Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
Herr.“
„Das ist schade. Wenn er noch einmal kommt, sei so gut und räume ihn aus dem Weg. Gib gut acht, dass dich niemand dabei sieht, und bewahre die Leiche auf, bis ich wieder da bin.“
„Sehr wohl.“
„Sonst noch etwas?“
„Letzte Nacht gab es Aufregung im Treppenhaus. Man diskutierte einen Traum.“
Lord Edmond lachte.
„Weißt du, welchen?“
„Nein, Herr. Ich träume nicht.“
„Natürlich nicht. Dafür solltest du dankbar sein. Du erfreust dich meines Schutzes.“
„Ich bin dankbar.“
„Das ist nett.“
Lord Edmond warf den Mantel um sich und verließ seine stilvolle Bleibe. Wenn man Menschen etwas Positives nachsagen konnte, dann war es das, dass die schmackhaften kleinen Wesen einen Sinn für Schönheit besaßen.
Auf der Straße hielt er inne und sah sich um. Er konnte sie fast spüren, die Unbill in der Atmosphäre. Sterbliche waren zu jeder Zeit sterblich, doch es gelang ihnen gemeinhin, diese Tatsache weitläufig zu ignorieren. Sie lebten von Tag zu Tag und verschwendeten ihre kurz bemessene Erdenzeit an ihre nebensächlichen Unterfangen. Heute allerdings hing der Geruch von Untergang und Tod schwer in der Frühlingsluft. Im christlichen Glauben verhieß, und dessen war sich Lord Edmond durchaus bewusst, das Erscheinen eines mehrköpfigen Ungeheuers das Weltenende. Er hatte das immer sehr amüsant gefunden und fragte sich, ob damals, als diese Religion ihren Anfang nahm, einer der Menschen, deren Seele er gekostet und die er bis zum Wahnsinn geängstigt hatte, eventuell den Namen Johannes getragen hatte.
Allerdings war er nicht das einzige mehrköpfige Wesen im Universum. Vielleicht brauchten Menschenwesen gar nicht die Unterstützung der Sí, um sich etwas so Verschrobenes wie die Apokalypse auszudenken, und letztlich hatten die Erfindungen der Menschen eine gute Chance, wahr zu werden. Die Energie zielgerichteten Glaubens war ein wundersam starkes Instrument.
Fakt blieb, dass Menschen ihn fürchteten. Dabei hatten sie mehr als das Bild, das der talentierte Bastard gezeichnet hatte, gar nicht gesehen. Doch das war einerlei. Ihre Angst fußte auf der plötzlichen Einsicht, dass das Unwahrscheinliche nicht in jedem Fall unmöglich war. Zu jeder Zeit eine zutiefst beunruhigende Erkenntnis.
Die Straßen waren fast leer. Er hörte die Glocken einer nahen Kirche die Gläubigen zum Gebet rufen. Dieser Tag gehörte den Pfaffen. Sie würden Ernte halten inmitten der wuchernden Furcht und Reue, würden Buße austeilen und Almosen sammeln. Ablassbriefe waren außer Mode, doch das System funktionierte noch, weil die Sünder wollten, dass es funktionierte. Die Klingelbeutel der Gemeinden würden überlaufen, und die Kerzengießer Überstunden machen müssen.
Er schmunzelte. Die Luft vibrierte vor Furcht, und er kostete sie mit Wonne. Doch er hatte Dinge zu erledigen. Asnahid würde es nicht gutheißen, wenn er ohne Resultat zurückkam. Allerdings mochte ein Traumweber schwer zu finden sein.
Sein Blick fiel in die leere Seitenstraße, in der sein wissbegieriger Verfolger sich vor ihm zu verstecken versucht hatte. Er war nicht einmal ungeschickt dabei vorgegangen. Doch ein kleiner Menschenmagier war letztlich kein Gegner für Lord Edmond.
Er ging die Straße entlang und streckte die Finger aus. In seiner Spinnengestalt wäre dies einfacher gewesen, doch wenn er jetzt als Riesenspinne durch die Münchner Straßen zog, würde er nur noch mehr Aufruhr verursachen.
Die Spur konnte er ausmachen. Männlich, kein ganz junger Mann mehr, doch noch nicht alt. Willensstark. Jemand, der sich gerne in fremde Angelegenheiten einmischte. Ein Arkanwissenschaftler auf Erkundung.
Lord Edmond beschleunigte seine Schritte. Er sollte besser den Traumweber suchen. Er wusste allerdings nicht, wo er anfangen sollte zu suchen. Doch die Welt war ein Netz, und irgendwo zog eine Fliege an einem Seidenfaden. Hängengeblieben. Jetzt galt es, sie auszumachen. Er war sich auf einmal sicher, dass es eine gute Idee wäre, zunächst dem Magier nachzulaufen, der wiederum ihn verfolgt hatte.
Instinkt ließ sich nicht erklären. Doch wie die meisten Fey musste er etwas nicht erklären, um es anzuwenden und an seine Wirksamkeit zu glauben. Er lief, schmeckte beinahe den Weg, den der Mann genommen hatte, um den Häuserblock, durch das Haus, wieder hinaus, fort von den Treppen, schnell diesmal, hastig, als hätte der Mann mit einem Mal die Gefahr begriffen, in der er sich befand.
Nicht schlecht.
Lord Edmond lächelte und
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