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Jenseits des Meeres liegt die ganze Welt

Titel: Jenseits des Meeres liegt die ganze Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Audur Jónsdóttir
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krachend schlagen sie aneinander. Unglaublich, wie Arndís es geschafft hatte, diese Dinge direkt vor meiner Nase zu tun, ohne dass mir der leiseste Verdacht gekommen war. Ich hätte etwas merken müssen. Sie hatte zwar alles getan, um den Plan geheim zu halten, doch merkwürdig war es trotzdem. Merkwürdig, merkwürdig, merkwürdig. Auch das mit Benni und den drei Männern und diesem Unternehmen. Ich wende mich dem Computer zu und starre auf den Namen in dem Eingabefeld der Suchmaschine: Futura nostra . Knalle das Glas auf den Tisch und suche weiter nach etwas, von dem ich nicht weiß, was es ist. Suche und suche, klicke etwas an und suche weiter. Suchet, so werdet ihr finden! Dann suche ich nach Futura nostra + Mord . Zögere. Klicke. Stütze mein Kinn auf eine Hand, als ich die Wörter Gott , Blut und Futura nostra in einem Suchergebnis entdecke.
    Klicke noch einmal.
    Auf dem Monitor schweben die in Blut gebadeten Logos einiger Großkonzerne, das Logo von Futura nostra ist auch dabei, ein Kind in der Handfläche eines Erwachsenen. Rechts auf der Homepage lächelt ein pausbäckiger blonder Mann aus einer Ecke, unter seinem Gesicht tanzen Buchstaben, die aussehen wie aus einem Kinderbuch, und bilden den Satz: Ich heiße John Paul Hansen, und ich bin Christ.
    Die Homepage sieht sehr selbstgemacht aus, orange und rosa, wahrscheinlich gebührt die zweifelhafte Ehre diesem John Paul. Auf der linken Seite des Bildschirms blinkt eine Aktentasche mit der Aufschrift Texte . Die Neugier packt mich, ich fasse die Maus fester und hebe den linken Finger, dann halte ich inne, als Stefanía auf dem Gang schreit. Was soll denn das werden?
    Durch die geöffnete Tür sehe ich, wie sie auf den Mann mit der Uhr zustürmt. Er winkt mir noch kurz zu, dann muss er den Rückzug antreten, mit der tickenden Reisetasche in der Hand und Stefanía auf den Fersen. Er muss von dem Empfang gelesen haben. Ein Glück, dass er es nicht geschafft hat, bis zu dem Weißwein vorzudringen, das hätte einen Weltuntergang gegeben. Vielleicht kommt einmal der Tag, an dem die Wissenschaftler bei Futura nostra etwas dagegen tun können, dass Leute viel zu früh ihre engsten Verwandten verlieren, so wie er. Vielleicht können sie verhindern, dass sich Zellen zu früh krankhaft verändern, vielleicht können sie irgendwann festlegen, wann der richtige Zeitpunkt für den Tod gekommen ist.
    Was für ein sonderbares Unternehmen. Ich sehe grübelnd auf den Bildschirm, wende mich aber sofort wieder ab, als Stefanía den Mann schimpfend hinausschmeißt. Schluss damit. Ich habe Arndís versprochen, die Sache auf sich beruhen zu lassen, das Kind wird es schon schwer genug haben.
    Ich trinke das Wasser aus und klicke diese geschmacklose Homepage weg, allerdings nicht ohne vorher den Link an meine private E-Mail-Adresse zu schicken. Dann drucke ich mir die Liste mit den Dingen aus, die ich noch für den Empfang erledigen muss, und schleiche mich in die Küche, ohne Stefanía eine Gelegenheit zu geben, über meine Trödelei zu meckern. Poliere noch mehr Gläser und stelle sie in ordentlichen Reihen auf den Tisch, während die Brüder sich nachschenken. Dann fällt mir ein, dass Helgi immer noch etwas zum Anziehen braucht. Und Axel Geld. Und ich beides. Es gibt Dinge, die dringender sind, als Stefanías Ansprüchen zu genügen.
    Als sie kurz weg ist, ergreife ich meine Chance. Stelle mich vor die Brüder, fange ihren Blick auf und sage mit leichter, gewinnender Stimme: Ihr müsst mir 100 000 Kronen als Weihnachtsgeld zahlen, sonst verrate ich den Klatschblättern, was der Apfelwein in den letzten Jahren für einen Einfluss auf den literarischen Geschmack der Fackelträger der Kultur bekommen hat.
    Die Brüder sehen sich an, erst lächelt der eine, der andere tut es ihm nach, sie strahlen über das ganze Gesicht, dann fangen sie aus Leibeskräften an zu lachen. Du bist schon fast so witzig wie deine Mutter, sagen sie wie aus einem Mund, paffen ihre Zigarren und sehen aus wie lustige Lokomotiven. Solche Klassefrauen dürfen sich unmöglich mit weniger als 150 000 Kronen Weihnachtsgeld zufriedengeben. Wir sagen Stefanía, sie soll es dir gleich überweisen. Ach, sagen wir 200 000. Du liest dann einfach im neuen Jahr mal ein bisschen Korrektur. Zum Beispiel den Band mit den Gedichten der Guantánamo-Häftlinge.
    Und sie erheben die Gläser.
    Stefanía bekommt kaum noch Luft, als ich sie bitte, Axel und mir je 100 000 Kronen zu überweisen, ich schreibe ihr seine Kontonummer

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