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Jenseits von Afrika

Jenseits von Afrika

Titel: Jenseits von Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Blixen
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alten Knudsen hätte das wohlgetan, er wäre zufrieden gewesen mit seinem Abzug aus der Farm.
    Später geriet ich wegen seines Begräbnisses in Streit mit der Stadtverwaltung von Nairobi, es gab einen hitzigen Kampf, und ich mußte deswegen noch öfter in die Stadt fahren. Das war mein Erbteil von Knudsen, ein letzter Schlag in seinem Namen ins Antlitz des Gesetzes. Nun war ich nicht mehr Madame Knudsen, nun war ich sein Bruder.

Ein Flüchtling rastet auf der Farm
    An einen Wanderer, der auf die Farm kam, eine Nacht auf ihr schlief und davonzog, um nie wiederzukehren, habe ich seither von Zeit zu Zeit wieder denken müssen. Sein Name war Emmanuelson, er war ein Schwede und hatte, als ich ihn kennenlernte, die Stellung eines maître d’hôtel imNorfolkhotel in Nairobi. Er war ein dicklicher junger Mann mit rotem, aufgeplustertem Gesicht und hatte die Gewohnheit, wenn ich im Hotel eine Mahlzeit einnahm, neben meinem Stuhl zu stehen und mir mit sehr salbungsvoller Stimme von unserer Heimat und unseren dortigen gemeinsamen Bekannten zu erzählen; er war von unablässiger Gesprächigkeit, so daß ich nach einiger Zeit ins Stanleyhotel hinüberwechselte – damals das einzige zweite Hotel am Ort. Ich hörte dann nur noch gelegentlich etwas von Emmanuelson; er schien ein besonderes Talent für Mißgeschicke zu haben und in seinem Geschmack und seiner Vorstellung von den Annehmlichkeiten des Lebens so ganz vom Üblichen abzuweichen, daß er bei den übrigen Skandinaviern im Lande unbeliebt war. Eines Nachmittags erschien er plötzlich sehr erregt und verstört auf der Farm und bat mich um ein Darlehen, er müsse sofort nach Tanganjika, sonst würde er wahrscheinlich eingesperrt werden. Ob meine Gabe zu spät kam, ob er sie für andere Zwecke verausgabte – jedenfalls hörte ich kurz darauf, Emmanuelson sitze in Nairobi im Gefängnis.
    Eines Abends, als ich spät von einem Ritt heimkam – die Sterne standen schon am Himmel –, sah ich auf dem steinernen Vorplatz vor meinem Haus einen Mann wartend stehen. Es war Emmanuelson; er meldete sich in munterem Tone selber an: »Ein Landstreicher ist da, Frau Baronin.« Ich fragte ihn, wie es komme, daß er da vor meinem Haus stehe, und er sagte, er habe seinen Weg verfehlt und sei hier gelandet. Seinen Weg wohin? Nach Tanganjika. – Das konnte unmöglich wahr sein, die Straße nach Tanganjika war eine große Chaussee, die nicht zu verfehlen war, der Weg zu meiner Farm zweigte von ihr ab. Wie er denn nach Tanganjika gelangen wolle, fragte ich ihn. Zu Fuß, war die Antwort. Das sei doch ganz unmöglich, wandte ich ein, das hieße drei Tage lang ohne Wasser durchs Massaireservat marschieren, wo die Löwen gerade jetzt so frech seien, die Massai seien heute erst dagewesen und hätten sich beklagt und mich gebeten, einen abzuschießen. Ja, ja, das wußte Emmanuelson alles, aber er wollte trotzdem zu Fuß nach Tanganjika. Denn er wisse nicht, was er sonst tun solle. Er habe nur gemeint, da er sich nun verlaufen habe, ob er mir vielleicht beim Abendbrot Gesellschaft leisten und auf der Farm übernachten und morgen früh erst aufbrechen könnte. Ich war bei dem Gespräch auf meinem Pferde sitzen geblieben, um ihm zu bedeuten, daß er nicht ein Gast des Hauses sei, denn ich hatte keine Lust, mit ihm zu Abend zu essen. Aber als er so sprach, merkte ich, daß er auch nicht erwartete, eingeladen zu werden, er glaubte nicht an meine Gastfreundschaft und nicht an seine Macht, mich zu überreden, er stand da, vereinsamt im Dunkeln vor meinem Hause, ein Mensch, der niemandes Freund war. Mit seinem herzhaften Ton wollte er nicht sich aufhelfen, denn er war darüber hinaus, sondern mir – wenn ich ihn wegschickte, war das nicht weiter unfreundlich, sondern ganz in Ordnung. Das war die Höflichkeit eines gehetzten Wildes. Ich rief meinem Sais, das Pferd zu besorgen, und stieg ab.
    »Treten Sie ein, Emmanuelson«, sagte ich, »Sie können hier essen und über Nacht bleiben.«
    Im Schein der Lampe bot Emmanuelson ein trauriges Bild. Er trug einen langen schwarzen Überrock, wie ihn in Afrika kein Mensch trägt, sein Kinn war unrasiert und sein Haar nicht geschnitten, seine alten Schuhe waren an den Zehen aufgeplatzt. Irgendwelche Habseligkeiten nahm er nicht mit nach Tanganjika, seine Hände waren leer. Anscheinend fiel mir die Rolle des Hohenpriesters zu, der dem Herrn den Widder lebend weiht und ihn in die Wüste jagt. Ich hatte das Gefühl, daß hier ein Glas Wein not tat. Berkeley Cole, der das

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