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Jenseits des Nils: Roman (German Edition)

Jenseits des Nils: Roman (German Edition)

Titel: Jenseits des Nils: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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sanft, aber bestimmt niederdrückte. Er sah ihr zu, wie sie sich in einer Ecke der Hütte hinhockte, mit irdenen Töpfen und Krügen hantierte, hörte das Gluckern von Wasser. Dann stellte sie eine Schale mit Gemüse, erkalteten gebratenen Fleischstücken und Fladenbrot vor ihn hin sowie einen Krug mit Wasser und ließ sich gegenüber von Jeremy nieder. Er zögerte kurz, doch dann stürzte er sich auf das Essen, voller Scham darüber, dass er sich nicht beherrschen konnte und gierig schlang wie ein Tier. »Shukran« , murmelte er zwischen zwei hastigen Bissen. »Shukran.« Sie nickte nur und lächelte mit ihren dunklen Augen. »Shukran« , sagte er noch einmal, nachdem er den letzten Mundvoll mit viel Wasser hinuntergespült hatte.
    Sie nickte wieder und stellte das Geschirr beiseite, rutschte näher. Jeremy zuckte zurück, als sie ihm die Hand auf den Schritt legte, sich halb auf seine Beine hockte. »Du mir Kind machen«, gurrte sie. »Dann du frei und ich frei.«
    »Nein«, wollte er rufen, doch es kam nur als heiseres Flüstern heraus. Sein Körper verriet ihn; das Mädchen wusste sehr gut, wie sie ihn mit ihren Fingern locken und erregen konnte. Nein. Sein Körper, der so lange keine Frau mehr gehabt hatte. Nicht, seit er Grace begegnet war. Grace. Wie ein körperlicher Schmerz traf ihn der Gedanke an sie. Len. Ob Leonard den Krieg überlebt hatte, mit seinem sprichwörtlichen Glück? Len und Grace. Wie lange war er schon hier? Lange genug, dass Grace nicht mehr darauf hoffen konnte, dass er zurückkam? Verdenken könnte er es ihr nicht; nicht einmal, wenn sie Leonard heiratete. Ein elendes Gefühl machte sich in ihm breit, mischte sich mit der Dankbarkeit, die er für dieses Mädchen empfand, und jeglicher Widerstand in ihm erlahmte. Er ließ es zu, dass sie seinen Oberkörper niederdrückte, seine Hosen öffnete und sich unter Stoffgeraschel auf ihn setzte. Er stöhnte auf, eher verzweifelt denn vor Lust, als sie sich über ihn stülpte und sich zu bewegen begann. Denk an Grace. Stell dir vor, es wäre Grace. Grace’ schlanker Leib, ihre weiche Haut. Ihre braunen Augen, die so warm, so sanft blickten und in denen weit, weit hinten doch ein solches Feuer brannte. Grace. Ein Schluchzen entfuhr ihm, als sich seine Erregung entlud, in einem Zucken, einem Aufschaudern, wie in weiter Ferne, das nichts in ihm zu berühren vermochte. Ekel und Scham durchrollten ihn, und sein Magen, der lange nicht mehr so gefüllt gewesen war, zog sich zusammen und wand sich, und ein saurer Geschmack stieg ihm in den Mund. Verzeih mir, Grace, bitte verzeih mir.
    Jeremy verspürte fast so etwas wie Erleichterung, als er vor der Hütte Stimmengebell vernahm. Es gelang ihm gerade noch, mit zitternden Händen seine Hosen zu schließen, dann stürmten bereits Derwische durch den Einlass, packten ihn und das Mädchen, das aus Leibeskräften schrie, zerrten sie beide hinaus.
    »Nicht«, brüllte er. »Nicht! Sie kann nichts dafür! Ich bin schuld, ich allein!«
    Sie verstanden ihn nicht, doch es wäre ihnen wohl ohnehin gleichgültig gewesen. Unter den mit ausdrucksloser Miene glotzenden Bewohnern des Dörfchens prügelten die Derwische mit dem Griff ihrer Speere und mit bloßen Fäusten auf das weinende und offenbar um Gnade bettelnde Mädchen ein. Schließlich kehrten sie die Speere um und stachen auf sie ein. Bis sie als lebloses Bündel auf dem Boden lag, in einer Lache ihres eigenen Blutes, klaffende Wunden im Leib und die dunklen Augen im zerschmetterten Gesicht starr in die Ferne gerichtet.
    Willenlos ließ Jeremy sich durch den Nil hindurch zurück nach Omdurman schleifen. Viel zu kurz war die Zeit gewesen, in der er sich frei gewähnt hatte, und der Preis dafür war entsetzlich hoch gewesen. Viel zu hoch. Er wehrte sich nicht, als sie ihn auf den Markplatz führten, in Richtung der Galgen, ihn bäuchlings zu Boden stießen und seine Handgelenke an den Pflöcken festbanden, die in den Boden gestampft waren. Er zuckte nicht einmal zusammen, als er das Knallen der kurbash über sich vernahm. Schneidend zischten die Peitschenstränge aus Flusspferdhaut auf seinen Rücken nieder, zerfetzten schnell sein Gewand und rissen ihm die Haut auf bis aufs rohe Fleisch auf. Das. Geschieht. Mir. Recht. Warm lief ihm das Blut über den Körper. Ich. Verdiene. Es. Washabichnurgetanwashabichnurgetan. Grace. Es tut mir leid. Vergib mir. Mädchen, vergib mir. Es tut mir so leid.

39
    Staubig grau stand das Dämmerlicht im Zimmer hinter den

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