem Kettchen hierher gekommen, dann hat er hier etwas gewollt oder gesucht, und dann müßten wir unsere Untersuchungen auch auf diese Werkstatt ausdehnen.«
»Ich kann mir nicht denken, daß Sie die Genehmigung dafür bekommen«, sagte Sauveure. »Mir graust schon davor, daß ich Ihren Besuch noch nachträglich anmelden muß; worauf dann bestimmt ein Donnerwetter über uns hereinbricht.«
»Etwas Schützenhilfe könnten wir Ihnen schon gewähren«, sagte der Kommissar und klopfte dem Monteur beruhigend auf den Arm. »Ich habe da aber noch eine Frage: Was haben Sie eigentlich damit gemeint, als Sie vorhin sagten … warten Sie mal, wie war der genaue Wortlaut, aus dem reines Entsetzen klang? … Moment, ich komme gleich drauf … wir sind von Berufswegen gedrillt, auf solche Gefühlsausbrüche genau zu achten, weil sie viel verraten. Also wie war das? Ja, richtig, da war ein drolliger Gnom …«
»… Sie meinen sicher unseren Krankenpfleger Fontaine«, half ihm Professor Labonne weiter.
»Ganz recht, Fontaine … Lebenskünstler hat ihn einer von Ihnen genannt … ja, jetzt hab ich’s wieder zusammen. Er sagte, wir sollten mal ein Individuum, das Plaisantin heißt, befragen, und
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