Jenseits Der Unschuld
Benjamin Ralston geheiratet hatte, wenige Wochen nachdem sie von Jakes Tod erfahren hatte.
Gelegentlich, nachts, wenn er mit einer Flasche irischen Whiskeys allein war, sann Jake darüber nach, was geschehen wäre, wenn sie nicht wieder geheiratet hätte, wenn er nach seiner Flucht Verbindung mit ihr aufgenommen hätte, wenn sie mit Sofie zu ihm nach Australien gekommen wäre, wie er es in der Gefängniszelle geplant hatte. Er hätte nichts gegen ein Leben als Farmer einzuwenden gehabt, hätte gern mit seinen Händen gearbeitet, um seine Familie zu ernähren. Ein Traum vom einfachen Leben mit Liebe, Lachen und Leidenschaft.
Welch ein Unsinn. Im nüchternen Zustand war ihm das vollkommen klar. Suzanne hatte ihn schon zu Beginn ihrer Ehe gehasst, weil er sie aus dem Leben der Vornehmen und Reichen weggeholt hatte. Niemals wäre sie als Frau eines Farmers in der australischen Wildnis glücklich geworden.
Jetzt hatte sie, was sie immer erstrebt hatte: eine ehrbare Position in der Gesellschaft, einen wohlhabenden Ehemann, Reichtum und Ansehen. Jake glaubte die Beteuerungen ihrer unsterblichen Liebe nur halbherzig. Und er glaubte nicht einmal halbherzig, dass sie ihr bisheriges Leben für das Leben mit einem einfachen irischen Arbeiter eintauschen würde.
Absichtsvoll, wenn auch mit einigem Bedauern, hielt er nun Abstand zu ihr. »Worüber willst du mit mir sprechen?
Was gibt es so Wichtiges?«
Suzanne hatte sich zu ihm umgedreht. Sie befeuchtete die Lippen. »Sofie.«
»Was ist mit ihr?«
Suzanne schluckte. »Es ist eine einzige Katastrophe, Jake. Sofie ruiniert ihr Leben, und ich kann sie nicht zur Vernunft bringen! Ich habe Angst. Um alles noch schlimmer zu machen ... « Plötzlich liefen ihr echte Tränen über die Wangen. »... ist sie von zu Hause fortgelaufen. Ich dachte, sie kommt wieder zurück ... Aber sie hasst mich, Jake!«
Er trat auf sie zu, packte sie bei den Armen und rüttelte sie. »Was willst du damit sagen, sie ist fortgelaufen?«
»Na ja, genau das!« brauste Suzanne auf. »Sie ist aus dem Haus gestürmt ... Ich weiß nicht einmal, wo sie wohnt!«.
Jake rüttelte sie abermals. »Warum? Was hast du ihr angetan? Ich weiß, es ist deine schuld!«
Suzanne gab sich einen Ruck. »Zum Teufel! Es ist nicht meine Schuld! Ich will nur das Beste für sie und habe ihr geraten, das Richtige zu tun. » Sie riss sich aus Jakes Griff los. »Ich will, dass sie ihr uneheliches Kind von einem reizenden Ehepaar adoptieren lässt.«
Alle Farbe wich aus Jakes Gesicht. »Was?!«
»Sofie hat ein Kind bekommen. In Frankreich. Sie will nicht heiraten, aber das Kind will sie behalten. Und das kommt nicht in Frage. Das ganze Haus weiß bereits Bescheid. Das Personal wird natürlich den Mund halten, dafür sorge ich. Kein Mensch besudelt den Namen meiner Tochter, ohne dafür zu büßen.«
Jake musste sich an einer Stuhllehne festhalten, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Sein Gesicht war eine versteinerte Maske. »Das wusste ich nicht.«
»Wie denn auch? Wie kannst du erwarten, etwas über uns zu erfahren, wenn du es vorziehst, ein sorgloses Leben auf deinem irischen Herrensitz zu führen! «
Jake hob den Kopf, der Schock ließ allmählich nach. »Der Vater. Wer ist der Vater?« knurrte er.
Suzanne schwieg.
»Sag es, verdammt noch mal!« donnerte er. In zwei langen Sätzen war er bei ihr. Und dann kniff er die Augen zusammen. »Delanza. Es ist Delanza. Hab' ich recht?« schrie er und rüttelte sie.
Suzanne nickte.
»Zum Teufel«, presste Jake hervor und stieß Suzanne unsanft von sich. »Vergiss die Adoption, Suzanne. Der Mistkerl wird Sofie heiraten. Ich zwinge ihn dazu.«
Suzanne schüttelte mechanisch den Kopf. »Nein.«
Jake lächelte wölfisch. »Ja«, entgegnete er. »Ja.«
Kapitel 25
Sofie spürte, wie Edward sie mit Blicken verfolgte, als sie durch den Ballsaal eilte, um Henry zu suchen. Es hatte -
sie einige Überredungskunst gekostet, Edward davon abzuhalten, sie zu begleiten; sie wollte sich von Henry allein verabschieden.
Nun konnte sie ihn jedoch nirgends finden. Sofie hastete an den hohen Glastüren zur Terrasse entlang und hoffte, nicht angesprochen zu werden. Sie war von der Begegnung mit Edward und von seinem Überfall im Automobil zu aufgewühlt und fürchtete, ihre Empfindungen nicht verbergen zu können. Edwards Zorn und sein erregender Kuss hatten ausgereicht, um sie völlig zu verwirren, doch seine unverschämte Frage nach ihrer Beziehung zu Henry war unverzeihlich.
Sofie
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