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Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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vorausgestürmt, und man konnte ihn vom nächsten Zimmer aus reden hören.
    „Hier entlang, von Orven, bitte. Mein kleines Heiligtum ist ganz hinten im Haus. Ich brauche viel Ruhe, um an meinem Projekt ungestört arbeiten zu können. Da kann ich mich nicht um Lieferanten und Vormittagsbesucher kümmern oder um meine Tochter …“ Er hielt inne und sah einen Augenblick lang sehr verwirrt aus. „Kennen Sie eigentlich meine Tochter?“, fragte er dann, als hätte er sich gerade wieder an etwas erinnert.
    „Ich hatte noch nicht die Ehre“, antwortete Asko und versuchte, nicht außer Atem zu klingen.
    „Sie ist bei einer Tante zu Besuch. Ist aber im Moment auch einerlei. Ich habe nur eben gedacht …“ Die Stimme verklang unsicher.
    „Aha“, sagte Asko, der nicht wusste, was er sonst sagen sollte. Er wusste, dass Lybratte eine Tochter hatte. Vor vielen Jahren, als Asko noch Mathematik und Ingenieurwesen an der Universität studierte, hatten er und seine Kommilitonen es gemeinsam bedauert, dass die einzige Erbin eines der reichsten Männer Münchens damals noch ein Kind war und nicht im heiratsfähigen Alter. Inzwischen musste sie jedoch schon fast zur Frau gereift sein und war vermutlich eine reich umkämpfte Beute auf dem Heiratsmarkt.
    „Hier herein“, erklang die enthusiastische Stimme weit vor ihm. „Es ist natürlich noch nicht ganz fertig, doch ich denke, in der Theorie ist es komplett durchdacht.“
    Der graue Haarschopf verschwand in einem Zimmer, dann tauchte er mit einem etwas verschämten Ausdruck auf den begeisterten Zügen wieder in der Türöffnung auf.
    „Bitte entschuldigen Sie mein schreckliches Benehmen. Ich lasse mich von der Begeisterung in unentschuldbarer Weise treiben und vergesse ganz meine Manieren.“ Seine Beflissenheit ließ sein Gesicht beinahe jungenhaft aussehen vor Reue, und Asko lächelte.
    „Herr Professor, ich verstehe Ihren Eifer. Meine Gattin schimpft mich auch stets dafür, dass ich einen völlig übertriebenen Tatendrang an den Tag lege, wenn ich kurz davor bin, eine neue Entwicklung unter Dach und Fach zu bringen. Ich verstehe Sie ausnehmend gut.“
    Er erreichte den älteren Herrn und schenkte ihm ein sorgfältig ausgearbeitetes Lächeln. Es war schwierig zu lächeln, wenn man außer Atem war. Doch Lächeln hatte er eingeübt. Es konnte so viel verbergen – Schmerz, Frustration, Ärger und sogar Schwäche. Letztere hasste er am meisten. Schwäche war schlimmer als Schmerz.
    Der Professor strahlte.
    „Kommen Sie rein! Willkommen, junger Mann! Nehmen Sie doch bitte Platz!“
    Eine Hand machte eine ausladende Geste und wies auf einen Stuhl neben einem großen Arbeitstisch, auf dem irgendwelche sperrigen Gegenstände unter einem weißen Baumwolltuch verborgen lagen. Der Professor machte es spannend.
    Asko schleppte sich zum Stuhl und ließ sich nieder. Seine Krücken legte er neben sich ab. Professor Lybratte beugte sich über ihn und sein Gesicht spiegelte einen Ausdruck irgendwo zwischen schlauem Fuchs und übereifrigem Knaben wider. Er war stolz, das konnte Asko sehen, und der ehemalige Soldat verstand das Gefühl. Wissenschaftlicher und technischer Fortschritt waren auch das, was Askos Leben bestimmte. Neues war sowohl spannend als auch neutral, Ideen funktionierten oder sie funktionierten nicht, es hatte nichts mit Gefühlen zu tun, nichts mit dem Versagen in anderen Bereichen des Lebens. Erfolg war hier von absoluter hehrer Reinheit, unberührt von der schwierigen Gratwanderung, die sich aus Liebe und Aufopferung, Selbstverleugnung und Selbstbewusstsein ergab. Erfolg auf diesem Gebiet konnte man ohne Wenn und Aber genießen.
    „Ehe ich Ihnen die Maschine zeige, würde ich Sie gerne raten lassen, woran ich arbeite.“
    Asko lachte.
    „Den Themen nach zu urteilen, die auf den Abendgesellschaften am häufigsten zur Sprache kamen, würde ich schließen, dass Sie sich mit der Messbarkeit absoluter Zeit beschäftigt haben.“
    Der Professor nickte.
    „Richtig. Doch ich bin noch weiter gegangen. Sehen Sie, wenn man Zeit nicht als lineare Anordnung von Abläufen definiert, sondern als physischen Ort oder Raum, in dem die Gesamtheit von allem, was war und je sein wird, zugänglich ist, dann sind Zeitreisen nur noch einen Schritt entfernt.“
    „Einen großen Schritt, würde ich denken, Herr Professor, einen großen, sehr theoretischen Schritt.“
    Der Professor fuchtelte heftig mit den Armen.
    „Der Schritt ist kleiner, als Sie denken. Sehen Sie, es war meine Frau,

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