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Jenseits des Protokolls

Jenseits des Protokolls

Titel: Jenseits des Protokolls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Wulff , Nicole Maibaum
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und natürlich. Dennoch ist er stiller als früher, introvertierter und fragt mich und meinen Mann seitdem so gut wie nichts über unsere neuen Arbeitsperspektiven. Er weiß, denke ich, sehr genau, dass es ein großer Einschnitt in unserem Leben ist und wir uns neu orientieren müssen. Ich weiß, dass er Ängste hat, Zukunftsängste, doch mir fehlt derzeit die Kraft, ihm vielleicht Antworten zu geben auf Fragen, die er sich stellt. Ich weiß nicht, wie genau die Zukunft aussieht. Ich weiß aber, dass ich für meine Kinder da sein und selbstverständlich wieder arbeiten werde. Und: Mir ist es wichtig, das Haus in Großburgwedel zu halten. Es ist unser Zuhause.
    Und noch etwas: Ich denke, jeder Medienwissenschaftler hätte seine Freude daran zu beobachten und zu analysieren, wie sich Leanders Sichtweise auf die mediale Berichterstattung verändert hat. Mit welcher Skepsis er jetzt in einer Zeitung blättert. Lange ist er davon ausgegangen, wie es eben leider auch etliche Erwachsene tun, dass alles, was er in einer Zeitung liest oder in den Fernsehnachrichten hört, die Wahrheit ist. Seitdem ich ihm erklärt habe, dass aber manchmal vielleicht nur ein Teil von dem stimmt, manchmal sogar alles falsche Behauptungen sind, ist er nachdenklich geworden. Als gegen Ende April, an einem Montag, bei uns tatsächlich einmal wieder die Bild -Zeitung auf dem Tisch lag, Leander im Sportteil blätterte und dort stand, dass Sebastian Vettel das Formel-1-Rennen in Bahrain gewonnen hatte, sagte er zu mir: »Sag mal, Mama, das stimmt doch aber jetzt: Der Sebastian Vettel hat doch wirklich gewonnen, oder?« Da habe ich laut lachen müssen, habe genickt und gesagt: »Ja, das stimmt.«
    Aber: Eine gesunde Skepsis gegenüber der Presse zu haben und vielleicht auch gegenüber denen, die für sie arbeiten, ist vielleicht ganz gut. Denn manchmal spuken in den Köpfen von Journalisten die abenteuerlichsten und unschönsten Geschichten herum …

12 Die Vorwürfe
    Unser Haus, unsere Urlaube, unsere Freunde. Mein Auto, meine Kleider, mein Studium. Viel ist darüber geschrieben worden und irgendwann gab es meiner Meinung nach – und zum Glück übrigens auch tatsächlich nach Meinung einiger Journalisten – kein Halten mehr. Die Grenzen der Privatsphäre wurden mehrfach weit überschritten. So werde ich mich auch nicht rechtfertigen und es auch nicht versuchen. Denn dazu sehe ich keine Veranlassung. Ich werde und will mich mit diesem Buch auch nicht als Heilige oder Mutter Teresa hinstellen, aber ebenso wenig werde ich mich als Lügnerin oder Verbrecherin darstellen lassen, wie es in der Berichterstattung der meisten Medien teilweise geschah. Auch werde ich mich nicht äußern zu Anschuldigungen, die in keiner Weise mit meiner Person etwas zu tun hatten, zum Beispiel die Vorwürfe gegen den einstigen Sprecher meines Mannes. Ebenso zu einer möglichen Finanzierung von Anzeigenkampagnen zu einem Buch meines Mannes werde ich nichts sagen. Und dies etwa nicht, weil ich befürchte, sonst womöglich Schuld auf mich zu laden oder dadurch in Rechtfertigungszwang zu geraten, sondern ganz einfach aus dem Grund, weil es mich nicht betrifft. Punkt. Ich habe damit nichts zu tun. Punkt. Wobei dies im Grunde der Haken war und ist: Mein Mann und ich, wir als Ehepaar Wulff, wurden gerne, als es um die lange Liste der möglichen Vergehen ging, von den Medien über einen Kamm geschoren.
    Für mich begann, andere würde sagen der Anfang vom Ende, etwa Mitte Oktober 2011. Der Verkäufer unseres Hauses in Großburgwedel rief mich auf dem Handy an und erzählte mir, dass sich die Bild -Zeitung bei ihm gemeldet und Fragen gestellt habe, zum Verkauf des Hauses. Sogar von konkreten Korruptionshinweisen sei die Rede gewesen. Er habe daraufhin gegenüber den Journalisten erklärt, dass für ihn alles mit rechten Dingen abgelaufen sei, wir gemeinsam beim Notar waren, es einen Kaufvertrag mit uns gebe und das Geld rechtzeitig auf seinem Konto war. Aber genauso wie ich war er über die Vorgehensweise der Reporter arg verwundert, mit welcher Vehemenz sie ihn aufgespürt hatten. So lebt dieser Mann, ein über Jahre erfolgreicher aber bescheiden gebliebener Geschäftsmann, mittlerweile im Ausland. Die Bild -Zeitung suchte den Weg über den Sohn des Mannes, der schließlich den Kontakt zu seinem Vater herausgab.
    Als das Telefonat beendet war, ahnte ich nicht, dass dies erst der Beginn einer nahezu unendlichen Geschichte sein würde. Ich selbst dachte nach diesem Telefonat über

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