Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
musste, wieder zu sprechen. Doch in ihrem Geist formte sich kein Sinn. Sie schlug hart auf dem Boden auf und stöhnte. Der Holzboden war kalt und hart an ihrer Haut, und schon stand auch er auf der anderen Seite, das Bett zwischen ihm und dem ungebetenen Gast. Er griff nach der Gaskordel. Licht. Er wollte sehen, und sie wollte sich verstecken, musste sich dringend vor seinen Blicken verbergen. Sie konnte den Gedanken nicht ertragen, ihm so zu begegnen, wie sie war. Ein Mädchen, nackt und hilflos. Was würde er tun?
Sie kauerte sich auf ihrer Seite des Bettes nieder, versuchte, darunter zu kriechen. Sie war ja schon bisweilen darunter gewesen, es war ein guter Ort, um sich zu verstecken. Doch jetzt war sie nicht mehr klein genug dafür. Der Holzrahmen des Bettes kratzte an ihrem Rücken entlang und verhinderte ihr Weiterkommen.
„Wer sind Sie?“, rief er feindselig. Er sah sich in der Kammer um. Suchte er eine Waffe? Sein Rasiermesser. Er sprang zur Waschschüssel und ergriff es. Er wollte sie umbringen!
Er war zwischen ihr und der Tür. Sie konnte nicht aufspringen und fliehen, sonst würde er sie ganz nackt sehen, und jeder andere auch. Wieder versuchte sie, sich weiter unters Bett zu quetschen, es schien ihr einziger Ausweg. Vielleicht würde sie ja darunter passen, wenn sie sich ganz ausstreckte. Im Moment lag sie auf den Knien zusammengekauert, und obgleich sie klein und dünn war, war sie in dieser Position immer noch zu voluminös, um sich zu verstecken.
Er sah zu ihr herunter, während sie durch ihre rotblonden Locken zu ihm hoch schielte. Er legte das Messer weg, doch das ließ ihn nicht weniger gefährlich wirken. Nicht einmal das Nachthemd machte ihn weniger furchteinflößend. Catty hätte am liebsten geweint. Er sollte endlich weggehen. Warum hatte er nicht den Anstand, fortzugehen oder sich wenigstens abzuwenden? Sie wollte nicht so sein wie die Frau, die hier gewesen war, um sich malen zu lassen und dann noch andere Dinge angeboten hatte. Doch genau das musste er denken. Nur sah er gar nicht leidenschaftlich aus, sondern wütend und durcheinander. Vielleicht sogar ein wenig ängstlich.
Einen Augenblick später beugte er sich zu ihr hinunter, ergriff ihre schlanken Arme, zerrte sie über den Dielenboden und zog sie hoch. Sie wehrte sich, versuchte, von ihm loszukommen, schrie auf, schlug nach ihm. Er nahm ihre Handgelenke. Rotgoldene Locken fielen ihr übers Gesicht. Er war so viel größer als sie und muskulös gebaut. Sie konnte sich in seinem Griff gar nicht rühren. Er tat ihr weh mit seinen harten Händen.
„Nein!“, bettelte sie und fand ganz plötzlich ihre Stimme wieder. „Bitte nicht. Lassen Sie mich los!“
Sie zitterte, wand sich in seinem Griff. Catty, die Katze, hätte gekratzt und gebissen und sich irgendwie freigemacht. Catty, das Mädchen, hatte keine Waffen und wusste vor Panik nicht ein noch aus.
Thorolf starrte sie an, als erwarte er jeden Moment, dass sie sich in etwas Grauenhaftes verwandelte. Sein Kinn war wild entschlossen nach oben gereckt. Er trat einen Schritt zurück, streckte seine Arme aus und musterte sie. Sie versuchte vergeblich, sich zu drehen, fühlte wie sein Blick über ihren dünnen, zierlichen Körper glitt, über ihre kleinen Brüste, ihren flachen Bauch, ihre schmalen Hüften. Seine Augenbrauen zuckten, als er noch weiter nach unten sah. Sie konnte sich nirgends verbergen, und sie wünschte sich nichts so sehr, wie tot umzufallen.
Sein Blick flog hoch, senkte sich in ihre Augen. Sie war fast wahnsinnig vor Angst. In ihrem Traum mit Lord Edmond, war ihr Nacktheit als etwas ganz Natürliches erschienen und hatte sie kaum gestört. Nun kam sie vor Scham fast um. Ihre Sinne wurden vom Schrecken übermannt. Sie öffnete ihre Lippen, um zu schreien, und er legte ihr blitzschnell die Hand über den Mund. Die Hand, die noch vor einem halben Tag ihr Fell so zärtlich gestreichelt hatte, konnte hart und gemein sein.
Sie versuchte weiter, sich seinem Griff zu entziehen, und er hielt sie noch fester. Sie trat nach ihm.
„Hör schon auf“, befahl er. „Ich tue dir nichts. Hör einfach auf!“
Doch sie konnte nicht aufhören. Er sollte sie nicht so halten, und er sollte sie auch nicht so sehen. Sie trat erneut nach ihm, und ihr nutzloser Kampf trieb sie durch den Raum zu seinem Stuhl, der mit einem lauten Knall umfiel.
Wieder griff er nach, und sie stöhnte durch die Hand, die immer noch über ihrem Mund lag, hindurch.
Die Schlafzimmertür flog auf; Ian
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