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Jenseits der Untiefen

Jenseits der Untiefen

Titel: Jenseits der Untiefen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Favel Parrett
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Erde fiel. Er trieb schon ein Leben lang im Wasser, und seine Gedanken hatten die Richtung verloren. Sie lösten sich auf. Er hatte Harry vergessen, er hatte alles vergessen, was vorher gewesen war. Es gab nur die unermessliche Weite, das Schwingen eines riesigen Pendels – Wasser, das zurückwich und wiederkam. Und er war ein Teil davon.
    Er war ein Teil der Tiefe, ein Teil der Wellen. Er war ein Teil der Felsen und des Riffs vor der Küste.
    Er sank tiefer ins Wasser, die Muskeln entspannt, er kämpfte nicht mehr. Er glitt hinunter, er entfernte sich vom Licht, von der Luft.
    Er war bereit.

W asser schoss ihm aus dem Mund, jeder Atemzug ließ ihn keuchen und husten. Er wurde hochgehoben, getragen, sein Körper schwankte hin und her.
    Seine Augen waren schwer.
    Und die Welt war weit entfernt, unerreichbar.
     
    Er hatte Durst. Solchen Durst. Seine Lippen waren aufgesprungen und brannten. Er spürte eine Hand unter dem Kopf. Die Hand hob seinen Kopf an, und etwas Kühles streifte seinen Mund. Wasser. Er schluckte, und ihm wurde kalt. Sein Körper wurde geschüttelt, Zuckungen durchliefen seine Glieder, Nadeln schienen ihn zu stechen, stachen in Hände und Füße, Kältewellen überrollten ihn, und das Gefühl kehrte zurück. Er schrie auf, und jemand berührte seinen Kopf, strich ihm durchs Haar. Noch immer konnte er nichts sehen.
    Er hörte Schritte. Stimmen. Das Summen von Lam-pen.
    Wieder fiel er ins Nichts.
    Es war Joe, der zu ihm hinuntersah. Joe.
    »Gott sei Dank«, sagte Joe, und sein Gesicht wirkte sonderbar. Es sah geschwollen und unscharf aus, die Augen schmal, halb geschlossen.
    Miles sah sich im Zimmer um. Er sah die grauen Wände und die Tür, die niedrige weiße Decke. Gleichförmige Quadrate, jedes von Hunderten gleichförmigen Löchern übersät. Er war im Krankenhaus.
    Er wollte sich aufsetzen, aber sein Körper machte nicht mit. Nur seinen Kopf konnte er bewegen. Die Finger. Er streckte sie und zog sie wieder zusammen, spürte das frische, glatte, straffgezogene Bettlaken. Er machte eine Faust und versuchte, das Laken festzuhalten.
    Joe beugte sich vor und berührte seinen Arm.
    »Es tut mir leid«, sagte er. »Es tut mir so leid.«
    Miles öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber es kam kein Laut. Seine Kehle war eng. Er wusste nicht, was Joe meinte, und die Hand, die auf seinem Arm lag, wurde heiß. Sie brannte.
    »Er sah friedlich aus, Miles. Ich meine, er war unverletzt. Sie haben ihn auf einer der Klippen draußen in der Nähe von Acton gefunden, und er war unverletzt. Nichts hat ihm etwas anhaben können.«
    Miles schloss die Augen und versuchte zu atmen.
    Er war im Wasser.
    Harry war im Wasser!
    Miles schrie.
    Der Schrei prallte an den Wänden ab, am Boden, er peitschte wie ein Sturm durch das Zimmer, aber er schien nicht von ihm zu stammen. Der Schrei schien von einem anderen Ort zu kommen – von jemandem, den er sehen konnte.
    Ein Junge, der im Bett lag. Ein Junge, der nicht er sein konnte.
    Der Schrei wurde schwächer, ebbte ab, bis er zum Flüstern wurde, das kaum zu hören war. Und Miles wurde schwer und müde. Ihm war warm.
     
    Es war warm im Auto. Es war gemütlich zwischen all den Taschen und der Kleidung um sie herum, und Miles sah zu Harry. Seine Augen waren schwer, sie fielen ihm beinahe zu. Aber das Auto wurde langsamer. Es hielt an, und Miles wusste nicht, an welcher Stelle der Landstraße sie sich befanden, es war zu dunkel. Er glaubte den Fluss zu hören, aber vielleicht war es nur der Wind in den Bäumen. Vielleicht war es das Meer. Die Beifahrertür ging auf, und jemand stieg ein. Ein Mann.
    »Fertig?«, sagte er, und Miles konnte Mum im Dunkeln lächeln sehen, er sah das Weiß ihres Gesichts. Und sie sagte: »Ja, mein Schatz. Ja.«
    Und der Mann auf dem Beifahrersitz drehte sich um. Er lehnte sich nach hinten und streichelte Harrys Wange. Er sah Miles an.
    Es war Onkel Nick.
    Und Miles wollte wach bleiben und den Liedern im Radio zuhören, er wollte wach sein, wenn sie über die Berge fuhren, sodass er die Stadt sehen würde, denn Mum sagte, dass die Lichter von Hobart etwas ganz Besonderes seien. Sie sagte, man könne alle Lichter am Kai sehen und die großen Tankschiffe und Boote. Schiffe, die in die Antarktis fuhren, nach Argentinien oder Skandinavien. Schiffe, die so groß waren wie Fabriken.
    Aber die Straße war kurvig, und die Scheinwerfer waren weich, und es war so warm. Und er wollte sagen, weckt mich, wenn wir ankommen, aber er vergaß es. Und etwas zog sich

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