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Jenseits des Protokolls

Jenseits des Protokolls

Titel: Jenseits des Protokolls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Wulff , Nicole Maibaum
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im von Mathias Döpfner erwähnten Fahrstuhl ging es nach oben. Ich glaube durchaus, dass beide Seiten, wir wie die Bild , damals davon profitiert haben.
    So kam es mir und meinem Mann auch nicht verwunderlich vor, dass uns Bild -Chefredakteur Kai Diekmann mit seiner Frau Katja Kessler zu einem Abendessen in ihr Haus in Potsdam einluden. Es war in den Wochen, als Christian für das Amt des Bundespräsidenten kandidierte. Ich denke, Kai Diekmann wollte meinem Mann da einfach einmal auf den Zahn fühlen. Was er plant, wie er tickt und bestimmt wollte Kai Diekmann auch so etwas wie den Grundstein für eine weitere Zusammenarbeit legen. Eben für den Fall, wenn Christian tatsächlich Staatsoberhaupt werden sollte. Für mich war es die erste Begegnung mit Kai Diekmann und ich weiß noch, wie unwohl ich mich an diesem Abend fühlte. Zum einen kam ich mir mehr wie das schmückende, aber völlig unwichtige Beiwerk an Christians Seite vor, zum anderen, und das war besonders ausschlaggebend für meine Gefühle, war da dieses wahrlich beeindruckende Haus und dieses Paarensemble Diekmann-Kessler. Er der Typ »Macher«, sie lässig durchgestylt. Mich beschlich das Gefühl, dass dies alles eine mächtige Inszenierung ist. Zugegeben perfekt. Dass so eine Fassade mit zum Spiel gehört, wusste ich damals noch nicht. Die Erfahrung habe ich erst nach und nach in Berlin gemacht und mir letztlich ja auch selbst gelegentlich eine Fassade angeeignet, zum Selbstschutz.
    Im Nachhinein erstaunt es mich übrigens fast, dieses damalige Interesse von Kai Diekmann an meinem Mann. Selbstverständlich war es professionell, als Journalist und Chefredakteur der Bild -Zeitung einen Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten zu befragen und dies eventuell auch in einem privaten Rahmen. Doch eigentlich wollten einige Journalisten des Springer-Verlags wohl einen anderen Bundespräsidenten als Christian. So titelte die Bild am Sonntag am 6. Juni 2010, lediglich zwei Tage nach Christians Nominierung: »Yes, we Gauck«. Auch auf dem Cover des Magazins Der Spiegel stand einen Tag später, am 7. Juni 2010: »Joachim Gauck – Der bessere Präsident.« Wenn ich böse wäre, könnte ich da ja fast zu dem Entschluss kommen, die ganze später folgende Geschichte hatte einen großen Plan. Aber das tue ich einmal nicht.
    Sozusagen die Gegeneinladung für das Abendessen folgte Ende September 2010. Christian war zum Bundespräsidenten gewählt worden und wohnte bereits in Berlin. Wir wussten, dass es wichtig wäre, den Kontakt zum Axel-Springer-Verlag zu pflegen, und luden Kai Diekmann mit seiner Frau zu einem Frühstück ins Schloss Bellevue ein. Es wurde über Politik gesprochen, beispielsweise diskutierten gerade die Männer eifrig den Satz »Der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland«, den Christian zum bevorstehenden Feiertag der Deutschen Einheit sagen wollte. Aber ich plauderte mit Katja Kessler auch über die Kinder, wir tauschten sogar unsere Nummern aus und ich war später einmal mit Linus und Leander bei ihr. Trotzdem sollte und konnte dieses Frühstück nicht der Beginn einer wundervollen Freundschaft werden. Dazu waren die Positionen zu deutlich verteilt und manchmal denke ich rückblickend, dass mir das bewusster war als Christian. Kai Diekmann ist einfach ein Fuchs. So war zum Beispiel dieses Frühstück ein nettes Beisammensein, bis zu dem Moment, als er mich ohne Vorwarnung fragte, was denn an den Gerüchten zu meiner vermeintlichen Vergangenheit im Rotlichtmilieu dran sei. Einige seiner Redakteure hätten Derartiges in einer Redaktionskonferenz erwähnt und recherchierten in diese Richtung. Ich war völlig entgeistert, mir blieb fast das Brötchen im Halse stecken. Da saßen wir beim Frühstück zusammen und dann stellt dieser Mann so eine Frage. Zwar versuchte ich noch, meine Fassungslosigkeit mit einem ironisch gemeinten »Das ist ja interessant!« zu überspielen und Kai Diekmann meinte, dass damit das Thema für ihn erledigt sei. Doch für mich war damit auch das ganze Frühstück gegessen.
    Es ist schwierig zu sagen, wann sich das Verhältnis zu den Medien zugespitzt hat. Im Grunde ja schon hinter unserem Rücken Mitte Dezember 2010, also nur wenige Monate nach Christians Amtsantritt, das Magazin Der Spiegel beim Amtsgericht Burgwedel die Einsicht in das Grundbuch beantragte, um Näheres über die Konditionen zum Kauf unseres Hauses zu erfahren. Der Antrag wurde vom Amtsgericht und Oberlandesgericht abgelehnt, der Spiegel legte

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