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Jenseits von Afrika

Jenseits von Afrika

Titel: Jenseits von Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Blixen
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Himmel aufblinkten, saß ich gern am Teich und schaute den heimkehrenden Vögeln zu. Wasservögel haben eine zielbewußte Art zu fliegen, anders als die übrigen Vögel: Sie sind Wanderer, die von einem Ort zum anderen ziehen – und welch ein Ferngefühl sie haben, die wilden wandernden Schwimmer! Die Enten beschlossen ihren Rundflug am glasklaren Himmel mit einem Sturz aufs dunkle Wasser, wie ein Schwarm von Pfeilspitzen, die ein himmlischer Schütze rücklings herunterschnellen ließ. Einmal schoß ich in dem Teich ein Krokodil, ein seltener Fang, wenn man bedenkt, daß es zwölf Meilen weit vom Athifluß heraufgewandert sein mußte. Woher wußte es, daß es jetzt hier Wasser gab, wo niemals früher Wasser gewesen war?
    Als der erste Teich fertig war, entwickelte mir Knudsen den Plan, Fische einzusetzen. Wir hatten in Afrika eine Art Barsche, die prächtig schmeckten, und wir wiegten uns in der Idee künftigen eigenen Fischreichtums. Aber es war nicht leicht, eine Brut zu bekommen. Die Jagdverwaltung hatte Barsche in Teichen ausgesetzt, gestattete aber noch nicht, daß in ihnen gefischt wurde. Aber Knudsen vertraute mir an, er wisse von einem Teich, den kein Mensch sonst kenne, aus dem wir so viele Fische herausholen könnten, als wir wünschten. Wir brauchten nur hinzufahren, erklärte er, ein Netz durch den Teich zu ziehen und die Fische mit dem Auto in Blechkübeln und Fässern heimzuschaffen; sie würden unterwegs nicht krepieren, wenn wir nur nicht versäumten, Wasserpflanzen ins Wasser zu tun. Er war so versessen auf seinen Plan, daß er mir zitternd vor Erregung zuredete und eigenhändig zu dem Zweck eines seiner unübertrefflichen Fischnetze knüpfte. Aber als die Zeit für die Expedition näher rückte, bekam sie mehr und mehr etwas Geheimnisvolles. Die Unternehmung sollte, meinte er, bei Vollmond, um Mitternacht stattfinden. Zuerst hatten wir vor, drei Boys mitzunehmen, dann setzte er deren Zahl auf zwei und auf einen herab und fragte immerfort, ob dieser denn auch unbedingt zuverlässig sei. Schließlich erklärte er, es sei besser, wenn er und ich ganz allein auszögen. Mir leuchtete das nicht ein, denn wir hätten nie die Kraft gehabt, die Kübel bis zum Auto zu schleppen; aber Knudsen blieb dabei, daß es bei weitem das beste wäre, und fügte noch hinzu, wir sollten niemand ein Wort davon sagen. Ich hatte Bekannte in der Jagdverwaltung, ich wußte mir nicht mehr anders zu helfen und fragte ihn: »Knudsen, wem gehören denn eigentlich die Fische, die wir da fangen wollen?« Kein Wort gab Knudsen zurück. Er spie aus, mit richtigem altem Seemannsschwung, streckte den Fuß in seinem alten geflickten Stiefel vor und verrieb die Spucke am Boden, drehte sich auf dem Absatz herum und ging langsam davon. Den Kopf zog er beim Gehen zwischen die Schultern – er konnte damals fast gar nichts mehr sehen, sondern tastete sich seinen Weg mit dem Stock –, er war wieder ein geschlagener Mann, ein heimatloser Flüchtling in einer gemeinen, kalten Welt. Und als hätte er mit seiner Gebärde einen Zauber ausgeübt, blieb ich an dem Fleck, an dem er mich verlassen, stehen, eine Siegerin in Madame Knudsens Pantoffeln.
    Das Fischprojekt wurde zwischen Knudsen und mir nicht wieder berührt. Erst etliche Zeit nach seinem Tode setzte ich mit Hilfe der Jagdverwaltung Barsche in den Teich. Sie gediehen gut und fügten sich mit ihrem stillen, stummen, kühlen geruhsamen Leben in das übrige Leben des Teiches. Über Mittag konnte man sie im Vorübergehen dicht unter der Oberfläche stehen sehen wie Fische aus dunklem Glas im trüben, besonnten Wasser. Wenn unerwarteter Besuch eintraf, schickte ich meinen Toto Tumbo mit einem primitiven Fischnetz an den Teich, einen zweipfündigen Barsch heraufzuholen.
    Als ich den alten Knudsen auf unserem Wege tot auffand, schickte ich einen Läufer zur Polizei nach Nairobi und meldete sein Ableben. Ich wünschte ihn auf der Farm zu begraben, aber spätabends kamen zwei Polizeibeamte im Auto und brachten einen Sarg mit. Inzwischen war ein Gewitter hereingebrochen, und ringsum stand das Wasser knöcheltief, denn es war zu Beginn der großen Regenzeit. Wir fuhren durch Sturzbäche und Seen zu seinem Haus, und als wir Knudsen zum Wagen hinaustrugen, rollten Donner über unserem Kopf wie Kanonen, und ringsum zuckten die Blitze, dicht wie Ähren auf dem Kornfeld. Die Räder hatten keine Ketten und griffen kaum auf der schlüpfrigen Straße, der Wagen schlitterte von einer Seite zur anderen. Dem

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