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Jenseits von Timbuktu

Jenseits von Timbuktu

Titel: Jenseits von Timbuktu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gercke Stefanie
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vergessen. Bis gleich.« Damit schaltete er das Handy ab, fühlte sich beileibe nicht so zuversichtlich, wie er geklungen hatte. Aber es war der einzige Strohhalm, an den sie sich klammern konnten. Kiras Kenntnisse vom Busch, ihre unerschütterliche Liebe zu allen Kreaturen, die im übersetzten Sinn einen gebrochenen Flügel hatten. Sie würde jegliche Gefahr für sich vergessen, um das Tier zu retten. Er hetzte den Weg hinunter zum Haupthaus und machte sich auf die Suche nach Jonas.
    Â»Jonas?«, brüllte er. Das Haus warf ein leeres Echo zurück.
    Doch Sekunden später kam Jonas den Gang hinuntergeeilt,
schloss im Laufen den Reißverschluss seiner Hose. »Was machst du denn hier, du solltest doch erst morgen ankommen?«, rief er überrumpelt, warf Nils dabei einen unsicheren Seitenblick zu, der deutlich die Frage ausdrückte, ob der schon wusste, was gerade auf Inqaba vor sich ging.
    Nils fing den Blick auf und interpretierte ihn korrekt. »Ich weiß Bescheid. Kira ist verschwunden. Ich habe eben mit Jill gesprochen. Bring mich kurz aufs Laufende mit allen Einzelheiten, die dir bekannt sind. Wer sucht wo, habt ihr die Polizei geholt, ist ein Hubschrauber eingesetzt worden?«
    Jonas trat vor die Karte, die hinter seinem Schreibtisch an der Wand hing. »Bis auf Jenny und Phumile beteiligen sich alle an der Suche, und ich meine alle. Das schließt jeden ein, den wir kennen, bis hinauf nach Ngoma, obwohl Kira sicherlich nicht bis dorthin gelangt ist. Jedenfalls nicht zu Fuß. Unsere Leute und Jill durchkämmen die Gegend in einem relativ engen Gittermuster. Jill müsste hier sein.« Sein Zeigefinger markierte einen Punkt auf der Karte in einiger Entfernung von dem eingetragenen Isivivani. »Die Polizei haben wir nicht angerufen, auch ein Helikopter ist nicht im Einsatz. Jill meinte, es wäre sinnlos. Man würde wegen des dichten Buschs nichts sehen können und nur die Tiere verrückt machen.«
    Nils nickte. »Sie hat recht. Okay, danke, Jonas. Ich fahre auch hin. Bitte bleib am Telefon. Nimm dein Handy auch mit auf den Lokus. Eingeschaltet.«
    Jonas quittierte die Bemerkung mit einem blassen Lächeln. »Viel Glück, Boss.«
    Aber das bekam Nils nicht mehr mit. So schnell er konnte, rannte er zu seinem Wagen, sprang hinein, ließ den Motor an, wendete mit quietschenden Reifen und trat dann den Gashebel rücksichtslos durch. Immer wieder rutschte ihm das Lenkrad aus den schweißnassen Händen, was dazu führte, dass er einmal die Kurve nur im letzten Augenblick bekam, ohne im Gestrüpp
zu landen. Er fummelte ein Taschentuch aus der Hosentasche, wischte damit das Lenkrad trocken und steckte es dann gar nicht erst wieder weg. Dass er viel zu schnell fuhr und dass das im Wildreservat lebensgefährlich sein konnte, das wusste er natürlich, aber das war ihm gleichgültig. Jede Sekunde konnte über das Leben seiner Kira entscheiden.
    Seine Frau sah er schon von ferne, als er unten am Hügel um die Kurve bog. Sie war auf den Isivivani geklettert, ihre schlanke Gestalt zeichnete sich scharf vor dem blauen Himmel ab. Mit den Händen beschattete sie ihre Augen und schaute angestrengt in seine Richtung. Die Sonnenbrille hatte sie abgenommen, ihr Buschhut hing an einem Riemen über ihren Rücken. Ihr glänzend schwarzes Haar wurde vom Wind verwirbelt. Als sie sein Auto bemerkte, winkte sie mit beiden Armen. Hinter ihr konnte er Rangeruniformen und auch ein paar Farmarbeiter erkennen.
    Nils bremste scharf und stieß die Autotür auf. Er konnte Jill, die sich ihm in die Arme warf, gerade noch auffangen. Für ein paar Sekunden umschlang sie ihn und presste sich an ihn, bevor sie ihn von sich schob.
    Â»Wir haben keine Zeit.« Sie schaute auf die Uhr. »In zwei Stunden wird es stockfinster sein …« Mit einer Handbewegung, die alles sagte, ließ sie den Satz in der Luft hängen.
    Im Busch wurde es nachts wirklich pechrabenschwarz, es sei denn, der Mond schien, obwohl sein bleiches Licht die Schatten noch solider und unheimlicher erscheinen ließ und Lichtreflexe die Sinne täuschten. Es war nicht ratsam, sich nachts ohne Licht im Busch aufzuhalten. »Habt ihr außer den Suchscheinwerfern auf den Autos noch Handscheinwerfer hier?«, fragte Nils.
    Jill biss sich auf die Lippen und schüttelte den Kopf. »Wir haben nicht geglaubt, dass die Suche so lange dauert. Wir müssen welche besorgen.«

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