Jenseits Der Unschuld
Kaminzimmer sich wohl im Augenblick? Er hat meine Einladung bereits zu einem großen Erfolg gemacht.« Suzanne beugte sich vor und senkte die Stimme. »Du bist weit über das Alter hinaus, ein Unschuldslamm zu sein, Sofie, also hör mir gut zu.
Wenn Hilary oder eine andere Dame sich in seinem Charme sonnt -und seine Vorliebe für reiche, schöne und, erfahrene Frauen ist bekannt -, ist das deren Angelegenheit. Diese Frauen wissen, was sie tun. Du aber nicht. Du bist weder reich noch schön, und trotz deines Alters bist du völlig unerfahren. Es war töricht von dir, dich so lange mit ihm zu unterhalten, ihm schöne Augen zu machen und ihn auch noch zu ermuntern. Ich sage dir noch einmal, halte dich von ihm fern, es ist nur zu deinem Besten.«
Sofie war verletzt. Aber sie wusste auch, dass sie ein hässliches, verkrüppeltes Geschöpf war und niemand je auf die Idee käme, irgendetwas an ihr hübsch oder anziehend zu finden, das hatte sie immer gewusst. Dennoch dauerte es einen Moment, ehe sie antworten konnte. »Ich bin nicht so töricht, wie du denkst, Mutter. Ich habe ihm keine schönen Augen gemacht und ihn zu nichts ermuntert und werde es auch nicht tun.«
Suzanne lächelte erleichtert und umarmte ihre Tochter. »Ich will nicht, dass man dich verletzt, Sofie, Liebes. Ich weiß besser als jede andere Frau, was es bedeutet, sich in einen solchen Mann zu verlieben. Ich versuche nur, dir Kummer zu ersparen und dich zu beschützen.«
»Ich weiß, Mutter«, antwortete Sofie mit ruhiger Stimme. Suzannes bittere Bemerkung zielte auf ihren Vater ab, das wusste Sofie, aber sie war nicht bereit, heute abend darauf einzugehen. »Du weißt, dass ich mich nicht für Männer interessiere.«
Suzanne sah ihr in die Augen. »Es gibt kein Frau, die sich nicht für einen Mann wie Edward Delanza interessieren würde, Sofie. Und du bist keine Ausnahme.«
Kapitel 3
Alle Stühle im Kaminzimmer waren besetzt. Bei Sofies Eintreten stand nur Hilary Stewart mit einem freundlichen Lächeln auf und bot ihren Platz an, keine der anderen Damen machte Anstalten dazu. Sofie hatte die warmherzige Hilary ins Herz geschlossen. Die meisten Freundinnen ihrer Mutter bedauerten sie und ließen sie dies deutlich spüren. Sofie gab vor, ihre gönnerhafte Art nicht zu bemerken. Hilary war die einzige, die sie nicht bemitleidete oder von oben herab behandelte; sie veränderte ihr erfrischendes, heiteres Wesen auch in Sofies Gegenwart nicht.
Heute aber musste Sofie ständig daran denken, dass sie die schöne Hilary als lüsterne Verführerin ertappt hatte, was ihre Gefühle für sie merklich abkühlte und sie zugleich wehmütig stimmte.
Sofie spürte die Blicke der Damen, die sie immer wieder heimlich streiften. Ihr Unbehagen wuchs, und die Worte ihrer Mutter gingen ihr nicht aus dem Sinn. Glaubten die Damen etwa auch, sie habe Edward Delanza ermuntert, sich Freiheiten herauszunehmen?
Vermutlich war keiner der Matronen entgangen, wie er mit ihr geflirtet hatte, und sie platzten beinahe vor Neugier, etwas darüber zu erfahren. Und diesmal bezog ihre Neugier sich nicht auf Sofies Behinderung. Selbst Hilary schien sie forschend anzusehen.
Plötzlich stieg Ärger in Sofie hoch. Nichts an diesem Tag war in gewohnter Weise verlaufen. Sie war übermüdet und unglücklich. Sie hatte Dinge gesehen, die sie nicht hätte sehen dürfen. Gefühle waren in ihr geweckt worden, die sie nicht haben dürfte, sie zog Dinge in Erwägung, die völlig absurd und abwegig für sie waren. Edward Delanza hatte ihre sorgfältig geordnete Welt durcheinandergebracht, ohne auch nur eine Ahnung davon zu haben.
Und nun saß sie da und wartete hoffnungsvoll darauf, dass er das Zimmer betreten würde und wieder mit ihr flirtete. Dabei sollte sie in ihrem Zimmer sein und zeichnen. Es war ungerecht. Dieser Edward Delanza hätte nicht unvermittelt in ihr Leben treten dürfen. Seine Männlichkeit war ihr bewusst wie nie zuvor. Nein, es war absolut ungerecht.
»Sofie, Schatz, woran denkst du?«
Sofie hatte soeben beschlossen, die Abendgesellschaft zu verlassen, ehe Edward Delanza zurückkam, ehe sie sich vor allen Gästen bloßstellte, schlimmer noch, ehe ihre Gefühle explodierten und Dinge ins Rollen kämen, die einen nicht wiedergutzumachenden Schaden in ihrem Leben anrichteten. Carmines Worte rissen sie aus ihren Grübeleien.
Carmine Vanderbilt war mager und reizlos - was Sofie mit ihrem Künstlerblick sehr wohl zu beurteilen wusste.
Doch das fiel eigentlich niemandem auf,
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