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Jenseits von Afrika

Jenseits von Afrika

Titel: Jenseits von Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Blixen
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Feier selber mit; sie waren immun gegen alles, was von außen herankam, und hielten sich an die Süßigkeit und Glut in ihrem Inneren. Nur eines forderten sie von der Außenwelt: einen ebenen Platz zum Tanzen. Den gab es bei meinem Hause; die Wiese unter den Bäumen war eben, und der freie Platz im Walde zwischen den Hütten der Boys war auch eingeebnet worden. Darum stand die Farm bei der Jugend des Landes hoch in Ehren, und Einladungen zu meinen Tanzfesten waren sehr geschätzt.
    Die Ngomas wurden zuweilen bei Tage abgehalten und zuweilen bei Nacht. Am Tage brauchte eine Ngoma mehr Platz, da lockte sie viele Zuschauer an und mußte darum auf der Wiese stattfinden. Bei den meisten Ngomas stellten sich die Tänzer in einem großen Kreis oder mehreren kleinen Kreisen auf und hüpften mit zurückgeworfenem Kopf auf und nieder oder stampften im Rhythmus den Boden und ließen sich vorwärts auf einen Fuß fallen und rückwärts auf den anderen, oder sie schritten langsam und feierlich seitlich im Kreise herum, das Gesicht der Mitte zugewandt, in der die Vortänzer, aus dem Ring sich lösend, mimten, sprangen und liefen. Eine Tagesngoma hinterließ als Spur auf dem Rasen große und kleinere trockene braune Ringe, als wäre das Gras vom Feuer versengt, und nur langsam verschwanden diese Zauberkreise wieder.
    Die großen Tagesngomas hatten mehr den Charakter eines Jahrmarkts als eines Balles. Massen von Zuschauern gesellten sich zu den Tänzern und scharten sich unter den Bäumen. Wenn das Gerücht von einer Ngoma sich weit genug verbreitete, konnten wir sogar die Lebedamen von Nairobi – Malaya ist ihr netter Name auf Suaheli – in großem Staat in Ali Khans Maultierwägelchen herbeikutschieren sehen, eingehüllt in Meter und Meter von lustigem großgemustertem Kattun – wenn sie sich niederließen, sahen sie wie Riesenblumen auf dem Grase aus. Die anständigen Mädchen der Farm in ihren traditionellen geölten und gefetteten ledernen Röcken und Mänteln rückten dicht an sie heran und beredeten unbekümmert ihre Kleider und ihr Gehaben, aber die Stadtschönen schlugen die Beine übereinander, blieben ungerührt wie glasäugige Puppen aus schwarzem Holz und pafften ihre kleinen Zigärrchen. Scharen von Kindern rannten, begeistert von der Tanzerei und begierig, alles zu lernen und nachzumachen, von einem Kreise zum anderen oder sammelten sich am Rand der Wiese, bildeten ihre eigenen Tanzkreise und hüpften auf und nieder.
    Wenn die Kikuju zu einer Ngoma gehen, reiben sie sich mit einer Art hellem Rötel ein, der sehr begehrt ist und viel gekauft wird; das gibt ihnen ein seltsam »blondes« Aussehen. Die Farbe existiert sonst nicht in der Tier- oder Pflanzenwelt. Die jungen Leute bekommen etwas Versteinertes, wie in Fels gehauene Statuen. Die Mädchen mit ihren sittsamen, perlengestickten, gelbledernen Gewandungen färben sich und die Kleider mit der Erde und sehen aus, als seien sie eins mit ihnen, bekleidete Statuetten, an denen Bausch und Faltenwurf von kundigen Künstlern zierlich gebildet sind. Die jungen Männer sind bei der Ngoma nackt, legen aber um so größeren Wert auf ihre Frisuren; sie streichen den Rötel auf die Mähnen und Zöpfe und tragen stolz ihre steingemeißelten Köpfe. Während meines letzten Jahres in Afrika hat die Regierung verboten, den Kopf mit Rötel zu bestreichen. Bei beiden Geschlechtern ist die Aufmachung höchst wirkungsvoll: Diamanten und hohe Orden können den Trägern nicht eindeutiger das Gepräge von Gala verleihen. Sieht man von ferne in der Landschaft eine Gruppe rötelbemalter Kikuju auf dem Marsch, so schwingt die Luft von Festlichkeit.
    Ein Freilufttanz leidet unter der Unbegrenztheit des Raumes, die Bühne ist viel zu weit für ihn – wo beginnt sie, wo ist sie zu Ende? Die kleinen Gestalten der vielen Tänzer mögen noch so leuchtend gefärbt, mit wallendem Gewoge ganzer Straußenschwänze am Kopf und mit kühnen ritterlichen Hahnenspornen aus Colobusaffenfell an den Knöcheln verziert sein – sie verschwinden doch, verstreut und versprengt unter den gewaltigen Bäumen. Auf dem weiten Schauplatz mit seinen großen und kleinen Ringen von Tänzern, verstreuten Zuschauergruppen und hin und her rennenden Kindern wird das Auge des Beschauers bald hier-, bald dorthin gehetzt. Die ganze Szene hat einige Ähnlichkeit mit alten Bildern, die eine Schlacht von weitem zeigen, wo man auf einer Seite die Kavallerie zur Attacke vorgehen, auf der anderen die Geschütze in Stellung gehen

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