Jenseits Der Unschuld
keine Erklärung, warum sie ihre Lügengeschichte deckte. Aber sie war erleichtert, dass Suzanne die Situation in die Hand nahm und Benjamin die Rolle des erzürnten Vaters ersparte. Sofie wartete Edwards höfliche Ablehnung der Einladung nicht ab. »Ja, ich bin todmüde«, sagte sie. Dann nickte sie Edward zu in dem Wissen, dass sie zum Abschied in die Bühnenfigur eines Shakespeare Stückes schlüpfen musste. »Vielen Dank, Edward, dass Sie mich wohlbehalten nach Hause gebracht haben. Es tut mir leid, wenn ich Ihnen Unannehmlichkeiten bereitet habe. «
Er verneigte sich knapp. Seine Worte klangen wie bitterer Hohn. »Es war mir ein Vergnügen. «
Sofie floh.
Sofie lag im Bett, eingehüllt in einen wollenen Hausmantel. Sie fror trotz des lauen Spätsommerabends, die Kälte kroch ihr in alle Knochen, kroch ihr mitten ins Herz. Sie wusste, dass sie Edward nie wiedersehen würde.
Sie redete sich ein, dass sie seinen Verlust überleben würde, ohne es glauben zu können.
Sie drehte sich zur Seite und drückte das Kopfkissen an die Brust. Vielleicht war es falsch gewesen, seinen Antrag abzulehnen. Vielleicht wäre es besser, seine Ehefrau zu sein, auch wenn er sie nicht liebte, als ihn für immer zu verlieren. Sofie vermisste ihn bereits so schmerzlich, dass ihr das Herz blutete.
Hätte sie ihn nicht so schamlos verführt, würde er immer noch Teil ihres Lebens sein. Er wäre immer noch ihr Freund, ihr Vertrauter. Tränen stiegen ihr in die Augen. Und dennoch bereute sie nicht, diese wunderschöne Nacht mit ihm verbracht zu haben. Die Erinnerung daran würde sie ihr ganzes Leben begleiten - schmerzliche Sehnsucht und Trauer um seinen Verlust würden sie gleichfalls begleiten.
»Sofie?«
Sie setzte sich auf und blickte ihrer Mutter entgegen. Suzanne schloss die Schlafzimmertür und setzte sich zu ihrer Tochter ans Bett. Sofie wartete gespannt auf einen ihrer gefürchteten Wutausbrüche. Doch Suzanne fiel nicht kreischend über sie her. In ungewohnter Sanftheit fragte sie: »Geht es dir gut?«
Sofie wollte nicken, stattdessen schüttelte sie den Kopf, und eine dicke Träne kullerte ihr über die Wange.
Suzanne nahm sie in die Anne. »Ich weiß, dass du nicht die Wahrheit gesagt hast.«
Sofie klammerte sich an ihr fest. »Es tut mir leid, Mutter. Verzeih. Wir hielten es beide für ratsam zu lügen.«
Suzanne streichelte ihr den Rücken, dann löste sie sich von ihr. Ihre Augen waren gerötet. »Ich könnte den Kerl umbringen!«
Sofie wagte ihr ins Gesicht zu sehen. »Es war nicht seine Schuld. Ich habe ihn verführt.«
Suzannes Augen weiteten sich entsetzt.
»Ich liebe ihn«, verteidigte Sofie sich.
Suzanne entfuhr ein gutturaler Laut, doch dann zog sie Sofie in die Arme und drückte sie an sich. »Ich wollte dich vor ihm beschützen! Genau das wollte ich dir ersparen! 0 Gott, ich weiß, wie dir zumute ist, Sofie!«
Nun flossen Sofies Tränen, sie weinte sich in den Armen ihrer Mutter aus. Nachdem die Tränenflut versiegt war, reichte Suzanne ihr ein Taschentuch. Sofie putzte sich die Nase und sah, dass auch ihre Mutter geweint hatte.
»Mutter?«
»Dein Vater hat mir das Herz gebrochen. Unzählige Male.« Suzanne rang mühsam um Fassung. Sie schniefte. »Ich wusste, dass Edward genau wie er ist.«
»Er hat mir einen Heiratsantrag gemacht«, sagte Sofie leise.
Suzanne erstarrte.
Wieder füllten Softes Augen sich mit Tränen. »Ich habe ihn natürlich abgelehnt. Aber ich bin mir nicht sicher, ob es richtig war. Er fehlt mir so. Vielleicht sollte ich ... «
»Nein!«
Sofie erschrak.
Suzanne nahm sie bei den Schultern und rüttelte sie grob, einmal, zweimal, dreimal. »Du hast dich bereits zur Närrin gemacht! Tue es, um Gottes willen, nicht wieder! «
»Ich liebe ihn! Ich weiß, dass er mich nicht liebt, aber ... «
»Sofie, nein! Er wird dein Leben zerstören, wenn du ihn heiratest, genau wie Jake mein Leben zerstört hat! «
kreischte Suzanne nun außer sich.
»Vielleicht hast du recht«, murmelte Sofie unsicher.
»Selbstverständlich habe ich recht. Da gibt es kein Vielleicht. Du könntest seine Weibergeschichten nicht ertragen.
Oder willst du allein im Bett liegen, Nacht um. Nacht auf das Ticken der Uhr horchen, die Minuten zählen, warten, bis er endlich nach Hause kommt? Willst du ihn endlich im Morgengrauen zur Rede stellen, wenn er nach dem Parfüm einer anderen riecht? Das lasse ich nicht zu, Sofie.«
Sofie hielt den Atem an. Lebhaft erinnerte sie sich an das Mittagessen im Delmonico,
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