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Jenseits des Meeres

Titel: Jenseits des Meeres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Langan
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sammelte dort Kräuter. Blüten und Wurzeln. Dann suchte sie sich einen flachen Gesteinsbrocken sowie einen kleineren Stein. Sie kniete nieder, sortierte die Pflanzenteile und begann, sie zu zerstampfen.
    Nachdem die Pferde gesattelt und bereit waren, kehrte Kieran zur Lichtung zurück. Der Anblick, der sich ihm dort bot, machte ihn vorübergehend sprachlos: Megan strich seinem Bruder sanft eine Salbe über die Wunden, und was noch verblüffender war, Colin schien durchaus nichts dagegen zu haben.
    Gegen einen knorrigen alten Baumstamm gelehnt, blieb Kieran außer Sicht. Er beobachtete und lauschte nur.
    „Wo habt Ihr die Kunst des Heilens gelernt, Megan?“ erkundigte sich Colin.
    „Das weiß ich nicht mehr.“
    Da er Angst aus ihrer Äußerung herauszuhören glaubte, dämpfte Colin seine Stimme. „Macht Euch keine Sorgen. Ihr werdet Euch bald wieder an alles erinnern.“
    „Das hoffe ich“, murmelte Megan, und Kieran sah, wie sie kurz die Lippen zusammenpresste. „Ich ertrage es nicht zu leben, ohne zu wissen, wer ich bin.“
    Jetzt war sie fertig und half ihm, das Hemd überzustreifen. „Könnt Ihr aufstehen?“
    Schwer auf ihren Arm gestützt, gelang es Colin, auf die Füße zu kommen. Megan merkte, wie sehr ihn das anstrengte. Schweißperlen standen ihm auf der Stirn. Er biss die Zähne zusammen, und in seinen Augen spiegelte sich der Schmerz.
    „Ihr seid noch nicht in der Lage zu reiten“, stellte Megan behutsam fest.
    „Ich will aber reiten!“ erklärte Colin heftig. „Und falls ich nicht auf einem Pferd sitzen kann, werde ich Kieran befehlen, mich darauf festzubinden. Wir dürfen keine Zeit verlieren.“
    Beide schauten auf, als Kieran herankam.
    „Bist du bereit, Colin?“
    „Ja.“
    Megan warf einen Blick auf den schmächtigen aschblonden Jüngling, dessen schönes Gesicht trotz seines rotbraunen Bartwuchses unschuldig wirkte. Sie verglich ihn mit dem Mann neben ihm, der beeindruckend groß war. Er hatte einen dichten schwarzen Bart.
    Aus der Nähe betrachtet, fiel ihr auf, dass beide Brüder die gleiche Augenfarbe sowie die gleichen vollen Lippen hatten, doch von diesen Ähnlichkeiten abgesehen, besaßen sie nur wenig Gemeinsamkeiten.
    Kieran hatte die Haltung eines Kriegers und strahlte Autorität aus. Ganz offensichtlich war er ein Mann, der es gewöhnt war, Befehle zu erteilen, die dann auch befolgt wurden. Colin dagegen war ein sanfter, beinahe scheuer Jüngling mit leiser Stimme. An seiner Ausdrucksweise erkannte sie, dass er sehr gebildet war.
    Kieran half seinem Bruder in den Sattel. Mit raschen, ungeduldigen Gesten hob er Megan auf das zweite Pferd. Diese hastigen Berührungen übten auf beide eine seltsame Wirkung aus, obwohl sie sich bemühten, dieses Gefühl zu ignorieren. Kieran schwang sich hinter Megan in den Sattel und nahm die Zügel auf.
    Während sich die Rösser bewegten, saß Megan steif vor Kieran. Diese Arme hatten sie auch auf dem langen Weg hierher gehalten. Das wusste sie, weil sie den leichten Moschusduft wieder erkannte. Zärtlich wie eine Mutter ihr Baby hatte er sie gehalten, und sie hatte sich an ihn geschmiegt wie ein hilfloses Kind. Noch jetzt errötete sie leicht bei der Erinnerung daran.
    Hinter ihr kämpfte Kieran mit seinen eigenen Dämonen. Weshalb war Megans Körper aber auch so weich und einladend? Während der langen Heimreise würde er sich anstrengen müssen, diese Gefühle zu unterdrücken. Seine Familie, sein Leben war gefährdet. Da durfte er es sich nicht erlauben, sich von einer fremden Schottin betören zu lassen.
    Sie ritten stundenlang dahin, wobei sie nie den Wald verließen, denn er bot ihnen einen gewissen Schutz. Colin, den Megan für zu schwach gehalten hatte, um auf einem Pferd zu sitzen, verblüffte sie. Auch Kieran wunderte sich, dass sein Bruder kräftig genug war, eine solche Entfernung zurückzulegen.
    Als sie schließlich Rast machten, half er Megan aus dem Sattel und eilte dann sofort zu seinem Bruder. Die Erschöpfung war Colin anzusehen, und sobald seine Füße den Boden berührten, sank er auf den Knien in sich zusammen.
    „Wir übernachten hier.“ Kieran nahm die Zügel beider Pferde auf und führte die Tiere an einen kleinen Wasserlauf.
    Bei seiner Rückkehr hatte Megan bereits einen der Umhänge unter einem Baum ausgebreitet und half Colin, sich darauf zu setzen.
    Kieran riss ein Stück Geflügelfleisch vom Knochen, das er seinem Bruder reichen wollte, doch dieser winkte nur schwach ab. „Nein danke. Ich bin zu

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