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Jenseits des Protokolls

Jenseits des Protokolls

Titel: Jenseits des Protokolls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Wulff , Nicole Maibaum
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Beschwerde beim Bundesgerichtshof ein und bekam dort Recht zugesprochen. Ein Prozess, der sich fast über ein Jahr, bis Ende Oktober 2011, hinzog und schließlich auch andere Magazine und Zeitungen aufscheuchte, der Sache nachzugehen – die Bild -Zeitung eingeschlossen. So kam es auch zu dem Punkt, der rückblickend betrachtet der Anfang vom Ende war und die Angelegenheit zur Eskalation brachte: dieser Anruf am 12. Dezember 2011 bei Kai Diekmann. Christian wollte mit dem Bild -Chefredakteur sprechen, bekommt aber nur dessen Mailbox zu Gehör und redet sich den Frust von der Seele.
    Ich weiß nicht, wie oft mein Mann und ich später zusammengesessen sind und darüber, über diesen Anruf, gesprochen haben. Davor haben wir es nicht getan und manchmal denke ich heute: »Leider.« Ich hätte mir gewünscht, dass Christian mit mir redet. Dass er die aufgestaute Wut mir gegenüber ablässt. Aber zum einen weiß ich, dass er mich in diesem Moment nicht damit belasten wollte. Er wollte mich da nicht noch weiter mit hineinziehen, zumal ich erst einige Tage zuvor zu ihm sagte, dass ich einfach nicht mehr alles wissen wolle. Zum anderen befanden wir uns zu dieser Zeit auf einer Amtsreise in der Golfregion. Donnerstags im Oman, samstags im Staat Katar, sonntags in den Vereinigten Arabischen Emiraten und dienstags im Staat Kuwait – ständig landeten wir in einem neuen Land, standen unter wahnsinnigem Zeitdruck, ein Termin, ein Treffen mit einem ranghohen Staatsmann folgte dem nächsten. Da funktioniert man im besten Fall und fällt abends müde ins Bett.
    Ich kann das Verhalten meines Mannes bei diesem Anruf nachvollziehen. Es war ein hochemotionaler, aufgeladener Moment. Es ging um unser ganz privates Leben. Christian dachte nur: »Meine Familie wird da vorgeführt, meine Freunde leiden, mein ganzes Umfeld wird von der Presse belagert.« Schließlich hatten uns sogar schon Nachbarn aus Großburgwedel angerufen, bei denen Journalisten geklingelt und um ein Interview gebeten hatten. Diese Nachbarn fanden das fürchterlich, eine Unverschämtheit. Sie fragten uns, was sie tun sollen, und wollten wissen, wann das aufhört. Ebenso hatten sich Freunde bei uns gemeldet, auch mit ihnen wollte die Presse sprechen. Ich fragte mich, wie viel eine Freundschaft aushält und ich hatte Angst, dass diese Freunde aus Eigenschutz vielleicht den Kontakt abbrechen. Alle, Bekannte wie Freunde, haben zwar gesagt, dass sie auf unserer Seite sind und uns unterstützen. Aber irgendwann hat man Angst und denkt darüber nach, wie viel die Menschen, die einen über Jahre kennen, vielleicht doch von dem allen glauben, was da verbreitet wird. Es tut gut, im Nachhinein zu sehen und zu spüren, dass tatsächlich kein Einziger, wirklich kein Einziger aus unserem näheren Umfeld von uns abgerückt ist.
    In diesen Abendstunden in Kuwait, an diesem 12. Dezember 2011, ging es darum, sich einmal Luft zu machen und zu sagen: »Jetzt reicht’s!« Und dass der Tonfall dabei nicht gerade honig-süß war, dass da auch ein paar äußerst unschöne Sätze gefallen sind , darüber kann man denken, was man will. Ich fand es menschlich. Unter anderen Umständen wäre es das Natürlichste der Welt gewesen, einfach Dampf abzulassen, einmal zu fragen, was das alles soll. Genauso zu sagen, dass es so nicht geht, und vielleicht auch jemandem zu drohen, dass er keinen Schritt weiter gehen solle. Doch in dem Amt, in Christians Position, war es ein riesengroßer Fehler. Das muss ich ebenso sagen. Ich habe dies meinem Mann nie vorgeworfen, denn ich weiß, dass er es längst selbst realisiert hat. Er hätte seine Wut für sich behalten und den Dingen auf ganz sachlicher Ebene begegnen sollen.
    Denn von den Konsequenzen – und das ist das Erschreckende daran – waren nicht nur er, sondern wir beide und sogar unsere Kinder betroffen. Ich weiß, dass Christian nicht nur entsetzt, sondern auch enttäuscht war über die Handlungsweise von Bild -Chefredakteur Kai Diekmann – eben gerade aufgrund der vorangegangenen Zusammenarbeit. Und jemandem auf die Mailbox zu sprechen, ist ja quasi ein Gespräch, das nur zwischen zwei Menschen stattfindet. Das hätte man auch privat abhandeln und zunächst mit der jeweiligen Person klären können.
    Nach dem Anruf war es vorbei mit dem vermeintlich guten Verhältnis zur Bild -Zeitung . Schlagartig kippte die Stimmung und in den ersten Tagen war ich über die Massivität und die Wucht überrascht. Die einstige Wohlgesonnenheit und Sympathie wurde von

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