Jenseits des Spiegels
Catlin, Feriin, Erion, ja sogar Kaj – obwohl ich wegen der nicht unbedingt hier bleiben wollte. Die Wesen dieser Welt. Vielleicht wäre es einfacher, wenn ich mich nach meiner Rückkehr nicht an diese Leute erinnern könnte, aber wenn sie mir im Gedächtnis blieben, würde ich sie vermissen – besonders Veith. Ich kniff die Lippen zusammen.
Vielleicht war das im Moment nicht sonderlich gescheit – ganz bestimmt sogar –, aber die Sehnsucht nach dem Vertrauten, nach etwas dass ich nicht haben konnte, trieb mich nach oben zum Zimmer der Werwölfe. Ich klopfte nicht mal an – machte die bei mir schließlich auch nie –, ging einfach hinein, in den Raum, der nur vom Dämmerlicht des Abends erhellt war.
Tyge, Pal, und Veith saßen auf ihrem Deckenlager, und Unterbachen ihr leises Gespräch auch nicht, als ich zu ihnen hineinschlüpfte. Ein kurzer Blick in meine Richtung war alles, womit sie meine Ankunft bedachten.
Das war es was ich kannte, was mir vertraut war. Wollte ich das wirklich aufgeben, um an den Ort zu gehen, wo ich zwar geboren war, ich aber möglicherweise wieder komplett von Vorne beginnen musste? Ich konnte mich nur zu gut daran erinnern, wie ich meine ersten Tage in dieser Welt verbracht hatte, und das war nichts, was nach einer Wiederholung schrie. Andererseits wusste ich um die Welt, aus der ich stammte, zumindest im Kern, nur mich selber kannte ich dort nicht. Was sollte ich nur tun? Die ganze Zeit hatte ich nach Hause gewollt, und jetzt wo dieser Weg zum greifen nahe war, plagten mich Zweifel. Was sollte der Scheiß?
Ich gehörte hier nicht hin, meine Heimat lag in einer anderen Welt, und dort war mein Platz. Mein Aufenthalt hier, war nur ein Umstand unglücklicher Vorkommnisse, eine Abweichung von meinem eigentlichen Weg, und wenn ich erst wieder an den Ort kam, an den ich gehörte, würde alles wieder seinen gewohnten Pfaden folgen. Ich würde vergessen können was geschehen war, und wieder ein normales Leben führen, in dem Werwölfe, Hexen und Magier nichts weiter als mystische Wesen waren, die der blühenden Phantasie der Menschen entsprungen waren. Ich würde wieder ein ganz normaler Mensch sein, so wie jeder andere dort auch.
Irgendwie war dieser Gedanke nicht besonders verlockend.
Pal hob fragend den Kopf, weil ich mich seit meinem Eintritt nicht von der Tür wegbewegt hatte, und es wohl komisch aussah, wie ich da gedankenverloren rumstand, und düster vor mich hin grübelte.
Ich schüttelte nur den Kopf, wollte jetzt nicht darüber sprechen, was mich so beschäftigte, und setzte mich zu ihm, direkt auf seinen Schoß. Im ersten Moment war er doch ziemlich überrascht, dass ich ihm von mir aus so nahe kam, überwand diese aber schnell, als ich mich an ihn kuschelte, einfach nur, um etwas Vertrautes zu fühlen, etwas Greifbares, dass ich kannte.
Sanft legte er seine Arme um mich, und drückte mich an sich.
Ich spürte seinen Herzschlag, roch den vertrauten Geruch. Warum sollte ich das alles zurücklassen, um an einem Ort zu gehen, wo alles Fremd sein würde?
Pal neigte den Kopf so, dass es mir ins Gesicht sehen konnte. „Was ist los?“
Da ich darüber nicht sprechen wollte – zumindest nicht im Augenblick –, schüttelte ich ein weiteres Mal meinen Kopf. Dabei fiel mein Blick auf Veith, dem wieder seine typische Falte zwischen den Augenbrauen stand, als er mich musterte. Passte es ihm nicht, dass ich mich zu Pal gesetzt hatte, oder fragte er sich einfach nur, was mit mir los war? Da ersteres nur Wunschdenken war, tippte ich auf zweitens. „Worüber habt ihr gerade gesprochen?“
„Darüber, wie wir nun weiter vorgehen werden“, antwortete Tyge. „Nach dem Treffen mit den Rudeln stehen wir wieder ganz am Anfang.“ Er rieb sich übers Gesicht, und seufzte schwer. „Mit Hijas Aussage müssen wir Anwar von der Liste der Verdächtigen streichen, was ein weiteren Aufenthalt in seinem Haus völlig unnötig macht.“
„Was?“ Mein Kopf wirbelte so schnell herum, dass mein Genick knackte – nicht schon wieder. Das konnte doch nicht sein ernst sein. Klar, ich hatte gewusst, dass sie früher oder später gehen würden, aber doch nicht so schnell! „Ich könnt nicht gehen, es könnte noch immer Anwar gewesen sein. Vielleicht hat Hija sich ja getäuscht. Vielleicht … vielleicht war der Angriff auf sie ja gar nicht vom selben Täter, und … und …“
„Talita.“ Er legte mir seine Hand auf dem Arm, und sah mich so eindringlich an, dass ich sofort verstummte. Jetzt
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