Jenseits des Meeres
„Möglicherweise wollt Ihr mich einmal herausfordern“, schlug sie lachend vor. „Dann könnt Ihr Euch ja selbst von meinen Fähigkeiten überzeugen.“
„Ich könnte doch gegen eine Dame keine Waffe heben, besonders nicht gegen eine Lady, die so hübsch ist wie Ihr.“
„Genau damit rechnet sie ja“, warf Kieran ein. „So schafft sie es, zahlreiche Gegner zu überwältigen. Jeder hält sie für zu schwach und zu zerbrechlich für einen ernst zu nehmenden Opponenten, und wenn die gegnerischen Krieger dann ihren Fehler erkennen, sind sie schon entwaffnet und hilflos.“
„Nicht doch, Mylord.“ Megan blickte in die Runde der Männer. „Wenn Ihr noch mehr von meinen Geheimnissen preisgebt, müsste ich Euch herausfordern, und Ihr wollt Euch doch vor allen Euren
Freunden nicht von einer Frau schlagen lassen.“
Die Anwesenden lachten über Kierans grimmige Miene. „Da seht ihr, was ich alles ertragen musste, seit ich diese junge Dame kennen lernte.“
Tavis Downey guckte seinen alten Freund über den Tisch hinweg an und schaute dann zu Megan. „Nur Kieran O’Mara konnte einer Frau begegnen, die wie ein Engel aussieht und dabei wie der Teufel zu kämpfen versteht. Wir anderen laden uns wahrscheinlich immer nur Frauen auf, die wie Hexen wirken, sich beim kleinsten Schatten erschrecken und dann hilflos in Tränen ausbrechen. “
Die Männer grölten.
„Was ist eigentlich mit deiner Hand passiert, Tavis?“ fragte Kieran übergangslos.
Verlegen ließ Tavis die Hand in den Schoß sinken. „Heute Morgen half ich dem alten Padraig in den Stallungen, und da hat sich eines der Pferde einen Happen von mir abgebissen.“ Er grinste. „Der alte Mann wird mit jedem Tag langsamer. Er sollte sich auf einen Strohsack in einer Ecke der Spülküche zurückziehen.“
„Wenn ihm die Möglichkeit genommen wird, bei den Tieren zu arbeiten, wäre das der Tod des Alten“, sagte Kieran leise.
„Falls deine Verletzung wehtut, Tavis, dann bitte doch Megan, sich darum zu kümmern“, empfahl Colin und setzte sich neben Kieran. „Sie kann aus Kräutern und Wurzeln eine Heilsalbe her-stellen.“ Er warf Megan einen herzlichen Blick zu. „Dank Euch sind meine Wunden völlig verheilt.“
„Eine Heilerin! “ Hugh Cleary musterte sie voller Bewunderung. „Hoffentlich finde ich Euch an meiner Seite, Mylady, wenn ich das nächste Mal in die Schlacht ziehe.“
Die Männer hörten Sir Cecils Stimme vom Eingang her. „Ihr solltet nicht von einer Schlacht reden, solange ich mich unter diesem Dach befinde. Wir sprechen hier ausschließlich darüber, wie wir euch auf friedliche Weise auf unsere Seite bringen.“
Die Männer wandten sich dem Eingang zu, wo Sir Cecil neben Lady Katherine stand. Mit einer galanten Verbeugung legte er sich ihre Hand auf den Arm und führte sie zu einem hochlehnigen gepolsterten Stuhl an der Tafel. Die Vertraulichkeit, mit der er das tat, entging Kieran durchaus nicht. Doch er ließ sich seine Empfindungen nicht anmerken. Megan indes sah einen kleinen Muskel in seiner Wange zucken.
„Gebt nur Acht, meine Freunde“, sagte Sir Cecil, während er seinen Platz an der Tafel einnahm. „Falls einer eurer Landsleute an eine Schlacht auch nur denkt, so ist das schon ein Verbrechen, das mit dem Tode bestraft wird.“ Lächelnd meinte er zu Lady Katherine: „Ich bin jedoch als Euer Freund hier. Ich sehe und höre nichts.“
Er füllte sich seinen Teller und begann zu essen, als kümmerte ihn überhaupt nichts. An Kieran gewandt, fügte er noch hinzu: „Euch möchte ich nur mahnen zu bedenken, was Eurer lieben Mutter geschieht, falls Ihr und Euer Bruder erneut eingekerkert oder -noch übler - in einer Schlacht getötet werdet.“
Nun fuhr Lady Katherine energisch dazwischen, denn sie hoffte, der Situation die Schärfe zu nehmen.„Genug jetzt mit dem Gerede von Schlachten! Wo ist eigentlich Euer Sohn, Sir Cecil?“
„James liegt noch im Bett. Ich fürchte, die Kanalüberquerung und unsere gestrige Jagd haben ihn erschöpft. Beim Mittagsmahl wird er uns jedoch wieder Gesellschaft leisten.“
„Wann reist Ihr wieder nach England ab?“ Kieran beobachtete den Mann über den Rand seines Humpens hinweg.
Sir Cecil lächelte träge. „Das habe ich noch nicht entschieden. Als ich herzukommen beschloss, dachte ich noch, Ihr wäret tot, und da beabsichtigte ich, ein wenig länger hier zu verweilen, um Eurer armen Mutter bei ihren Angelegenheiten zu helfen. Doch nun biete ich Euch, Kieran, meine Dienste
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