Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
ihre Schreie gedämpft und sie durch weiße Wolkenhimmel in ihr Gefängnis gebracht? Wie hatte er sie überhaupt gefunden? Seine Fertigkeiten mochten weit jenseits dessen liegen, was sie sich auch nur vorstellen konnte. Sie wusste nur, dass er eine rücksichtslose Bestie war, die ihr die Schuld an etwas gab, das sie nicht begriff.
War sie tatsächlich an allem schuld? Sie jaulte weiter. Der Schmerz war ungeheuer und tatsächlich viel zu groß für jemanden, der nur eine kleine Katze war.
„Du lieber Himmel, was macht denn hier einen solchen Lärm?“
„Die Katze. Die Schwester, die die Logenbrüder betreut, hat sie mir gebracht. Sie fand, das Tier sollte nicht in der Loge bleiben.“
„Lass mich mal sehen. Mein anderer Nachbar ist heute mit einer Katze in einer Tasche davongeeilt. Er sagte, er würde sie mit zum Unterricht nehmen, um sie zu studieren. Es war eine Lüge. Ich weiß ganz genau, wo er seinen Unterricht bezieht, der kleine Zauberlehrling. Irgendwie kommen immer wieder Katzen auf …“
„Komm in die Küche. Ich habe das Tier in einen Korb gesperrt. Es ist ein eminent lautes Geschöpf.“
„Wahrscheinlich hat sie Hunger. Katzen haben immer Hunger.“
Catty spitzte die Ohren. Durch ihre Seelennot hindurch witterte sie eine Gelegenheit. Diese Frau schien weitaus vernünftiger zu sein.
Jemand nahm das Backblech vom Korb, und sie sah in die Gesichter ihrer ehemaligen Lehrerin und von Ians Nachbarin. Zwei Augenpaare musterten sie.
„Sie sieht wie eine ganz normale Katze aus … obgleich … sie mich an jemanden erinnert …“, murmelte Fräulein Draiss zweifelnd.
Catty streckte ihr die rechte Pfote entgegen, als wolle sie ihr die Hand schütteln.
„Eine dressierte Katze“, überlegte die andere Frau und streichelte die Pfote.
„Katzen kann man nicht dressieren. Sie tun immer, was sie wollen. Selbstsüchtige kleine Biester.“
„Meist weinen sie aber nicht. Diese hier sieht aus, als würde sie weinen.“
„Vielleicht hat sie eine Augenkrankheit. Hoffentlich ist sie nicht ansteckend.“
„Fefa, meine Liebe! Du musst die einzige unter uns sein, die keine Katzen mag.“
„Ich mag sie und will ihnen ihre Nützlichkeit gar nicht absprechen. Aber ich kann keine brauchen.“
„Du sagst, sie erinnert dich an jemanden?“
„Ja. An eine ehemalige Schülerin. Ich habe dir von ihr erzählt. Fabelhaftes Material für die Zirkel. Sehr begabt. Braucht unbedingt Anleitung. Doch ihr Vater war nicht mit meinem Lehrprogramm einverstanden, und so habe ich sie aus den Augen verloren. Ich habe versucht, in Kontakt zu bleiben, doch das Kind hat meine Briefe nicht beantwortet. Wahrscheinlich war es einfach zu faul. Ich wollte es wieder angehen, wenn es etwas älter ist. Wenn ich so darüber nachdenke, sollte ich es nach Walpurgis versuchen.“
„Warum erinnert die Katze dich an sie?“
„Die Ausstrahlung und die Farbe. Sogar die Augen. Sehr ungewöhnlich.“
„Nicht für eine Katze.“
Ians Nachbarin streckte die Hand aus und kraulte Catty hinter den Ohren.
„Was ist denn los, Kätzchen?“
Catty kuschelte sich gegen die Hand und wischte sich daran die Tränen ab.
„Du bist seltsam, irgendwie anders …“
Mit eingezogenen Klauen versuchte Catty, die Hand der Frau in den Tatzen festzuhalten.
„Haben wir jemanden, der sich auf Tiere spezialisiert hat?“, fragte Fräulein Draiss.
„Ich frage Creszenz. Wir kaufen unsere Kräuter bei ihr. Ihr Wissen um die Zirkelmitglieder ist größer als meines.“
„Aber was tun wir bis dahin?“
„Wir haben Walpurgis. Bis morgen werden wir kaum etwas erreichen. Also behalte die Katze erst einmal bei dir. Ich hole sie ab, sobald ich etwas gefunden habe, worin ich sie transportieren kann. Gib ihr außerdem etwas zu essen, Fefa.“
„Ich esse kein Fleisch, Margarete. Mögen Katzen Gemüse?“
„Sie wird nichts gegen ein bisschen Milch haben. Bitte lass sie nicht ausbüchsen, bevor wir nicht herausgefunden haben, welche Rolle sie bei alldem spielt. Falls sie eine spielt.“
Sie sollte hier bleiben, und man würde sie wieder einsperren? Sie in einen Korb und Thorolf im Gefängnis?
Sie sprang. Mit einem Satz hatte sie den Korbrand überwunden, und während sie noch in der Luft war, wusste sie, dass der Schwung sie unter den Tisch katapultieren würde. Ganz langsam schien ihr die Zeit zu vergehen, als hätte sie jemand dünn auseinandergestreckt, um ihr die Möglichkeit zu geben, die Pfoten zur Landung richtig anzuordnen. Vier Hände griffen nach
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