Jenseits von Afrika
mochte, in solcher Menge so seltsam auf Wanderungen zu gehen. Die Schwarzen nahmen es als übles Zeichen, es deutete auf Krieg, denn die wilden Hunde sind Leichenfresser. Sie sprachen hernach nicht mehr miteinander über das Ereignis, wie sie sonst unsere Erlebnisse auf der Fahrt zu bereden pflegten.
Ich habe diese Begebenheit vielen Menschen erzählt, und nicht einer hat sie mir geglaubt. Und doch ist sie wahr, meine Boys können es mir bezeugen.
Der Papagei
Ein alter dänischer Schiffsreeder ließ seine Gedanken in seine Jugendzeit schweifen, und da fiel ihm ein, wie er einmal, mit sechzehn Jahren, eine Nacht in einer wüsten Kneipe in Singapore verbrachte. Er war mit einigen Matrosen von seines Vaters Schiff eingekehrt und hatte sich zu einer alten Chinesin gesetzt und mit ihr geplaudert. Als sie erfuhr, daß er aus einem fremden Lande stamme, brachte sie einen alten Papagei herbei, der ihr gehörte. Vor langer, langer Zeit, erzählte sie, habe ihr ein hochgeborener Engländer, der sie in ihrer Jugend geliebt habe, den Papagei geschenkt. Der Knabe meinte, der Papagei müsse damals wohl hundert Jahre alt gewesen sein. Er konnte in den verschiedensten Sprachen der Welt allerlei Sätze hersagen, die er, dem internationalen Charakter des Ortes gemäß, aufgeschnappt hatte. Einen Satz hatte der Geliebte der alten Chinesin ihm beigebracht, bevor er ihn ihr schickte, und den verstand sie nicht, und keiner der Gäste war je imstande gewesen, ihr zu sagen, was er bedeutete. Im Laufe der Jahre habe sie es aufgegeben, danach zu fragen. Aber da der Knabe von fern her komme, so sei es vielleicht ein Satz in seiner Sprache, und vielleicht könne er ihn übersetzen.
Der Knabe war von diesem Wunsch tief und seltsam gerührt. Wenn er den Papagei anschaute und sich vorstellte, daß er aus diesem scheußlichen Schnabel dänische Worte hören sollte, dann wäre er am liebsten aus dem Hause gerannt. Aber um sich der alten Chinesin gefällig zu zeigen, blieb er sitzen. Als sie den Papagei dazu brachte, den Satz zu sagen, erwies sich’s, daß es klassisches Griechisch war. Der Vogel sprach die Worte sehr langsam, und der Knabe verstand genug Griechisch, um sie zu erkennen; es war ein Gedicht der Sappho:
»Versunken ist der Mond und die Plejaden,
die Mitternacht brach schon herein,
Und Stunde kommt und Stunde flieht
Ich aber liege allein.«
Als er ihr die Verse übersetzte, befeuchtete die Alte ihre Lippen und rollte ihre kleinen schiefen Augen. Sie bat ihn, die Worte noch einmal zu sagen, und nickte mit dem Kopf.
A BSCHIED VON DER F ARM
Schwere Zeiten
Meine Farm lag etwas zu hoch für eine Kaffeepflanzung. In den kalten Monaten konnte es geschehen, daß die freie Fläche vom Frost befallen wurde und morgens die Triebe der Kaffeebäume und die jungen Kaffeekirschen braun und schrumpelig waren. Der Wind blies von der Steppe herein, und selbst in guten Jahren ernteten wir nie den vollen Ertrag von einem Morgen wie die Farmer in den niederen Distrikten Thika und Kiambu, die nur vierzehnhundert Meter hoch lagen.
Auch der Regen fiel spärlicher im Ngonggebiet, und dreimal erlebten wir ein vollkommen dürres Jahr, das uns arg zurückbrachte. In einem Jahr, in dem fünfzig Zoll Regen fiel, ernteten wir achtzig Tonnen Kaffee, und in einem Jahr mit fünfundfünfzig Zoll fast neunzig Tonnen, aber wir hatten auch zwei Jahre mit nur fünfundzwanzig und zwanzig Zoll Regen und ernteten nur sechzehn und fünfzehn Tonnen Kaffee. Diese Jahre wurden für die Farm verhängnisvoll. Zur gleichen Zeit sanken die Kaffeepreise; statt hundert Pfund je Tonne bekamen wir nur sechzig oder siebzig Pfund. Es sollten harte Zeiten für die Farm werden. Wir konnten unsere Schulden nicht bezahlen und hatten kein Geld, um die Plantage weiterzubetreiben. Meine Angehörigen zu Hause, die Anteile an der Farm besaßen, schrieben mir und legten mir nahe, die Farm zu verkaufen.
Ich ersann mancherlei Pläne für die Rettung der Farm. In einem Jahr versuchte ich, auf unserem Brachland Flachs zu bauen. Flachsbau ist ein anmutiges Geschäft, aber es erfordert viel Geschick und Erfahrung. Ich zog einen belgischen Flüchtling zu Rate; als er mich fragte, wieviel Land ich besäen wolle, und ich ihm sagte: »Dreihundert Morgen«, da rief er sofort entsetzt: » Ça, Madame, c’est impossible! « Ich könne fünf oder auch zehn Morgen mit Erfolg anbauen, meinte er, aber nicht mehr. Doch zehn Morgen bedeuteten für uns nichts, und ich versuchte es mit
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