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Jenseits von Afrika

Jenseits von Afrika

Titel: Jenseits von Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Blixen
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niemals in seinen Erzählungen erwähnte er den Namen einer Frau. Es war, als hätte der Strom der Zeit Helsingörs liebliche Mädchen mitsamt allen schlimmen Weibern der Hafenstädte der Welt aus seinem Geist hinweggeschwemmt. Und doch fühlte ich, wenn ich mit ihm sprach, wie sein ganzes Leben ständig die Gestalt einer unbekannten Frau begleitete. Ich kann nicht sagen, wer sie war: Gattin, Mutter, ein Schülerschwarm oder die Frau seines ersten Brotherrn – ich nannte sie im stillen Madame Knudsen. Ich stellte sie mir klein vor, weil er selbst so klein war. Sie war die Frau, die dem Manne die Freude verdirbt und dabei immer recht hat. Sie war die Frau der Gardinenpredigten und die Hausfrau mit dem großen Reinemachen, sie hemmte alle Unternehmungen, sie wusch den Buben die Gesichter und nahm dem Manne sein Schnapsglas vor der Nase weg, sie war leibhaftig das Gesetz und die Ordnung. In ihrem Anspruch auf unbeschränkte Macht hatte sie Ähnlichkeit mit der Gottheit der Somalifrauen, nur dachte Madame Knudsen nicht daran, durch Liebe zu herrschen, sie herrschte durch Verstand und Rechtlichkeit. Knudsen muß ihr in jungen Jahren begegnet sein, als sein Gemüt noch weich genug war, um einen unauslöschlichen Eindruck aufzunehmen. Vor ihr war er auf die See geflohen, denn sie fürchtete die See und mied sie, aber an Land, in Afrika, war er ihr nicht entwischt, da war sie wieder bei ihm. In seiner unbändigen Seele, unter seinem weißroten Haarschopf, fürchtete er sie mehr als irgendeinen Mann und argwöhnte hinter jedem Weibe eine listige Verkleidung der Madame Knudsen.
    Die Kohlenbrennerei brachte uns am Ende keinen Gewinn. Immer von Zeit zu Zeit fing bald der, bald jener Meiler Feuer, und der Lohn unserer Mühe ging in Rauch auf. Knudsen nahm sich unseren Mißerfolg sehr zu Herzen, sann ihm nach und erklärte schließlich, kein Mensch könne Holzkohle brennen, ohne eine ordentliche Menge Schnee zur Hand zu haben.
    Knudsen half mir auch, auf der Farm einen Teich anzulegen. Unsere Straße lief ein Stück weit durch eine weite Grasmulde, in der ein Quell entsprang, und ich dachte mir aus, unterhalb davon einen Damm zu errichten und die Vertiefung in einen See zu verwandeln. In Afrika fehlt es immer an Wasser, und es wäre ein großer Vorteil gewesen, das Vieh auf dem Felde tränken zu können und ihm den weiten Weg zum Fluß zu ersparen. Diese Idee beschäftigte die ganze Farm Tag und Nacht und wurde unausgesetzt besprochen, und als sie schließlich ausgeführt war, erfüllte uns das majestätische Werk mit großer Genugtuung. Die Strecke war über dreißig Meter lang. Der alte Knudsen war voll Eifer für die Sache und lehrte Pooran Singh, die richtigen Spaten zu verfertigen. Es gab mancherlei Unglück, als der Damm fertig war; nach einer langen Dürre setzten die großen Regenfälle ein, und der Damm hielt nicht dicht; er gab an verschiedenen Stellen nach und wurde mehrere Male zur Hälfte weggespült. Da war es Knudsen, der auf die Idee kam, das Erdreich zu festigen, indem man die Ochsen der Farm und das Vieh der Squatter darübertrieb, sooft es zum Trinken an den Teich kam. Jede Ziege und jedes Schaf sollte zum großen Werk beitragen und den Boden stampfen helfen. Er mußte etliche blutige Kämpfe mit den Hirtenbuben bestehen, denn Knudsen bestand darauf, daß das Vieh langsam über den Damm ging, während die ausgelassenen kleinen Totos fanden, es müsse mit erhobenen Schwänzen darübergaloppieren. Als ich schließlich Knudsens Partei ergriff und er der Totos Herr wurde, sah die Kolonne von Vieh, die bedächtig über die schmale Bank schritt, gegen den Himmel aus wie Noahs Tiere, die in Prozession in die Arche einzogen, und der alte Knudsen, der sie, den Stock unterm Arm, abzählte, schien wie einst der Schiffbauer Noah den Gedanken zu genießen, daß bald alles Lebende außer ihm selbst ersaufen würde.
    Mit der Zeit gewann ich so eine weite Wasserfläche, der Teich war an manchen Stellen über mannstief, die Straße führte mitten hindurch, es war sehr hübsch. Später bauten wir weiter unten noch zwei Dämme und bekamen so eine Kette von Teichen, wie aufgereihte Perlen. Der Teich wurde nun der Mittelpunkt der Farm. Er war immer belebt von einem Kranz von Vieh und Kindern, und in der heißen Jahreszeit, wenn die Tümpel in der Steppe und in den Bergen ausdorrten, kamen die Wasservögel auf die Farm: Reiher, Ibisse, Königsfischer und ein Dutzend verschiedener Arten Gänse. Abends, wenn die ersten Sterne am

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