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Jenseits von Afrika

Jenseits von Afrika

Titel: Jenseits von Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Blixen
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Geflügelkörben und aufgetürmten Wassermelonen.
    Ali bin Salim besaß ein hübsches weißes Haus auf dem Festland, an der Krümmung der Meerenge, lange Reihen steinerner Stufen führten zum Strande hinab. Da lagen am Ufer die Häuser für die Gäste, im Saal des Hauptgebäudes, angrenzend an die Veranda, befand sich eine ganze Sammlung schöner arabischer und englischer Raritäten: altes Elfenbein und Messing, Porzellan von Lamu, samtbezogene Sessel, Photographien und ein großes Grammophon. Unter anderem waren da in einer satingefütterten Kassette die Überreste eines Teeservices aus buntem englischem Porzellan der vierziger Jahre, einst das Hochzeitsgeschenk der jungen Königin von England und ihres Gemahls, als der Sohn des Sultans von Sansibar die Tochter des Schahs von Persien heiratete. Die Königin und der Prinzgemahl hatten dem neuvermählten Paar so viel Glück gewünscht, als ihnen selbst zuteil geworden sei. »Und waren sie glücklich?« fragte ich Scheich Ali, als er mir die kleinen Tassen hervorholte und sie vor mir auf dem Tisch aufbaute. »Oh, keineswegs«, sagte er. »Die Braut wollte das Reiten nicht lassen. Sie hatte auf der Dau, die mit ihrer Mitgift beladen war, auch ihre Pferde mitgebracht. Aber das Volk von Sansibar litt es nicht, eine Frau reiten zu sehen. Es gab einen heftigen Streit, und da die Prinzessin lieber auf ihren Gatten als auf ihre Pferde verzichtete, wurde die Ehe getrennt, und die Tochter des Schahs kehrte nach Persien zurück.«
    Im Hafen von Mombasa lag ein schäbiger deutscher Frachtdampfer zur Heimfahrt bereit. Ich kam an ihm vorüber, wenn ich auf Ali bin Salims Boot mit seinen Suaheliruderern zur Insel und zurück übersetzte. Auf Deck stand ein hoher hölzerner Verschlag, und über den Rand des Verschlages lugten die Köpfe zweier Giraffen. Sie kamen, wie mir Farah, der an Bord gewesen war, erzählte, von Portugiesisch-Ostafrika und gingen nach Hamburg an eine reisende Tierschau.
    Die Giraffen wandten ihre zarten Köpfe hierhin und dorthin, als seien sie höchlich überrascht, wozu sie auch allen Grund hatten. Sie hatten das Meer noch nie gesehen. Der enge Verschlag bot ihnen nur Raum genug zum Stehen. Die Welt war plötzlich geschrumpft, hatte sich ringsum verändert und verengt.
    Sie kannten und ahnten die Demütigung nicht, der sie entgegenfuhren. Denn sie waren stolze und arglose Geschöpfe, edle Wanderer der großen Steppen, sie wußten nichts von Gefangenschaft, Kälte, Gestank, Rauch und Räude, nichts von der Langeweile einer Welt, in der sich nichts ereignet. Menschenscharen in dunklen, übelriechenden Kleidern werden von den windigen, eisigen Straßen hereinkommen und die Giraffen anstarren und die Überlegenheit des Menschen über die stumme Kreatur fühlen. Sie werden lachend mit den Fingern auf die langen, dünnen Hälse zeigen, wenn sich die anmutigen, geduldigen, rauchgrauäugigen Köpfe über das Gitter der Menagerie strecken, in der sie so unmäßig hoch wirken. Die Kinder werden sich bei ihrem Anblick fürchten und schreien, oder sie werden sie liebgewinnen und ihnen Brot geben. Dann werden auch die Väter und Mütter finden, daß die Giraffen liebe Tiere sind, und werden meinen, wunder wie gut sie zu ihnen seien.
    Werden die Giraffen in den vielen Jahren, die vor ihnen liegen, wohl je von ihrer verlorenen Heimat träumen? Wo mag sie sein; wohin sind sie verschwunden, die Weiden und die Dornbäume, die Flüsse und die Wassertümpel und die blauen Berge? Die hohe sanfte Luft über den Steppen ist fort und verflogen. Wo sind die anderen Giraffen hin, die bei ihnen waren, als sie aufbrachen und dahingaloppierten über die wellige Ebene? Fort sind sie alle, geflohen und kommen wohl nie zurück.
    Und in der Nacht – wo ist wohl der Mond?
    Die Giraffen kommen zu sich und erwachen in der Karawane der Wanderschau, im engen Stall, in dem es nach modrigem Stroh und Bier riecht.
    Lebt wohl, lebt wohl. Ich wünsche euch, ihr möchtet auf der Reise sterben, alle beide, damit keiner von den zwei zierlichen edlen Köpfen, die sich jetzt staunend über den Rand des Verschlags in den Himmel von Mombasa recken, dazu verurteilt werde, einsam hin und her und hin und her zu schauen im fremden Hamburg, wo kein Mensch etwas von Afrika weiß.
    Und wir Menschen – wir müssen schon jemand finden, der sich ganz arg gegen uns versündigt hat, ehe wir die Giraffen reinen Herzens bitten können, uns unsere Sünde zu vergeben.

Der Professor und die Affen
    Ein schwedischer

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