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Jenseits von Afrika

Jenseits von Afrika

Titel: Jenseits von Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Blixen
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immer jemand bei ihm und vor der Hütte. Pooran Singh arbeitete mit übermenschlicher Eile, als hinge sein Leben davon ab, daß die Arbeit, die er unter den Händen hatte, innerhalb der nächsten fünf Minuten fertig würde; er sprang vor seinem Amboß hoch in die Luft, kreischte seinen zwei jungen Kikujugehilfen seine Befehle mit schriller Vogelstimme zu und benahm sich überhaupt wie einer, der am Spieß gebraten wird, oder wie ein wutschnaubender Oberteufel bei seinem Höllenwerk. Dabei war Pooran Singh keineswegs ein Teufel, sondern ein Mann von der sanftesten Gemütsart; außerhalb seiner Arbeitszeit trug er ein mädchenhaft geziertes Wesen zur Schau. Er war der Fundi unserer Farm, was soviel heißt wie ein Allerweltskünstler – Schreiner, Sattler und Wagner und Schmied obendrein; er hat mehr als einen Wagen für die Farm ganz allein konstruiert und gebaut. Aber am liebsten war ihm die Schmiederei, und es war ein prachtvoller Anblick, ihn einen Reifen über ein Rad schlagen zu sehen.
    In der äußeren Erscheinung Pooran Singhs war etwas Irreführendes. Angetan mit langem Gewand und weißem Turban, sah er mit seinem großen schwarzen Bart aus wie ein ausgewachsener stattlicher Mann. In der Schmiede dagegen, bis zum Gürtel entblößt, wirkte er unglaublich zierlich und zerbrechlich mit seinem sanduhrförmigen indischen Rumpf.
    Ich liebte Pooran Singhs Schmiede, und auch die Kikuju liebten sie, und zwar aus zwei Gründen.
    Einmal wegen des Eisens selbst, das von allen Rohstoffen am fesselndsten ist und die Phantasie der Menschen zum Schweifen in die weiten Fernen verlockt. Der Pflug und das Schwert, die Kanone und das Rad, die Kultur der Menschen im Guten wie im Bösen schlummern in ihm, des Menschen Herrschaft über die Natur lebt im Keime in ihm, greifbar genug, um von den Primitiven verstanden oder geahnt zu werden – und Pooran Singh meisterte das Eisen.
    Dann aber zog und lockte die Schwarzen der Gesang der Schmiede. Der klimpernde, muntere, eintönige, sprunghafte Rhythmus der Schmiedearbeit hat eine mythische Gewalt. Er ist so männlich, daß er das Herz der Frauen überwältigt und umschmeichelt, er ist offen und ungeziert und sagt die Wahrheit und nichts als die Wahrheit. Er hat ein Übermaß an Kraft und ist ebenso lustig wie stark, er ist herausfordernd und leistet Großes, willig und spielend. Die Schwarzen, die den Rhythmus lieben, versammelten sich bei Pooran Singhs Hütte und fühlten sich wohl bei ihm. Nach einem alten nordischen Gesetz ist ein Mann nicht haftbar für etwas, was er in der Schmiede gesagt hat. Auch in Afrika saßen in der Schmiede die Zungen lose, das Gespräch floß freier dahin, kühne Träume traten ans Licht unter begeisterndem Klange des Hammers.
    Pooran Singh war viele Jahre bei mir und war ein gutbezahlter Angestellter der Farm. Es bestand ein Mißverhältnis zwischen seinem Lohn und seinen Bedürfnissen, denn er war ein Asket von reinstem Wasser. Er aß kein Fleisch, er trank nicht, spielte nicht, seine Kleider trug er bis zum letzten Faden auf. Er schickte all sein Geld nach Indien für die Erziehung seiner Kinder. Einer seiner Söhne, Delip Singh, ein kleiner stiller Jüngling, kam einmal aus Bombay und besuchte seinen Vater auf der Farm. Er hatte die Liebe zum Eisen nicht mehr, das einzige Metallene, das ich bei ihm sah, war ein Füllfederhalter in seiner Tasche. Die mythische Macht war der neuen Generation abhanden gekommen.
    Aber Pooran Singh selbst, der Springer überm Amboß, bewahrte sich seinen geisterhaften Nimbus, solang er auf der Farm war, und hoffentlich, solang er lebte. Er war ein Diener der Götter, glutgehärtet und selber glühend, ein Geist der elementaren Welt. In Pooran Singhs Schmiede sang der Hammer, was ein jeder hören wollte, als liehe er den Herzen seine Stimme. Mir sang der Hammer ein altes griechisches Lied, das mir ein Freund übersetzt hat:
     
    »Eros holt aus wie ein Schmied mit dem Hammer,
    Funken entsprühn meinem trotzigen Sinn,
    Kühlt mir das Herz dann in Tränen und Klagen –
    Glühendes Eisen härtet die Flut.«

Eine seltsame Begegnung
    Als ich unten im Massaireservat die Transporte für die Re gierung führte, sah ich einmal etwas Seltsames, was kein Mensch, den ich kenne, je gesehen hat. Es geschah mitten am Tage, als wir über Grasland treckten.
    Die Luft spielt in der afrikanischen Landschaft eine viel bedeutsamere Rolle als in Europa, sie ist voller Glanzlichter und Spiegelungen und ist in gewissem Sinne der eigentliche

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