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Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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Sie war immer noch hübsch und jung. Dieselbe Catrin, die noch vor einem Jahr im gleichen Zimmer mit ihrem Vater und seinen Freunden gesessen und den Diskussionen über Philosophie und Kunst gelauscht hatte, ohne dass jemand sie fortgeschickt hatte, weil sie etwa zu jung oder zu unreif war. Die Herren hatten sie immer gemocht. Manchmal hatten sie sie freundlich ein bisschen verkohlt, wenn ein Kommentar von ihr vielleicht einmal allzu unschuldig gewesen war. Aber die meisten waren nett gewesen. Ein bisschen altbacken und verknöchert vielleicht, aber nie zynisch oder gemein.
    Vielleicht musste sie dafür sorgen, ihnen wieder unter die Augen zu kommen. Vielleicht würden sie ihren Vater bitten, dass sie dabei sein durfte, wenn sie sie sahen? Vielleicht wäre es ihm schlichtweg zu peinlich, das abzulehnen.
    Sie machte sich sorgfältig zurecht, ließ alle Spuren von Tränen verschwinden. Sie probierte ein Lächeln. Es war nicht ausnehmend überzeugend, doch es würde reichen. Sie war hübsch genug für ein paar alte Professoren und Gelehrte, die von jungen Mädchen ohnehin nicht viel verstanden. Es war nur schade, dass sie nicht ein wenig ... fülliger war an den richtigen Stellen. Sie war in letzter Zeit zu dem Schluss gekommen, dass das Maß, in dem eine junge Frau ernst genommen wurde, direkt proportional zu der Größe ihrer Brüste sein musste.
    Sie öffnete ihr Kleid und schob zwei Taschentücher an eine strategisch günstige Stelle. Dann noch zwei. Gleich fühlte sie sich sicherer. Schade, dass sie so kein ausgeschnittenes Kleid tragen konnte. Aber schließlich besaß sie auch keines. Kinder trugen so etwas nicht, und bevor man nicht in die Gesellschaft eingeführt worden war, war man offiziell ein Kind. Ein dummes, unwichtiges Kind. Das von Hexen faselte und heulte, wenn man es schalt.
    Sie würde sich zur Eingangshalle hinunterschleichen und dort die Gäste begrüßen, nur um zu zeigen, dass es sie noch gab, dass sie immer noch zu diesem Haushalt gehörte.
    Vorsichtig öffnete sie ihre Zimmertür und spähte hinaus. Niemand war zu sehen. Sie schlich auf den Korridor. Wenn sie es bis in die Empfangshalle schaffte, ohne dass sie jemand aufhielt, konnte es sein, dass die ankommenden Gäste sie erkannten. Von der Dienerschaft würde sie sich diesmal nicht aufhalten lassen. Warum sollte sie? Es waren auch ihre Diener.
    Das Parkett knarrte, als sie vorsichtig auf Zehenspitzen zur Vordertreppe schlich. Ihr Zimmer lag unter dem Dach, im zweiten Stock. Sie stieg die Treppen vorsichtig hinunter, hielt den Kopf gesenkt, damit man sie von unten nicht kommen sah. Im ersten Stock vor der letzten Treppe hielt sie inne. Das Herz schlug ihr bis in den Hals.
    Dies war auch ihr Haus. Sie hatte dasselbe Recht hier zu sein wie ihr Vater und ihre Stiefmutter, und sie tat nichts Schlimmes. Dennoch überkam sie eine fast überwältigende Angst, eine Frucht, die sie verkrampfte, sie lähmte und sie zittern ließ. Am liebsten hätte sie sich deshalb selbst getreten, denn sie wusste, dass es keinen vernünftigen Grund dafür gab. Wie konnte einem der Mut nur so vollständig abhanden kommen? Wo war ihrer geblieben?
    Dann hörte sie den Klang kaum wahrnehmbarer Schritte, die gleich um die Ecke kommen würden. Miss Colpin? Wenn die Lehrerin einherschritt, hörte man meistens nur das Wispern ihres Kleides, so leise und gesittet waren ihre Bewegungen.
    Catrin erstarrte, als hätte man sie in Eis getaucht. Sie konnte sich nicht bewegen, und eine jüngere Version ihrer selbst schien ihr Denken zu übernehmen. Sie hatte ihr Zimmer ohne Erlaubnis verlassen. Sie hatte sich ihrer Lehrerin widersetzt. Sie war nicht, wo sie sein sollte. Ihr Herzschlag schien laut von den Wänden widerzuhallen. Sie fand es plötzlich schwer zu atmen und versuchte mit aller Kraft, ihre Panik in den Griff zu bekommen. Es war ihr gutes Recht, anderer Meinung zu sein als ihre Lehrerin. Sie war schließlich fast erwachsen, und man hatte ihr das Klavier gestohlen. Sie musste sich keine Sorgen machen. Wovor sollte sie sich fürchten?
    Die leisen Schritte hatten sie fast erreicht, und Catrin stand immer noch vor Angst erstarrt an der Treppe. Eine Gestalt kam um die Ecke. Sie merkte, wie die Welt um sie herum auf einmal fleckig und dunkel wurde. Ihre Knie knickten ein und sie sank in eine übermächtige Dunkelheit hinab, die aus ihrer eigenen Seelenfurcht geboren schien.
    Starke Arme fingen sie auf.
    Sie brauchte eine Weile, um zu begreifen, dass diese Arme weder ihrer

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