Jenseits des Protokolls
Vorleben.
Aber warum haben die Medien bis heute nichts Konkretes veröffentlicht? Wäre es dem einen oder anderen Magazin zu Bundespräsidentenzeiten vielleicht noch zu heikel und wollte es sich nicht mit dem Staatsoberhaupt verscherzen, wäre doch jetzt, wo mein Mann zurückgetreten ist, eine gute Gelegenheit. Wahrscheinlich, hoffentlich, setzt dann bei den meisten Journalisten doch wieder das klare, rationale Denken ein und dass es das Wissen, dass eine derartige Story glatt erlogen wäre und es aufgrund einer extremen Persönlichkeitsverletzung zu einer Klage kommen würde. Dafür ist eine derartige Behauptung zu extrem, vielleicht das letzte verbliebene Tabu. Wohl deswegen haben die Zeitungen und Magazine nie eine große Geschichte zu diesem Thema in Verbindung mit meiner Person gebracht. Selbst die Bild -Zeitung nicht, obwohl sie vieles andere tut beziehungsweise getan hat …
14 Die Medien
Ich habe zur Bild -Zeitung ein sehr pragmatisches Verhältnis. Sie ist nun einmal die meistgelesene Tageszeitung in Deutschland. Und als Fan vom Fußballclub Hannover 96 zählte sie lange morgens auch zu meiner Lieblingslektüre. Wer spielt gegen wen? Welcher Trainer wurde entlassen? Welcher Spieler ist mal wieder mit seinem Porsche zu schnell gefahren? Die Bild schreibt nicht drum herum. Alles ist kurz, knapp und mitunter sogar unterhaltsam notiert. Darum: Immer wenn irgendwo eine Bild -Zeitung herumlag, beispielsweise in der Bahn, im Flieger oder im Café, dann habe ich sie gelesen. Ich habe sie mir früher sogar ab und an selbst gekauft und später, als ich mit Christian zusammenkam, lag sie sowieso jeden Morgen auf dem Frühstückstisch, und im Gegensatz zu meinem Mann, der am liebsten als Erstes immer die Süddeutsche liest, fiel meine Erstwahl auf die Bild . Warum auch nicht? Sofern sie nicht die einzige Zeitung ist, die man liest, und nicht all das Gedruckte für bare Münze nimmt, finde ich das nur nachvollziehbar. Man liest die Bild doch gewöhnlich nicht, um sich politisch weiterzubilden. Oder besser gesagt: Ich tue das nicht und habe es auch nie getan.
Da ich aus der Marketingecke komme, interessiere ich mich für Medien und mag somit auch keine Journalisten, die verächtlich die Nase über die Bild rümpfen oder gar leugnen, sie zu lesen. Ich weiß, dass ich vielleicht selbst deswegen meinen Studienplatz bekommen habe, weil ich mich auch zur Bild bekannte. Als mich die Professoren im Bewerbungsgespräch fragten: »Was lesen Sie denn so für Zeitungen?«, versuchte ich eben nicht, mich mit Aussagen wie »Ich lese den Feuilleton-Teil der FAZ und das ZEITmagazin « zu punkten, sondern sagte direkt: »Mir ist eine Tageszeitung mit regionalem Bezug wichtig, in meinem Fall ist das die Hannoversche Allgemeine , zudem lese ich die Süddeutsche , aber am besten, für den kurzen Überblick, finde ich die Bild -Zeitung.« Da gab es zunächst ein kurzes Räuspern in der Runde, bevor einer der Professoren meinte: »Endlich mal eine, die es zugibt.«
Die Bild -Zeitung ist ein Massenphänomen und dessen Wirkung haben mein Mann und ich leider nur allzu deutlich zu spüren bekommen. Dieses berühmte Zitat von Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender beim Axel Springer Verlag: »Wer mit der Bild -Zeitung im Aufzug nach oben fährt, der fährt auch mit ihr im Aufzug nach unten« – es ist tatsächlich so. Denn die Bild macht Meinung. Es ist alles ein großes Spiel, bei dem es nur ein Ziel gibt: Auflage zu machen! Und plötzlich Teil dieses Spiels zu sein, ein Spielball der gesamten Medien, denn da schließe ich andere Blätter mit ein, bei diesem Spiel irgendwie mitzumachen, um nicht gleich der Verlierer zu sein, das war für mich schon merkwürdig und hat mich von Beginn an überrumpelt.
Ich denke, bei mir und Christian kamen einfach ein paar Dinge zusammen, die uns gerade für die Boulevardmedienlandschaft interessant machten. Da verliebt sich ein älterer konservativer, katholischer und obendrein noch verheirateter Politiker und Familienvater in eine 14 Jahre jüngere alleinerziehende und blonde Frau. Ein Stoff, über den gelästert werden kann, der aber auch Hoffnung und den Alltag widerspiegelt, weil viele andere ebenfalls eine Trennung vom Partner hinter sich haben. Also ein Stoff für eine breite Leserschaft, der Wellen schlagen wird. Das wussten Christian und ich bereits bevor wir uns das erste Mal in der breiten Öffentlichkeit als Paar zeigten, und darum wollten wir unser – sozusagen – Outing auch so gut es geht
Weitere Kostenlose Bücher