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Jenseits von Afrika

Jenseits von Afrika

Titel: Jenseits von Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Blixen
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Schauplatz der Ereignisse. In der Mittagshitze schwingt und zittert die Luft wie die Saite einer Geige, sie hebt ganze Wellen von Grasland mit Dornbäumen und Hügeln empor und erschafft weite, silberglitzernde Wasserflächen in der dürren Steppe.
    Wir schritten durch diese glühende, lebende Luft, und ich ging, gegen meine Gewohnheit, ein weites Stück dem Wagen voraus mit Farah, meinem Hunde Dusk und dem Toto, das Dusk versorgte. Wir waren stumm, denn es war zu heiß zum Sprechen. Plötzlich geriet die Steppe am Horizont in eine rennende und galoppierende Bewegung, die nicht nur von dem bebenden Dunst herrührte; eine riesige Wildherde rannte von rechts her schräg über die Ebene auf uns zu. Ich sagte zu Farah: »Schau nur, diese Menge von Antilopen.« Aber gleich darauf war ich nicht sicher, ob es wirklich Antilopen waren, und hob mein Fernglas, um sie genauer zu sehen, was um Mittag keine leichte Sache ist. »Sind es Antilopen, Farah, was meinst du?« fragte ich ihn. Ich merkte jetzt, daß Dusk mit allen Sinnen auf die Tiere achtgab, die Ohren hoch in die Luft gespitzt, mit den fernsichtigen Augen ihren Anmarsch verfolgend. Ich gönnte ihm öfters die Jagd über die Steppe nach den Gazellen und Antilopen; aber diesmal fürchtete ich, es möchte zu heiß sein, und hieß das Toto ihn an die Leine nehmen. In diesem Augenblick stieß Dusk ein kurzes wildes Gebell aus und machte einen Satz voraus, daß das Toto hinpurzelte und ich die Leine erhaschen und ihn mit aller Gewalt zurückreißen mußte. Ich blickte auf die Herde. »Was sind das für Tiere?« fragte ich Farah.
    Es ist schwer, auf der Steppe Entfernungen zu schätzen. Das liegt an der schillernden Luft und der Einförmigkeit des Landschaftsbildes; auch die Eigentümlichkeit der Dornbäume trägt dazu bei: sie haben die Gestalt von mächtigen Bäumen und sind in Wirklichkeit nur zwölf Fuß hoch, so daß die Giraffen sie mit ihren Köpfen und Hälsen überragen. Man irrt sich beständig über die Größe des Wildes, das man von weitem sieht, und kann am hellen Tag einen Schakal für eine Elenantilope und einen Strauß für einen Büffel halten. Nach einer Weile sagte Farah: »Memsahib, das sind wilde Hunde.«
    Wilde Hunde trifft man gewöhnlich zu dreien oder vieren, es kommt wohl auch vor, daß man ein Dutzend beieinander findet. Die Schwarzen fürchten sich vor ihnen und behaupten, sie seien sehr mordgierig. Auf einem Ritt ins Reservat traf ich einmal unweit der Farm vier wilde Hunde; sie folgten mir in einer Entfernung von fünfzehn Schritt. Die zwei kleinen Terrier, die ich bei mir hatte, hielten sich so nahe, wie es ging, an mich, sie versteckten sich unter dem Bauch des Pferdes, bis wir über den Fluß und auf die Farm kamen. Die wilden Hunde sind nicht so groß wie eine Hyäne, sie haben ungefähr die Größe eines Schnauzers. Sie sind schwarz mit einem weißen Büschel an der Spitze des Schwanzes und den spitzen Ohren. Das Fell taugt nichts, es hat rauhe, ungleichmäßige Haare und einen widerlichen Geruch.
    Hier waren an fünfhundert wilde Hunde beisammen. Sie kamen in einem langsamen Kurzgalopp heran und schienen in einer sonderbaren Verfassung zu sein; sie blickten weder rechts noch links, als hätten sie Angst vor etwas oder als wären sie auf einer Wanderung nach einem festen Ziel begriffen. Sie wichen nur ein wenig von ihrer Richtung ab, als sie näher kamen, schienen uns aber kaum zu bemerken und rannten im gleichen Tempo weiter. Als sie uns ganz nah waren, mochte die Entfernung vielleicht fünfzig Schritt sein. Sie liefen in einer langen Kolonne zu zweien, dreien oder vieren nebeneinander, und es dauerte eine ganze Zeit, bis sie vorüber waren. Während sie passierten, sagte Farah: »Diese Hunde sind sehr müde, die haben einen weiten Weg hinter sich.«
    Als sie alle vorüber waren und in der Ferne verschwanden, sahen wir uns nach unseren Gefährten um. Sie waren immer noch ein Stück weit hinter uns, und erschöpft von der überstandenen Erregung setzten wir uns, wo wir gestanden hatten, ins Gras, bis sie uns eingeholt hatten. Dusk war maßlos aufgeregt, er zerrte an der Leine und wollte den wilden Hunden nachrennen. Ich legte meinen Arm um seinen Hals; hätte ich ihn nicht rechtzeitig angeleint, kam mir’s in den Sinn, so wäre er gewiß zerrissen worden.
    Die Ochsentreiber verließen ihre Wagen und liefen zu uns voraus, um zu fragen, was das gewesen sei. Ich konnte ihnen und mir nicht erklären, was die wilden Hunde veranlaßt haben

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