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Jenseits des Spiegels

Jenseits des Spiegels

Titel: Jenseits des Spiegels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Markstoller
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ähnliche Gesichtszüge wie ich. War das meine Mutter? Eine Tante? Oder einfach nur jemand den ich kannte?
    Auf dem zweiten und dem dritten Foto war ich mit einem Mädchen zu sehen, das in meinem Alter sein musste. Sie war hübsch, hatte lange, braune Haare, und ein freundliches Gesicht. Sie war das, was man einen Traum der Männer nannte. Auf dem einen Bild hielt sie mir Hasenohren an den Kopf, auf dem anderen standen wir Arm in Arm vor einem Café.
    Das letzte Foto zeigte einen schwarzhaarigen Kerl mit grünen Augen, und jeder Menge Sommersprossen im Gesicht. Er lächelte schüchtern. Ein echt süßer Typ, aber wer er war, und was er für mich bedeute, wusste ich nicht.
    Ich drehte alle Fotos hin und her, in der Hoffnung weitere Informationen zu bekommen, die eine Erinnerung in mir wachrufen würden, doch da war nichts. Kein Datum, kein handgeschriebener Kommentar, nichts. Ich hatte einen Haufen Kram, und konnte im Grunde nichts damit anfangen. Aufgereiht lagen diese Bruchstücke meines Lebens vor mir. Sie konnten mir weder sagen wer ich war, noch mir meine Erinnerung zurückgeben.
    „Einen solchen Ausweis habe ich noch nie gesehen“, sagte Prisca. Nachdem Domina ihnen meinen Führerschein gezeigt hatte, war sie mit den anderen wieder reingekommen, um sich mein Leben auf diesen Überbleibseln anzusehen.
    Ich saß jetzt wieder auf die Couch, und die wenigen Dinge die ich besaß waren über den Tisch verteilt, wo jeder der Anwesenden sie gründlich – und in Dominas Fall sogar fasziniert – unter die Lupe nahm.
    „Das ist ein Führerschein.“ Das einzig Positive an der ganzen Sache war, dass dank Rem meine Kopfschmerzen verschwunden waren. Ein wirklich schwacher Trost. Was war hier nur los? Man verlor doch nicht so einfach seine Erinnerung.
    „Wofür?“
    Was? Ach ja, Führerschein. „Der bezeugt, dass ich ein Auto steuern darf.“
    „Was ist ein Auto?“, fragte Rem, die sich gerade eines der Fotos ansah.
    Ungläubig schielte ich zu ihr rüber. Wollte die mich veräppeln? „Du weißt nicht was ein Auto ist?“
    „Nein, das sagt mir genauso wenig wie dieser Batman, oder das seltsame Wort das du vorhin benutzt hast. Amne … äh …“
    „Amnesie?“
    „Genau das. Es ist, als sprichst du eine andere Sprache. Wirklich seltsam.“
    „Nicht nur ihre Sprache ist seltsam“, mischte Fang sich an. „Seht euch nur ihre Kleidung an. Nicht mal in der Stadt habe ich so etwas gesehen. Oder die Dinge, die sie bei sich trägt. Wie sind diese Bilder zustande gekommen.“ Er deutete auf meine Fotos. „Oder das da, Videothekenausweis. Was ist das, eine Videothek?“
    Ja, und das war es, was noch merkwürdiger war, als die Tatsache, dass alles aus meinen Erinnerungen gestrichen war, was auch nur annähernd mich betraf. Diese paar Leutchen wussten wirklich nichts über den ganz normalen Alltag. Sie konnten nicht einmal mit dem Wort Arzt etwas anfangen. Es war als lebten sie in einer ganz anderen Welt. Ich meine, wer wusste den bitte nicht, was ein Auto war? Hier war doch echt etwas oberfaul.
    Meine einzige Erklärung für diese Situation war, dass ich mich in einem Traum befand. Ja, genau, ich träumte, und sobald ich aufwachte, würde der ganze Spuck ein Ende haben. Ich würde wieder wissen wer die Personen auf den Fotos war, oder die junge Frau, die aus dem Spiegel zurück schaute. Ich würde meinen Namen wissen, ohne auf einen Ausweis zu gucken, und darüber lachen, was für verrückte Sachen ich mir in meinem Kopf zusammenspinnen konnte.
    Doch ich wachte einfach nicht auf. Ich blieb eine Gefangene in meiner Phantasie.
    Prisca seufzte, legte den Führerschein zurück auf den Tisch, und sah mich einfach nur an. Unter diesem Blick fing ich an mich zu winden. Das war unheimlich, als überlegte sie, wie sie mich schnellstmöglich auf besonders grausame Weise wieder loswurde, weil ich ihren Frieden gestört hatte. „Was soll ich nur mit dir machen?“
    Hatte sie die Frage an mich gestellt, oder einfach nur laut gedacht? Da ich es nicht wusste, bevorzugte ich es an dieser Stelle einfach zu schweigen. Davon mal abgesehen, hätte ich sowieso nicht gewusst, was jetzt passieren sollte. Hallo? Gedächtnisverlust, ich war noch ratloser als sie.
    „Schick sie einfach fort“, brummte Fang. „Jag sie aus dem Wald. Es ist nicht an uns, ihre Probleme zu lösen.“
    „Aber wenn sie euch nur etwas vorspielt, dann erreicht sie damit genau das was sie will.“
    Alle, eingeschlossen mir, wandten sich der Stimme an der Tür zu.
    Oh.

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