Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
stürmte herein und schwang ein Küchenmesser.
„Was …“, rief er aus und versuchte, aus der sich ihm darbietenden Szene schlau zu werden.
Ihr liefen Tränen übers Gesicht. Seine Hand verließ ihren Mund.
„Bitte!“, flehte sie. „Lassen Sie mich gehen. Bitte, tun Sie mir nicht weh! Bitte!“ Ihre Augen flogen von einem Mann zum andern.
Auf den Zügen des Schotten machte sich extremes Mißfallen breit.
„Lass sie los. Ich kann nicht erlauben, dass du eine Frau gegen ihren Willen nimmst – in unserer Wohnung noch dazu. Du lieber Himmel …“
„Ich glaube nicht, dass sie eine Frau ist“, verteidigte Thorolf sich. „Mir ist im Traum eine Feyon begegnet. Eine Vision vielleicht. Ich weiß nicht. Sie hat mich angegriffen … hat mich berührt und mein rohes Herz in meiner Brust in ihren Krallen gehalten … und dann bin ich aufgewacht und das … das da lag nackt neben mir. Hat mich genau dort angefasst, wo die Krallen der Kreatur …“
Catty stand der Mund offen.
„Sie sieht wie das Mädchen aus, das die Spinne gejagt hat“, fuhr Thorolf fort. „Doch das kann sie nicht sein. Das ist unmöglich. Es ist gewiss ein Trick. Sie ist ein Monster, etwas, das mir das Herz herausreißen will, das Böse, das im Dunkel lauert. Auf der Jagd nach meiner Seele.“
Ian legte sein Küchenmesser ab, trat zum Schrank, öffnete ihn und zog einen Mantel hervor. Er trat wortlos herzu und legte Catty den Mantel um.
„Lass sie los“, sagte er. „Sie ist kein Fey-Monster. Du kannst mir glauben. Ich würde das wissen. Sie ist nur ein Mädchen, und du hast sie fast zu Tode geängstigt.“
Er wickelte sie in den Mantel und zog sie sacht zu sich.
Schon verbarg sie sich in seinen Armen und schluchzte ihm in die Schulter. Eine schüchterne Hand fuhr ihr übers Haar. Eine ganze Zeit sagte niemand etwas.
„Mach uns Tee“, sagte Ian schließlich.
„Was?“
„Mach Tee. Wir werden der Sache auf den Grund gehen, und bei einer Tasse Tee geht alles besser. Wir wollen doch zivilisiert mit dieser Situation umgehen. Mögen Sie Tee?“
Sie nickte in seine Schulter. Sie zitterte so heftig, dass er sie stützten musste.
Sie konnte nicht hochsehen. Er hatte sie nackt gesehen, und Thorolf auch. Er hatte sie eingehend gemustert und ihr wehgetan. Sie sollte etwas sagen, aber wusste nicht, was. Der junge Schotte war nicht sehr groß, aber sie konnte ihr brennendes Gesicht an seinem Schlüsselbein vergraben, und er tat ihr auch nicht weh.
„Schhhhh“, flüsterte er. „Haben Sie keine Angst. Thorolf ist nicht so wild, wie er tut, und ich erlaube nicht, dass er Ihnen wehtut. Sie sind in Sicherheit.“
„Ich bin nackt …“, murmelte sie in seine Schulter.
„Wo sind Ihre Kleider?“
„Ich weiß nicht. Ich scheine keine zu haben.“ Sie schämte sich furchtbar.
„Dieser Mantel bedeckt Sie. Wenn Sie möchten, können Sie einen Anzug von mir haben. Er wird Ihnen zu groß sein, aber ich bin nicht so ein Schlacks wie Thorolf. Sie können in mein Zimmer gehen und sich dort ankleiden. Wir schauen nicht zu. Ist das ein Vorschlag?“
Sie nickte.
„Sie fürchten sich doch nicht vor mir?“, fragte er.
Sie wusste es nicht.
„Ich habe nur so schreckliche Angst“, flüsterte sie.
„Das ist ganz bestimmt verständlich. Aber wir tun Ihnen nichts …“
„Thorolf …“ Sie konnte nicht weitersprechen. Ihre Handgelenke schmerzten immer noch, und sein Blick hatte bis ins Mark getroffen. Er fand sie gewiss hässlich. Sie war ja auch hässlich, und er hätte sie nie so sehen dürfen, so nackt und mager. Diese schreckliche Frau gestern hatte viel hübscher und runder gewirkt, und das hatte ihm gefallen.
Nicht, dass sie ihm gefallen wollte. Gar nicht. Warum sollte sie. Er hatte ihr so wehgetan. Sie schluchzte noch einmal auf.
„Thorolf hat gerade so viel Angst wie Sie. Kommen Sie jetzt!“
Er nahm sie sanft bei den Schultern, und sie löste sich von ihm und hielt den weiten Mantel um sich zusammen. Aufsehen konnte sie nicht, sie schämte sich zu sehr.
Er griff in seine Tasche, und zum ersten Mal bemerkte sie, dass er einen Gehrock über sein Nachthemd geworfen hatte. Das sah putzig aus. Er holte ein Taschentuch hervor und tupfte ihr die Tränen ab.
„Können Sie jetzt hochschauen?“, fragte er, und seine Stimme war liebenswürdig und mitfühlend.
Sie schüttelte den Kopf.
„Ich schäme mich“, sagte sie. Dann begannen ihre Schultern wieder vor Schluchzen zu zucken.
„Ich weiß“, sagte er. „Aber ich bin ein
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