Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
ihr und verfehlten sie.
„Lass sie nicht davonlaufen!“
„Halt sie fest!“
Die Küchentür stand halb offen, und sie stürmte davon. Die Eingangstür schien zu schwierig, um sie schnell aufzubekommen, also schlitterte sie ins nächste Zimmer. Es war ein Wohnzimmer, das von einem Klavier dominiert wurde. Das Fenster stand halb offen. Sie rannte drauf zu. Wie hoch lag diese Wohnung? Sie konnte sich nicht erinnern, wie viele Treppen sie erstiegen hatten.
Durch den Spalt sprang sie außen aufs Fensterbrett. Ein Stockwerk. Sie jammerte.
„Sie ist am Fenster!“
„Schnell, greif sie dir!“
Catty sprang.
Noch in der Luft wurde ihr klar, dass die Landung nicht so einfach werden würde. Sie hoffte, sie hatte nicht gerade einen extrem dummen Fehler gemacht. Die beiden Frauen waren schließlich ganz nett, und Ians Nachbarin mochte sie wieder nach Hause zu Thorolfs Wohnung bringen.
Nur war er nicht dort. Er war im Gefängnis und starb, und sie brauchte Ian, um dort hinzukommen. Ihr Wissen um die geographische Lage von Gefängnissen war defizitär.
Doch sie war frei. Frei, um loszuziehen und ihn zu finden. Frei um sich an ihn zu schmiegen und bei ihm zu sein. Ganz nah.
Immer vorausgesetzt, sie brach sich bei der Landung nicht alle Beine.
Kapitel 69
Lord Edmond hatte es vermieden, den beiden Gefangenen in Asnahids Reich zu begegnen. Geographische Begebenheiten waren ohnehin eher subjektiv auf dieser Ebene, und man fand seinen Weg primär dadurch, dass man sich sein Ziel definierte. Die beiden zu treffen war weit weniger prickelnd, wenn sie ihm doch nicht zur Verfügung standen. Oder zur Nahrung. Der Mensch stand unter dem Schutz der Macht, aus welchen unerfindlichen Gründen auch immer, und der Vetter stellte ohnehin nichts weiter als eine Komplikation dar, wenngleich er auch jünger und schwächer war und weitaus tiefer in die Geschicke der Menschenwelt verstrickt als Lord Edmond. Sicher war er auch weniger gewieft, weniger trickreich oder mächtig.
Eine Diskussion um das Schicksal seines Sohnes – sollte der Farfola Lord Edmonds Eingreifen in dessen Schicksal irgendwie spüren – wäre denn auch im besten Falle reine Zeitverschwendung gewesen und im schlimmsten Falle ein Grund für einen sinnlosen Kampf. Vergeudete Energie, und Energie war kostbar. Lord Edmond zweifelte keinen Moment an seiner kämpferischen Überlegenheit, doch er wusste, dass der Beschützerinstinkt gegenüber der Nachkommenschaft nicht nur Menschen zu ungeahnten Leistungen beflügelte. ‚Ich würde einen Kampf um das Leben meines eigenen Sohnes nicht verlieren ‘ , hatte der Vampir ihm versichert, als er ihm das letzte Mal begegnet war. Es mochte immerhin sein, dass die Instinkte des Blutsaugers ihm vermitteln würden, dass Lord Edmond einen Weg gefunden hatte, dem Halbblut effektvoll zu schaden, ohne es auch nur anzufassen.
Etwas hatten den Weißhaarigen beunruhigt, als er aus dem Nebelreich in sein Wohnzimmer trat. Es hatte sich angefühlt, als öffne sich gleichzeitig ein zweites Tor in die Menschenwelt. Das war ganz und gar unwahrscheinlich, jedoch nicht unmöglich. Asnahids Reich war riesig und nicht gänzlich leer. Andere Kreaturen wie die Macht lebten an den Grenzen des Seins, so weit wie möglich von Asnahid entfernt. Zumeist.
Sollte eines jener Wesen genau zu diesem Zeitpunkt beschlossen haben, die Menschenwelt zu erkunden, würde das größere Komplikationen zur Folge haben. Asnahid würde das nicht mögen, es unterbinden und dabei vermutlich mit ausnehmend großer Rücksichtslosigkeit vorgehen – egal, ob es sich um einen nahen Verwandten handelte oder nicht.
Lord Edmond betrat sein Wohnzimmer. Stephan stand bewegungslos in einer Ecke und starrte vor sich hin.
„Mantel, Hut und Stock“, befahl Lord Edmond. „Ich gehe aus. Gab es etwas Besonderes?“
„Ein Herr hat geklingelt, als Sie fort waren.“
„Was wollte er?“
„Er suchte einen Mann namens Schmidt.“
„Schmidt. Wie einfallslos. War er ein Mann Mitte dreißig, schulterlanges Haar, unauffällig gekleidet und ausgesprochen neugierig?“
„Ja, Herr.“
„Gehe ich recht in der Annahme, dass du nicht auf den guten Gedanken gekommen bist, den Besucher unauffällig und für immer verschwinden zu lassen?“
„Ja. Nein.“ Stephan schien von der Frage verwirrt.
„Damit willst du sagen, dass er sich noch bester Gesundheit erfreut? Leichtsinnig, mein guter Stephan. Sehr nachlässig. Kraucht er immer noch in der Gegend herum?“
„Nein,
Weitere Kostenlose Bücher