Jenseits des Meeres
an die Oberfläche kam, bewegte sie sich gemächlicher von einem Ufer zum anderen. Es freute sie, dass sie so gut schwimmen konnte. Welche anderen Talente besitze ich wohl noch, fragte sie sich lächelnd.
Bis ihr Gedächtnis zurückkehrte, musste sie so viele Dinge über sich selbst in Erfahrung bringen, und genau das wollte sie auch tun. Sie war entschlossen, alles über die Frau namens Megan herauszufinden.
An einer Stelle flussaufwärts tränkte Kieran die Pferde, bevor er sie festband. Die Gestalt im Wasser fesselte seinen Blick. Sie warf den Kopf herum, und das Wasser spritzte in alle Richtungen. Wie einen Schleier ließ sie die Strähnen dann im Wasser treiben. Kieran beobachtete, wie sie ans Ufer watete. Ihr elfenbeinfarbenes Hemd klebte an ihrem verführerischen Körper. Heißes Begehren erfasste ihn.
Kieran ließ den Blick von ihren festen Brüsten zu der Taille schweifen, die so schmal war, dass er sie mit den Händen bestimmt zu umspannen vermochte. Als Megan sich schließlich in einen warmen Umhang hüllte, wäre er am liebsten zu ihr gegangen und hätte ihr dieses Kleidungsstück heruntergerissen und sie an sich gepresst. Er atmete einige Male tief durch, um seine Erregung zu dämpfen.
Jetzt kniete Megan sich vor den großen Stein und zerstampfte die Kräuter und Wurzeln zu frischer Heilsalbe, die sie in ein kleines Stück Stoff wickelte.
Als sie danach fortging, legte auch Kieran seine Sachen ab und stieg in den Fluss. Um wieder zur Vernunft zu kommen, gab es nichts Besseres als ein Bad im kalten Wasser. Kurze Zeit später kehrte er zu der Lichtung zurück und fand Megan neben seinem schlafenden Bruder kniend vor. Sie strich ihre frische Heilsalbe auf seinen geschundenen Rücken.
Nun erhob sie sich. „Seine Verletzungen beginnen allmählich zu heilen, doch es wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen, bis er ganz wieder hergestellt ist. Die Wunden sind sehr tief, und sie haben bereits geeitert.“
„Ja.“ Als er sich sein Hemd überstreifen wollte, legte Megan ihm die Hand auf den Arm.
Sofort bedauerte sie ihre Impulsivität. Die Hitze durchfuhr sie wie ein Blitzschlag. Kieran spürte ihr Erbeben offenbar ebenfalls und bemühte sich, es sich nicht anmerken zu lassen.
„Ich ...“ Megan befeuchtete sich die Lippen mit der Zunge. „Die Striemen auf Eurem Rücken konnten mir nicht entgehen. Lasst mich auch bei Euch meine Salbe auftragen.“
Ihr tat das Ganze schon Leid, doch nun konnte sie keinen Rückzieher mehr machen.
„Dazu besteht keinerlei Notwendigkeit.“ Er wandte sich ab, doch ehe er sein Hemd anzulegen vermochte, sah sie aus der Nähe die schlimmen Verletzungen.
„Kniet nieder, Kieran. Selbst in diesem Zwielicht kann ich alle Anzeichen einer Entzündung erkennen.“
Widerstrebend kam er ihrer Aufforderung nach, und Megan fing an, die Salbe über seine Wunden zu streichen. An seinem Nacken begann sie, spreizte dann die Hände und verteilte langsam kreisend die weiche Masse über seinen Schultern. Wie breit die doch waren, und wie muskulös seine Arme! Seltsam, dass ihr solche Gedanken bei Kieran kamen. Als sie zuvor Colin einrieb, hatte sie an dergleichen überhaupt nicht gedacht. Sie merkte, dass ihr Mund trocken wurde, und zwang sich zu schlucken.
Sie bewegte die Hände tiefer hinab und verteilte die Heilsalbe auf den zahlreichen entzündeten Stellen.
„Hat man Euch die Verletzungen im Gefängnis zugefügt?“
„Ja.“ Er fand es lästig, antworten zu müssen.
Wie lange war es schon her, dass eine Frau ihn berührt hatte? Er hatte schon ganz vergessen, wie sich das anfühlte.
Obgleich Megan recht kleine Hände hatte, steckte doch erstaunliche Kraft in ihnen, und während sie drückten, kneteten und sein geschundenes Fleisch beruhigten, entrang sich ein Seufzen seinem tiefsten Innern.
„Wer einen anderen derartig foltern kann, ist kein Mensch“, erklärte sie zornig. „Das ist ein Monster, welches keine Gnade verdient. Seid Ihr deshalb aus dem Gefängnis entflohen?“
Kieran schwieg so lange, dass Megan schon dachte, er hätte ihre Frage möglicherweise überhaupt nicht gehört, doch als er sprach, schwang in seiner Stimme kalte Wut mit. „Nein. Ich konnte das
Auspeitschen schon aushalten, doch ich wusste, dass Colin nicht noch mehr ertrug. Besonders dann nicht, nachdem unser Wärter uns mitteilte, dass wir zu Tode geprügelt werden sollten.“
„Großer Gott! Worin bestand denn Euer Verbrechen?“ Megan merkte nicht, dass sie die Hände nicht mehr
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