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Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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Der Groll in Thorolfs Stimme war kaum zu überhören. Er war gerade noch höflich, aber ungehalten, und tatsächlich war sein Gast ja auch recht unhöflich. So etwas fragte man nicht, und man bezweifelte auch nicht die Ehrlichkeit seines Gastgebers.
    Catty wurde mit Schrecken klar, dass der Besucher ihre Gegenwart spürte. Die Erkenntnis traf sie mit einiger Verspätung, denn eben war sie noch damit beschäftigt gewesen, sich zu wundern, was er hier nur tat. Lord Edmond. Ihr Lord Edmond. Wie er es überhaupt sein konnte, begriff sie nicht. Das war doch nicht möglich?
    Doch er musste es sein. Die Stimme war richtig, und den Namen gab es sicher auch nicht zweimal. Aber alles andere war falsch. Sie fühlte noch seine nachtschwarze Aura, wie sie sich in ihrem Heim breitmachte, fast schon in ihre Haut eindrang. Er war kein Mensch. Er gehörte auch zu jenen anderen. Wie der gestrige Besucher, der zu Ian gekommen war. Zuerst hatte sie angenommen, es wäre wieder Ians Bekannter. Sie waren sich so ähnlich, schwarzglänzende Zentren der Macht, die an der Wirklichkeit entlangglitten und die Umwelt um sich herum rücksichtslos dominierten.
    Ihre Erinnerung wehrte sich gegen die Erkenntnis, dass sie sich in diesen Mann verliebt, seine Hand gehalten, sich in seiner Gegenwart sicher gefühlt hatte. Sie war nachts aus dem Haus geklettert, nur um ihm einen Brief zu geben. Oder mehr.
    Jetzt wusste sie mit aller Klarheit, dass sie ihren Weg zurück in ihr Bett nie gefunden hätte, sondern in diesen Augen ertrunken und bei ihm geblieben wäre. Wahrscheinlich hätte sie geglaubt, sie hätte es freiwillig getan. Doch hätte sie wirklich die Wahl gehabt? Gegen ein solches Bollwerk uralter Macht? Gegen das eigene Gefühl der Liebe, das er in ihr entfacht hatte?
    Nur, warum hatte er das überhaupt getan? War er auf Eroberung aus? War sie ihm so viele Umstände wert? Sie konnte seine Macht auf ihrer Zunge schmecken und wusste, dass er nicht hätte fragen müssen. Ausgeklügelte Pläne, sie zu überreden ihr Elternhaus zu fliehen, waren unnötig. Er musste nur befehlen, und die Menschen würden gehorchen. Doch er hatte ihr die Wahl gelassen – vielleicht weil er sie wirklich mochte?
    Konnte jemand mit einer solchen Aura tatsächlich lieben? Er hatte sie vor einer Gefahr gewarnt. Was wusste er? Hatte er die Spinne gemeint? Doch warum wollte er ihr helfen? Er war so nett gewesen. Vielleicht war ihr Eindruck als Katze ja ganz falsch. Was wusste so eine Katze schon?
    Doch sie machte sich etwas vor.
    Ihr Herz hatte für ihn geschlagen, und ihr Verstand hatte sich abgeschaltet. Es fühlte sich immer noch wie Liebe an. Das schmerzte am meisten. Er hatte sie zu nichts gezwungen. Sie hatte ihm ihr Herz geöffnet, weil es so leer war, nichts Wichtiges enthielt außer ihrer Unsicherheit und der Abneigung gegen ein eisiges Zuhause.
    Lucilla hatte ihn nicht gemocht, ihm nicht vertraut. Catty glaubte nicht, dass ihre Stiefmutter wirklich wusste, was er war, doch die Instinkte der Dame waren offenbar den ihren weit überlegen. Catty hätte auf sie hören sollen. Zu spät. Lucilla dachte vermutlich, dass sie mit einem Mann auf und davon gelaufen war. Ihr Vater würde auch denken, dass sie verloren war. Ein gefallenes Mädchen. Konnte ein Vater so etwas vergeben?
    In alten Dramen griffen Väter zu drastischen Maßnahmen, wenn ihre Töchter den falschen Weg im Leben einschlugen. Sie erinnerte sich daran, wie sie Lessings „Emilia Galotti“ gesehen hatte. Da erstach ein Vater seine Tochter mit den Worten: „Ich habe die Rose gebrochen, bevor der Sturmwind sie entblättert.“ Catty hatte das romantisch gefunden und im Theater geweint.
    Der Sturmwind hatte sie nicht entblättert, doch das konnte ihr Vater nicht wissen. Sie war nun schon zwei Tage fort – und zwei Nächte. Vor allem die Nächte waren besonders schlimm.
    Wieder ertrank sie fast in der plötzlichen Wirklichkeit ihrer Situation, versank in Trauer und Hilflosigkeit. Verloren war sie. Sie würde die Katze eines Künstlers bleiben, der nie herausfinden würde, dass sie in Wirklichkeit eine Frau war. Sie trauerte um den Verlust ihres Vaters, ihres Zuhauses, ihres ganzen Lebens, und um den Verlust ihrer Liebe. Sie hatte sich in einen Traum verliebt und einen Alptraum gefunden. Nun wusste sie auch, dass er sie im Traum tatsächlich besucht hatte. Seinen Wein hatte er ihr angeboten, und beinahe hätte sie ihn gekostet.
    Die Stimmen aus dem Wohnzimmer drangen wieder in ihr Bewusstsein.
    „Was für

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