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Jenseits von Afrika

Jenseits von Afrika

Titel: Jenseits von Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Blixen
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ersten Stoß aufgewacht sei, habe er gedacht: Ein Nashorn ist unter den Wagen geraten.
    Ich war in meinem Schlafzimmer und ging zu Bett, als das Erdbeben kam. Bei der ersten Erschütterung dachte ich: Ein Leopard ist aufs Dach gesprungen. Als der zweite Stoß kam, dachte ich: Ich werde sterben, so muß es sein, zu sterben. Aber in der kurzen Stille zwischen dem zweiten und dem dritten Stoß begriff ich, was es war. Es war ein Erdbeben, und ich hatte nicht gedacht, daß ich je eines erleben würde. Einen Augenblick lang meinte ich dann, das Erdbeben sei zu Ende. Aber als der dritte und letzte Stoß kam, überfiel mich ein so mächtiges Gefühl von Freude, daß ich mich nicht erinnern kann, in meinem Leben so plötzlich und vollkommen hingerissen gewesen zu sein.
    Die himmlischen Körper besitzen die Macht, den menschlichen Geist auf ungeahnte Höhen des Entzückens zu versetzen. Wir sind uns ihrer nicht jederzeit bewußt, aber wenn sie uns plötzlich an ihr Dasein erinnern und in Erscheinung treten, eröffnen sie uns Vorstellungen von unerhörter Weite. Kepler beschreibt seine Gefühle, als er nach jahrelanger Arbeit das Gesetz der Bewegung der Planeten fand: »Ich gebe mich meiner Wonne hin. Der Würfel ist gefallen. Nichts, was ich je fühlte, ist diesem Augenblick gleich. Ich zittere, mein Blut pocht. Gott hat sechstausend Jahre gewartet, ehe einer da war, sein Werk zu bewundern. Seine Weisheit ist unendlich, alles, was wir nicht wissen, ist darinnen, und das wenige, was wir wissen.«
    Solch ein Entzücken war es, das mich befiel und mich erschütterte, als ich das Erdbeben spürte.
    Das Übermaß von Freude rührte hauptsächlich daher, daß etwas, was einem für unbeweglich galt, die Macht hatte, sich selbst zu bewegen. Das ist wohl eins der stärksten Erlebnisse von Glück und Hoffnung in der Welt, die sture Kugel, die tote Masse, die Erde selbst hebt und reckt sich unter mir. Sie hat mir eine Botschaft gesandt, nur eine zarte Berührung, aber von unermeßlicher Bedeutung. Sie hat gelacht, daß die Hütten der Eingeborenen einfielen, und gerufen: » E pur si muove. «
    Am nächsten Morgen in der Frühe brachte mir Juma meinen Tee und sagte: »Der König von England ist gestorben.« Ich fragte ihn, woher er das wisse. »Hast du nicht gespürt, Memsahib«, sagte er, »wie die Erde gestern abend gebebt und gestoßen hat? Das bedeutet, daß der König von England gestorben ist.« Aber der König von England hat Gott sei Dank noch viele Jahre nach dem Erdbeben gelebt.

Giraffen reisen nach Hamburg
    In Mombasa wohnte ich im Hause des Scheichs Ali bin Salim, des Lewali der Küste, eines gastfreundlichen, höflichen, alten arabischen Edelmannes.
    Mombasa sieht nicht anders aus, als wie ein Kind das Paradies zeichnen würde. Der tiefere Meeresarm, der die Insel umspült, bietet einen idealen Hafen, das Land besteht aus weißlichem Korallenfels, der von breiten grünen Mangobäumen und phantastischen, verwegenen grauen Affenbrotbäumen bestanden ist. Das Meer bei Mombasa ist blau wie eine Kornblume, und draußen vor der Hafeneinfahrt zeichnen die langen Brecher des Indischen Ozeans einen feinen, welligen, weißen Strich; sie grollen leise auch beim ruhigsten Wetter. Die Stadt Mombasa mit ihren engen Gassen ist ganz aus dem Korallenfels erbaut; die Färbung wechselt zwischen hellem Cremegelb, Rosa und Ocker; über der Stadt ragt die mächtige alte Festung mit Mauern und Zinnen empor; hier haben vor dreihundert Jahren Portugiesen und Araber einander die Stirn geboten. Sie leuchtet in satteren Farben als die Stadt, als hätte sie im Laufe der Jahrhunderte auf ihrer freien Höhe die Abendröte sturmbewegter Tage in sich gesogen. Die flammende rote Akazie blüht in den Gärten von Mombasa; unwahrscheinlich ist die Leuchtkraft der Farbe und die Zartheit des Laubes. Die Sonne dörrt und sengt Mombasa, die Luft ist salzgesättigt, täglich trägt der Wind vom Osten frische Vorräte salziger Lake herzu, die Erde selbst ist salzig und bringt nur wenig Gras hervor, der Boden ist kahl wie ein Tanzplatz. Aber die uralten Mangobäume haben ein dichtes dunkelgrünes Laub und spenden den Segen des Schattens, sie umgeben ein Becken dunkler Kühle mit ihrem Gezweig. Mehr als jeder andere Baum, den ich kenne, laden sie zum Verkehr ein, bieten den Menschen einen behaglichen Raum; sie sind gesellig wie die Brunnen der Stadt. Große Märkte werden unter den Mangobäumen abgehalten, und der Boden rings um ihren Stamm ist bedeckt mit

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