Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
– auf gröbste Weise. Agonie durchfuhr seinen Körper. Seine Sinne schwammen. Er hielt mit eiserner Willenskraft an seinem Bewusstsein fest. Was würde nun geschehen?
Eine kühle Hand legte sich auf seine verbrannte Haut, und der Schmerz wurde erträglich und verschwand. Das Lächeln ihm gegenüber hatte nicht einen Moment lang aufgehört. Ein so schönes Lächeln, das Schmerz gab und wieder nahm, wie es gerade gefiel. Er versuchte zu begreifen.
„Sie sind ein Feyon“, ächzte er, fühlte wie eine Träne sich ihren Weg über seine Wange bahnte. „Sie sind eine …“
Die Agonie war vergangen. Er wollte nicht von diesem Wesen berührt werden, doch sie heilte ihn, und die Erinnerung an das sengende Brandmal war noch frisch. Schmerz. Sein alter Bekannter.
„Shhh … vergeuden Sie doch nicht Ihre wenigen Kräfte, um mich zu verfluchen, Asko von Orven. Es ist gänzlich nutzlos, denn in diesem Haus bestimme ich darüber, welche Worte Bedeutung erlangen und welche nur der Vergessenheit überantwortet werden. Ihre, fürchte ich, sind bereits vergessen.“
Mit einer flinken Bewegung beugte sich die Frau herunter, legte ihre Arme um seinen Oberkörper unterhalb seiner Schultern und zog ihn in eine Art Umarmung. Sie hielt ihn mit weit mehr Kraft, als man der schlanken Gestalt zugetraut hätte. Ihm blieb nichts übrig, als sich darauf zu verlassen, denn ohne Krücken konnte er allein nicht stehen.
Ihr Gesicht war dem seinen sehr nah, und er sog dessen eigenartige Schönheit in sich auf und hasste es dafür, dass es ihm so viel Bewunderung abverlangte.
„Sie sind ein erhebliches Ärgernis, Asko von Orven. Das hätte ich gleich wissen müssen. Aber diese Krücken und all der frustrierte Zorn, hinter dem Sie sich verstecken, sind eine allzu gute Tarnung. Nein. Wehren Sie sich nicht. Sie würden doch nur stürzen. Ich habe Sie hier ganz sicher. So sicher, wie ich Sie haben will. Ich werde Sie als Andenken behalten, als Erinnerungsstück dafür, dass man sich auf nichts verlassen kann.“
Behalten? Was meinte sie damit? Sie konnte ihn nicht behalten. Wozu? Es musste ihr doch ein Leichtes sein, sein Gedächtnis so zu manipulieren, wie sie das ihres Gemahls manipuliert hatte. Ein, zwei Sekunden, und er würde sich an nichts mehr erinnern. Warum sollte sie ihn behalten? Sie hatte sein Schutzamulett zerstört. Nur sehr mächtige Fey konnten das. Graf Arpad konnte es nicht. Meister des Arkanen verließen sich auf diese Art von Schutz, der sie davor bewahrte, von den Sí angegriffen zu werden. Diese Dame war gefährlicher als der Vampir, und der Vampir war schon schlimm genug.
„Was werden Sie mit mir tun?“, fragte er stoisch, versuchte, seine Willenskraft gegen sie ins Feld zu führen und wusste doch, dass sie seinen tatsächlichen Gemütszustand vermutlich genauestens zu lesen verstand.
Sie konnte ihn kaum töten, oder? Zu viele Menschen wussten, wo er war. Es brachte nichts, ihn zu ermorden, wo es doch ausreichte, ihm das Denken zu verwirren und die Erinnerungen zu stehlen. Sterben wollte er nicht. Da war er sich sicher, weitaus sicherer als so manches Mal während der letzten Monate. Das Leben war lebenswert.
Sie hatte gesagt, sie würde ihn behalten.
Unter der Wut über ihre Kraft und der Frustration über seine Hilflosigkeit regte sich Angst. Wenn sie ihn behalten wollte, gab es nichts, was er dagegen tun konnte. Sein Schutz war dahin. Magische Fertigkeiten besaß er nicht, und mit seinen körperlichen Fähigkeiten war es auch nicht weit her.
Seine Nackenhaare standen zu Berge. Die Macht, mit der er festgehalten wurde – physisch festgehalten wurde – war zutiefst beunruhigend. Er war zu schwer, um von einer zarten Frau einfach so gehalten zu werden. Doch sie war keine Frau. Sie war eine Kreatur ohne Regeln und ohne Ethik, und er war ihr Gefangener.
Ihm wurde klar, dass auch alle, die wussten, wohin er gegangen war, nun in Gefahr waren. Charly war in Gefahr. Charly, die immer glaubte, man könne den Fey vertrauen, die ihr Blut willentlich hingegeben hatte, damit ein Vampir nicht Hunger leiden musste.
„Viele Dinge könnte ich tun“, überlegte sich Lucilla. „Ich könnte Ihren Verstand entleeren, doch es ist ein – für einen Menschen – guter Verstand, und vielleicht brauche ich ihn ja noch. Klares Denken, starke Gedanken können als synaptische Punkte in der Struktur der Wirklichkeit verwendet werden. Natürlich könnte ich Sie auch eliminieren und es aussehen lassen wie ein natürlicher Tod. Sie
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