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Jenseits Der Unschuld

Jenseits Der Unschuld

Titel: Jenseits Der Unschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
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bist am Leben und hältst dich versteckt.
    Wieso willst du deine Tochter nicht wiedersehen? Wie bringst du es fertig, dich vor ihr zu verstecken? Und wieso bist du mir gestern gefolgt?!
    In Jake O'Neils goldbraunem Blick lag Arroganz und Spott.
    »Edward?«
    Er drehte sich um. Sofies bernsteinfarbene Augen im bleichen Gesicht waren riesig. »Fühlen Sie sich nicht wohl?«
    fragte er besorgt. »Ich wollte keine schmerzlichen Erinnerungen wecken.«
    »Er wird mir immer fehlen«, sagte sie schlicht.
    Edward wusste, dass er sich auf die Suche nach Jake O'Neil machen und den Kerl zwingen würde, sich seiner Tochter zu erkennen zu geben. Und dann schoss ihm ein anderer Gedanke durch den Kopf. Jake O'Neil lebte - und Suzanne war wieder verheiratet. Edward sah, wie Sofie ihn beobachtete. Es würde einen Skandal geben, wenn Jake wieder auftauchte. Er brauchte kein Hellseher zu sein, um zu wissen, dass ein paar Menschen unter seiner Auferstehung von den Toten leiden würden. War dies der Grund, warum Jake O'Neil es vorzog, als tot und begraben zu gelten? Vielleicht scherte er sich einen Dreck um seine Frau und seine Tochter. Möglicherweise lag ihm aber auch zu viel an ihnen. Wie dem auch sein mochte, Edward nahm sich vor, die Wahrheit herauszufinden.
    »Edward?« Sofies Stimme war leise und zögernd. »Was.... was halten Sie wirklich von meiner Arbeit?«
    Edward nahm sie beim Arm und trat mit ihr vor das Blumenbild. »Das gefällt mir am besten. Ich wüsste keinen Künstler, der aus ein paar einfachen Blumen eine so aufregende Komposition zaubern könnte.«
    »Suzanne hat es im Mai gesehen«, sagte Sofie zögernd, und in ihre Wangen kam wieder Farbe. »Sie sagte, das Geschmiert habe nicht die entfernteste Ähnlichkeit mit Blumen. Jedes fünfjährige Kind könnte so etwas hin klecksen.«
    Edward schüttelte den Kopf. »Nicht zu fassen, dass sie so etwas sagt.«
    Sofie sah ihn eindringlich an. »Sind Sie etwa nicht dieser Meinung?«
    »Zum Teufel, nein! Das Bild ist ein Meisterwerk. «
    »Gefällt Ihnen meine Arbeit?«
    Er wandte sich ihr zu. Sehr leise sagte er: »Sehr sogar. Sie sind eine große Begabung, Sofie.«
    Sie senkte den Kopf. Er begriff, dass sie kaum je ein Lob für ihre Bilder von der Familie erhalten hatte. Aufgewühlt wandte Edward sich ab, wanderte durchs Atelier und blickte aus den hohen Fenstern in den Garten. Als er sich dem offenen Durchgang näherte, um auch einen Blick in den Nebenraum zu werfen, riss Sofie den Kopf hoch.
    »Edward!« rief sie warnend.
    Er blieb stehen. Sie war aschfahl geworden. »Ist mir der Zutritt zu diesem Raum verboten?« scherzte er.
    Sofie schien die Stimme verloren zu haben.
    Edwards Interesse war geweckt. Sofie suchte schon wieder etwas vor ihm zu verbergen. »Was ist in dem Nebenraum, Sofie?«
    Sie öffnete den Mund, ohne ein Wort hervorzubringen. Schließlich krächzte sie: »Das ... das habe ich erst vor kurzem gemalt.«
    Edward konnte nicht widerstehen und ging entschlossen weiter. Er hörte, wie sie nach Luft schnappte. An der Schwelle zum Nebenraum blieb er stehen, wie von einem Faustschlag getroffen.
    Er blickte in ihren eigentlichen Arbeitsraum, klein und sehr hell. Die gesamte Nordfront bestand aus Fenstern, die vom Boden bis zur Decke reichten. Der Raum war leer bis auf ein Porträt auf einer Staffelei sowie Hocker und Tisch, auf denen Farbtuben, Paletten und Pinsel in allen Größen und Ausführungen lagen. Es roch nach Ölfarbe, Terpentin und Leinöl.
    »Gütiger Himmel«, entfuhr es ihm. Sie hat mich gemalt.
    Und wie sie ihn gemalt hatte. Die Leinwand pulsierte geradezu vor Spannung und Farbe. Edward glaubte beinahe, seine Gestalt würde aus der Leinwand treten. »Sehe ich wirklich so aus?« hörte er sich fragen.
    Sofie blieb ihm die Antwort schuldig.
    Er trat näher. Dieses Gemälde strahlte noch mehr Kraft und Leidenschaft aus als alle bisherigen. Edward war wie benommen. Innerlich jauchzte er jedoch. Er wandte sich zu ihr um, doch sie mied seinen Blick. Sie war bis unter die Haarwurzel errötet.
    Edward studierte das Porträt. Sofie schien das Bild in wilder Besessenheit gemalt zu haben; ihr Strich war kürzer, kräftiger, drängender, die Farben leuchtend, lebendig, kühn nebeneinandergesetzt, der Hintergrund impressionistisch verschwommen, eine Komposition aus sanften Regenbogentönen mit weichen purpurfarbenen Schatten; das helle Gelb der Figur dominierte. Das Bild strahlte Heiterkeit, Unbekümmertheit und Lebenskraft aus.
    Es war fröhlich und hoffnungsvoll.

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