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Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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Männerstimme. Sie klang teilnahmslos und vermittelte doch die Freude des Mannes daran, alle Eingänge zu beherrschen wie ein nicht allzu alter Zerberus. Catty erkannte den Mann, der an der Tür mit Ian gesprochen hatte.
    „Nur ein bisschen frische Luft, Professor. Ich bin gleich wieder da.“
    „Das sollten Sie auch besser, schließlich haben Sie sich um Patienten zu kümmern.“
    „Es geht ihnen gut. Sie haben sich noch nicht beschwert.“
    „Werden Sie nicht unverschämt! Sie sind wohl kaum in der Position, sich zu beschweren.“
    „Selbstverständlich nicht, Herr Professor. Ich meine die werten Herren, die mich hier angestellt haben. Von ihnen habe ich noch keine Klagen vernommen.“
    „Nun“, der Mann klang ein wenig beleidigt, „trödeln Sie nicht rum! Sie werden hier gebraucht.“
    „Selbstverständlich, Herr Professor!“
    Damit verließ die Frau das Haus, eilte über die Straße und dann einige Schritte den Bürgersteig entlang. Weit ging sie nicht, dann öffnete sie eine Hoftür und schloss sie hinter sich. Die Luft roch hier abgestanden, und es war recht dunkel. Catty bemerkte, dass sie eine Treppe hochgetragen wurde, und erst jetzt wurde ihr bewusst, dass sie quasi entführt worden war. Bis dahin war sie nicht unglücklich gewesen, das Haus mit all den konzentrierten und ernsten Männern zu verlassen. Sie hatte sich dort absolut nicht wohlgefühlt, wenngleich sie auch nicht wusste, warum nicht. Nicht dass man sich im Innern eines Ranzens besonders wohlfühlen konnte. Es war würdelos, so transportiert zu werden, und zudem eng. Wenn man darin hin und her getragen wurde, war das, wie im Sturm zu segeln. Zumindest stellte sie sich das so vor.
    Sie hörte jemanden ganz furchtbar Klavier spielen. Das war nah, nur ein oder zwei Türen entfernt. Während Catty die Treppen hochgetragen wurde, wurde das Geklimper lauter. Sie erinnerte sich an das Stück; auch sie hatte man vor Jahren während des Unterrichts damit gequält. Es war nicht besonders schwer, dafür aber auch nicht besonders hübsch. Es war nur ein Übungsstück, eigens dazu komponiert, Klavierschülern Arpeggios einzubläuen. Eine Türglocke erklang. Einige Zeit später öffnete sich die Tür, und das Klavierspiel wurde lauter.
    „Grüß Gott“, sagte ihre Entführerin. „Seien Sie gesegnet.“
    „Oh“, sprach eine Stimme, die Catty bekannt vorkam. Sie wand sich in der Tasche, um mehr zu sehen, konnte jedoch nur einen Blick auf ein braunes Kleid erhaschen. „Sie sind es. Das kommt gerade ein wenig ungelegen. Ich habe eine Schülerin da.“
    „Ich werde Sie nicht aufhalten. Nehmen Sie das mal! Da ist eine Katze drin. Irgendetwas ist mit ihr. Ich wollte nicht, dass die Ach-so-Mächtigen irgendwelche dummen Experimente mit ihr anstellen. Lassen Sie sie nicht weglaufen. Ich habe das Gefühl, sie könnte noch wichtig werden. Der kleine Prinz hat sie in die Loge gebracht.“
    „Der kleine Prinz? Ich wusste gar nicht, dass die in ihrem komischen Herrenverein Mitglieder des Königshauses haben?“
    „Haben sie auch nicht. Das ist nur ein Spitzname, den ich ihm gegeben habe. Dem Jüngling. Dem ‚Akolythen ‘ . Er ist etwas ganz Besonderes. Seine Aura verwirrt sie ziemlich, denke ich. Sie verwirrt mich ja auch. Irgendwie salzig.“
    „Sie haben ihm die Katze entwendet?“
    „Ja, und ich darf nicht trödeln. Ich habe Patienten, die auf mich warten, und die allgemeine Laune in der Loge ist grauenvoll. Sie diskutieren immer noch über den Traum von gestern Nacht, und ich fürchte, sie wissen mehr darüber als wir. Haben Sie auch den gleichen Traum gehabt?“
    „Ich habe ihn wahrgenommen.“
    „Haben Sie keine Alpträume?“
    „Ich erlaube sie mir nicht.“
    „Das ist ja schön für Sie. Wir sehen uns wieder.“
    „Wir sehen uns wieder.“
    Das schien ein formeller Abschiedsgruß zu sein, denn nun trug die andere Frau Catty in die Wohnung, und die Tür fiel ins Schloss. „Wann treffen wir drei uns das nächstemal, bei Regen, Donner, Wetterstrahl?“ … Die Zeilen gingen ihr durch den Kopf, und gleichzeitig mit dem Shakespearezitat erkannte sie auch die Stimme. Sie gehörte ihrer ehemaligen Gouvernante, Fräulein Genufefa Draiss. Besonders lange war sie nicht ihre Lehrerin gewesen. Ihr Vater hatte sie nicht gemocht, während Catty sich nicht sicher gewesen war, ob sie sie mochte oder nicht. Eine gute Musikerin war sie gewesen, hatte Kunst und Literatur unterrichtet und Catty versucht einzubläuen, immer hinter die Dinge zu sehen, hinter

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