Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman
wieder hielt Erin die Luft an. Bunte Lampions beleuchteten einen mit einem frisch gestärkten weißen Tischtuch belegten Tisch, der mit edlem Porzellan, glänzendem Silber und Kristallgläsern gedeckt und mit einer roten Rose in einer schmalen, hohen Vase sowie Kerzen dekoriert war. Ein Servierwagen stand neben dem Tisch, darauf Teller mit Speiseglocken abgedeckt und eine Flasche Champagner in einem Sektkühler voller Eis.
»Ach du meine Güte, Andy«, entfuhr es Erin. Sie nahm das Aroma von etwas Köstlichem wahr. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Das ist wunderschön«, sagte sie überwältigt. »Was ist denn der Grund für das alles? Geburtstag habe ich heute nicht, und seit einem Jahr gehen wir auch noch nicht miteinander.«
»Ich brauche doch keinen besonderen Grund, um meine wunderschöne Freundin zu überraschen«, sagte er.
»Nein, wohl nicht, das hier ist jedoch wirklich etwas Besonderes«, erwiderte Erin und lachte glücklich.
»So sollte es auch sein«, sagte Andy. Er zog ihren Stuhl vor, damit sie sich setzen konnte, dann nahm er ihr gegenüber Platz. Sehnsuchtsvolle Klänge erfüllten plötzlich die Luft.
»Wo kommt die Musik denn her?« Erin schaute über die Schulter. Am anderen Ende des Daches stand ein Klavier, daran saß ein Mann im Abendanzug und spielte. Wieder lachte sie entzückt auf. »Wie hast du denn ein Klavier hier hoch bekommen?«, fragte sie ungläubig.
»Das war ein bisschen kompliziert«, gab Andy zu, womit das Drama deutlich heruntergespielt war. Zum Glück lebte er auf, wenn er sich einer Herausforderung stellen musste.
»Du hast ja wirklich an alles gedacht«, sagte sie.
Andy stellte einen Teller vor Erin und hob die Cloche. Zum Vorschein kamen Hummer Thermidor, Folienkartoffeln und knackige grüne Bohnen. Erin lief das Wasser im Mund zusammen. Das Essen sah fantastisch aus.
»Mein Lieblingsessen«, freute sie sich.
»Natürlich«, sagte Andy. Dann hob er eine weitere Cloche und enthüllte eine Auswahl aufwendiger hausgebackener kleiner Teekuchen und Miniaturpastetchen, alles aus dem Palm Court. »Lass dir Platz fürs Dessert«, riet er.
Erin fand keine Worte. Schon mehrmals hatte sie im Palm Court beim Tee gesessen, jedes Mal war es ein wirklich überwältigendes Erlebnis gewesen. Der Teesalon war elegant wie ein Palast, und der Chefpâtissier war ein Meister im Erschaffen beeindruckender Kuchenkreationen. Seine Torten waren so imposant, dass sie beinahe zu schade zum Essen waren.
»Hat dir schon mal jemand gesagt, was für ein aufmerksamer Freund du bist?«
»Ein oder zwei meiner letzten Freundinnen haben so was in der Art erwähnt«, sagte Andy und lachte, als sie die Augen aufriss.»Ich mache doch bloß Spaß«, fügte er hinzu. »Du bist die einzige Frau für mich, Erin Forsyth.«
»Na gut«, sagte Erin und verbannte die Gedanken an seine Schürzenjägerzeiten in die hinterste Ecke ihres Bewusstseins, damit sie den herrlichen Abend genießen konnte. »Als du sagtest, du hättest etwas Besonderes geplant, habe ich mir nicht vorstellen können, dass es so etwas sein würde.«
»Freust du dich?«
»Das wäre untertrieben, Andy. Du hast dir richtig viel Mühe gemacht. Ich kann dir gar nicht sagen, wie beeindruckt ich bin.«
Erin sah in Andys attraktives Gesicht, lächelte und dachte, wie erwachsen er doch geworden war, seit sie sich kennengelernt hatten. Gesehen hatten sie sich das erste Mal ein paar Jahre zuvor, als Erin achtzehn gewesen war. Sie war mit ihren Eltern auf einer Party seiner Eltern im Hotel gewesen. Ihr erster Eindruck von Andy war, dass er unreif und ein ziemlicher Casanova war. Aber der Mann von damals war Lichtjahre entfernt von dem Mann, der er heute war.
»So schön wie heute Abend hast du noch nie ausgesehen«, sagte er. Sie trug ein blassrosafarbenes Kleid, das ihr langes dunkles Haar und ihre dunkelbraunen Augen betonte.
»Das macht die schummrige Beleuchtung, die schmeichelt mir«, erwiderte Erin und lächelte scheu.
»Nein, das ist es nicht«, erwiderte Andy. »Du bist bei jeder Beleuchtung wunderschön.«
Er hatte sie immer schon für eine der attraktivsten Frauen Londons gehalten, und für eine der intelligentesten, doch als sie einander dann vorgestellt wurden, fand er, dass sie nicht die Art Frau war, mit der er normalerweise ausging. Sie studierte Kunstgeschichte und verkehrte mit Künstlern wie Malern und Bildhauern. Andy ging mit den typischen Partymädchen aus und trieb sich bis in die frühen Morgenstunden in Nachtclubs
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