Jenseits des Spiegels
und setzte sich dann ans Fußende des Bettes, während ich samt Handtuch unter die Decke schlüpfte. Er sprach nicht, beobachtete mich nur schweigend, als ich es mir bequem machte, mich ins Kissen kuschelte, und ich konnte sehen, wie sich die Rädchen in seinem Kopf drehten.
„Pal?“
„Hm?“
„Danke für alles.“
Dafür das du der einzige bist, der mir nicht misstraut, der in mir ein Wesen mit Gefühlen sieht, und nicht nur ein Etwas, das in dein Revier eingedrungen ist.
Dafür bekam ich wieder dieses charakteristische Pallächeln. „Das tue ich doch gerne.“
Das glaubte ich ihm sogar.
„Schlaf jetzt, Talita.“
Und das tat ich dann auch. Trotz der Tatsache, dass da ein praktisch fremder, halbnackter Mann im Bett saß, driftete ich ins Land der Träume, kaum dass ich die Augen geschlossen hatte.
Vielleicht auch gerade deswegen.
°°°°°
Tag 3
Etwas kitzelte mich im Gesicht. Eigentlich war ich noch müde, und wollte einfach weiter schlafen, aber auch nachdem ich mit der Nase gewackelt hatte, ging es nicht weg. Das waren wohl härtere Maßnahmen erforderlich. Notgedrungen hob ich die Hand, und wollte es wegwischen, nur um einen warmen Körper neben mir zu spüren. Erschrocken stieß ich mich weg, realisierte zu spät, dass das Bett nicht sehr breit war, und knallte mit dem Hintern voran auf den Boden. Geistesgegenwärtig hielt ich mein noch mein Handtuch fest, bevor sich der Knoten in Wohlgefallen auflöste. Autsch, das tat echt weh. Aber viel mehr interessierte mich, wer sich da in mein Bett geschlichen hatte.
Die Antwort bekam ich, sobald ich den Kopf gehoben hatte. Es war Pal, aber nicht so wie gestern Abend auf zwei Beinen, sondern als Wolf, der jetzt die Vorderpfoten und den Kopf über die Bettkante schob, um auf mich runterzugucken. „Bist du in Ordnung?“
„Ob ich … das ist doch völlig egal!“, fuhr ich ihn an. Auf so miese Weise geweckt zu werden, konnte selbst die liebsten Gemüter in wilde Bestien verwandeln. „Was hattest du in dem Bett zu suchen? Du wolltest doch gehen, wenn ich schlafe!“
Erwirkte nicht ertappt, und auch nicht schuldbewusst, eher amüsiert. Das fand ich reichlich ärgerlich. „Ich wollte ja auch gehen, aber du hast dich im Schlaf umgedreht, und dich halb auf mich gelegt. Ich wollte dich nicht wecken, und dann bin ich selber eingeschlafen.“
Hm, das mit dem umgedreht konnte stimmen. So wie ich hier auf dem Boden saß, legt es nahe, dass mein Kopf am Fußende gebettet gewesen war. Trotzdem gab es da noch eine Kleinigkeit, die nicht ins Bild passte. „Und warum bist du jetzt ein Wolf?“
Er zuckte nur nichtssagend mit den Schultern. „Hab mich verwandelt. Passiert im Schlaf manchmal.“
Hm … na gut. Da ich hier kein Drama machen wollte, glaubte ich ihm einfach mal. War ja auch weiter nichts passiert, ich hatte mich halt nur erschrocken.
„Willst du etwas frühstücken?“
Vor allen Dingen wollte ich meine Klamotten.
Als hätte Gott mein Sehnen erhört, öffnete sich genau in dem Moment die Tür hinter mir, und der junge Typ mit dem langen Zopf strahlte ins Zimmer. „Hey, Veith hat gesagt, ich soll dir die bringen.“ Mit meinen Klamotten in der Hand, wedelte er in der Luft herum. Sauber und trocken. Okay, irgendwen würde ich küssen müssen.
„Kovu!“, hörte man Veith aus dem Korridor rufen.
Der Kleine bekam ein Lausbubenlächeln, anders ließ sich das nicht beschreiben. „Okay, er hat es nicht gesagt. Er wollte die Sachen selber bringen, aber ich war schneller.“
Wahrscheinlich wollte er den Kleinen wieder von mir fern halten. Arschloch.
Kovu musterte mich kurz, und runzelte die Stirn. „Warum sitz du auf dem Boden?“
Diese Frage wurde nicht mehr geklärt, weil ein ziemlich angepisster Veith ins Zimmer kam. „Verdammt, Kovu, was hab ich dir gesagt?“
„Ich weiß nicht. Du redest immer so viel, das kann ich mir gar nicht alles merken.“
Viel reden? Also bisher hatte ich ihn immer sehr schweigsam erlebt.
Veith sah das wohl ähnlich wie ich. Er sagte nichts – wer hätte das erwartet? – sondern griff nach vorne, um den Kleinen am nicht vorhandenen Kragen zu packen, und aus dem Raum zu ziehen. Nur schade für ihn, dass der damit gerechnet hatte. Er ließ die Klamotten an Ort und Stelle fallen, und machte über Pal hinüber einen Satz aufs Bett, so dass der Wolf zwischen den beiden lag.
Das passte Veith gar nicht. „Kovu“, knurrte er mit einer Stimme, unter der ich wahrscheinlich zusammengesunken wäre, und vor
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