Jenseits des Spiegels
und genauso leise wie sie uns geöffnet hatte, verschloss sie den Raum nun wieder.
Pal verzog die Nase. „Das Zeug ist widerlich.“ Er leckte mit der Zunge über seine Lefzen, als hoffte er, damit den Geschmack aus der Schnauze zu bekommen.
„Da kann ich dir nur zustimmen.“ Auch ich hatte hart an meiner Galle schlucken müssen. „Was ist das überhaupt für ´nen Zeug?“
„Er überdeckt unseren Geruch.“ Veith schritt zielsicher auf den großen, protzigen Schreibtisch zu, und machte sich daran die Schubladen zu durchsuchen, während Pal anfing den Raum abzuschürfen. Julica ging zu den Bücherregalen.
Damit blieben mir die Aktenschränke. „Und warum müssen wir unseren Geruch überdecken?“
„Wegen Kaj“, kam es leise von Julica. Sie zog ein Buch nach dem anderen raus, schüttelte es einmal aus, und stellte es dann zurück. „Sie wohnt hier, und wir können es nicht riskieren, dass sie unseren Geruch zufällig in diesem Raum aufschnappt.“
Okay, soweit hatte ich nicht gedacht. „Ihr scheint echte Profis im Einbrechen zu sein.“ Da fragte man sich doch, wie oft sie sowas schon getan hatten. Leider war hier gerade nicht der passende Ort, um so ein Thema zu besprechen, aber aufgeschoben war ja nicht aufgehoben. Ich würde es mir für später merken, denn das bedurfte dringender Klärung. So sah ich das zumindest.
Ruhig uns systematisch begann ich damit Akte um Akte oberflächlich durchzublättern. Aber mehr als Protokolle irgendwelcher Sitzungen, Anträge, Ablehnungen, Briefe der Einwohner, und all solch ein Zeug fiel mir nicht in die Hände. Auch von den anderen war nichts als leises wühlen in Papieren zu hören. Hin und wieder eine Schublade, die Veith etwas zu laut schloss. Einmal nieste Pal, als er Staub in die Nase bekam, aber das war dann auch schon alles.
Schweigend sahen wir alles durch, dessen wir habhaft werden konnten. Nach der erfolglosen Durchsuchung des Schreibtischs, gesellte sich Veith sogar an meine Seite, um die siebentausend Akten durchzusehen. Man, wozu brauchte ein Mensch nur so viel Papierkram?
„Hier ist was“, kam es dann von Pal, und hatte damit die sofortige, allgemeine Aufmerksamkeit. Vielleicht war es nicht sonderlich geistreich, dass wir einfach alles stehen und liegen ließen, aber jeder legte hin was er gerade in der Hand hatte, und eilte zu dem roten Wolf in der Ecke, der sehr intensiv an einem braunen Vorhang herumschnüffelte.
Julica war die erste die ihn erreicht hatte. Mit einem
Ritsch
riss sie den Vorhang zur Seite, und legte eine weitere Tür offen, die mir bisher noch nie aufgefallen war – wahrscheinlich war das auch der Grund für den Vorhang.
Die schwarzhaarige Lykanerin wollte schon nach der Klinke greifen, als ein „Warte!“ von Veith sie mitten in der Bewegung stoppte.
Er eilte mit mir im Rücken heran, kniff die Augen zusammen, und inspizierte so eine bestimmte Stelle auf der Tür. „Da“, sagte er dann, und zeigte auf einen Punkt an der Klinke. „Sie ist gesichert.“
Ich musste mich an Veith vorbeibeugen, um zu erfahren, was er damit meinte. Genau an der Klinke, zwischen Rahmen und Tür war ein schwaches Glühen von einer Magieader auszumachen. Es schien aus der Wand zu kommen, und in das Holz der Tür einzusickern, aber um das zu sehen, musste man wirklich sehr genau hingucken. „Was bedeutet das?“, wollte ich wissen, und richtete mich wieder auf.
Pal legte die Ohren an, und zuckte unzufrieden mit dem Schwanz. „Es beutet, dass wenn wir die Tür aufmachen, ein Alarm losgeht.“
„Vielleicht sogar schon, wenn wir die Tür berühren“, fügte Julica hinzu.
Also Fort Knox sicher. „Das bedeutet, egal was dahinter ist, Anwar will auf keinen Fall das es jemand zu Gesicht bekommt.“
Pal nickte. „Ein Grund mehr für uns, da reinzukommen.“
„Und wie?“, fragte Julica genervt. „Kannst du neuerdings Magie lenken?“
„Hör auf mich anzumachen“, knurrte er. „Ich habe nur etwas festgestellt, und von dir kam bisher auch nichts Gescheites. Wenn Veith dich nicht aufgehalten hätte, hättest du bereits den Alarm ausgelöst.“
Dafür bekam er einen wirklich bösen Blick.
Veith bekam wieder diese kleine, niedliche Falte – niedlich? –, und legte den Kopf schief, um einen besseren Blick zu bekommen. „Das wird so nichts, wir brauchen …“ Sein Kopf wirbelte herum, und im gleichen Moment hörte auch ich es. Stimmen. Draußen auf dem Korridor war jemand, und hielt genau auf diesen Raum zu.
Ich konnte gar nicht so
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