Jenseits von Timbuktu
zehn, vielleicht sogar zwanzig? Also eine gröÃere Herde?«
»Yebo. Da sind sie.« Ziko zeigte auf die Baumgruppe.
Zu sehen waren die Elefanten nicht direkt. Aber Brechen von Holz war zu hören, die Krone eines Baumes schlug hin und her, und das Rauschen, als der Baum sich zur Seite legte und ins Dickicht krachte, war deutlich zu vernehmen. Der gewaltige Aufprall setzte sich im Erdboden fort. Die grauen Riesen bewegten sich seitwärts zum flachen Abhang, offensichtlich in Richtung eines Gebietes mit dichterem Buschwerk, das sich ans Grasland anschloss. Das Splittern von Ãsten drang an ihre Ohren, schwere Tritte, wieder ein Krachen und das Rascheln von Blättern, als die Elefanten sich ihren Weg durch den Busch bahnten. Tiefes, resonantes Rumpeln erfüllte die Luft, Fressgeräusche, dann hohes Quieken.
»Sie haben Junge.« Nils las ihr die Worte von den Lippen ab. Wieder quiekte ein junger Elefant, leichtes Trappeln folgte, dann schnaufte eines der erwachsenen Tiere, und das Rumpeln kam näher. Aus dem staubigen Gelbgrün der Büsche schoben sich die schiefergrauen Rücken der mächtigen Tiere.
Jill zog Nils zu sich herunter und legte ihre Lippen an sein Ohr. »Sie versperren uns den Weg, aber wenn wir versuchen, die Herde zu vertreiben, werden sie unkontrolliert durch den Busch stürmen, und wir bringen Kira in höchste Gefahr. Sie werden
sie â¦Â« Sie schluckte den Rest hinunter. »Was sollen wir bloà machen?«
Er zog sie in die Arme und betete, dass sie nicht merkte, wie verzweifelt und unsicher er sich selbst fühlte. Jill vergrub ihr Gesicht in seiner Halsgrube.
»He, Ziko, bleib hier!« Musas Stimme.
Mit Jill im Arm fuhr Nils herum. Der breitschultrige Zulu hatte Ziko am Hemd gepackt und hielt ihn fest, obwohl der energisch daran zerrte.
»Wo willst du hin?«, fragte Jill und machte sich von Nils los.
Zikos Augen wirkten hinter den Brillengläsern unnatürlich groÃ. »Mama, die Elefanten kennen mich, besonders die Tanten. Meinen Geruch kennen sie, meine Stimme. Sie werden mich passieren lassen.« Er gestikulierte heftig, sein rundliches Gesicht glänzte vor SchweiÃ.
Jill hieb nachdrücklich mit der Handkante durch die Luft. Eine nicht misszuverstehende Geste. »Nein, Ziko. Das verbiete ich dir. Das ist zu gefährlich.«
Trotz der Vehemenz, mit der sie gesprochen hatte, fand Nils, dass der Zulu recht hatte. Jill hatte ihm erzählt, dass Ziko ihr vor Jahren geholfen hatte, zwei der Elefantenkälber gesund zu pflegen, nachdem die durch eine Wildererfalle verletzt worden waren. Und Elefanten besaÃen nun einmal ihr sprichwörtliches Gedächtnis. AuÃer Jill war wohl Ziko der Einzige, der sich ihnen nähern konnte, ohne von den tonnenschweren Kolossen sofort zu Brei getrampelt zu werden.
»Mama, sie werden mir nichts tun«, flüsterte Ziko.
Jill schüttelte energisch den Kopf. »Nein, du bleibst hier, und damit basta«, sagte sie. »Ich bin die Eigentümerin von Inqaba und trage allein die Verantwortung. Du hast Frau und Kinder, dazu noch die vier deiner verstorbenen Schwester, und du bist der einzige Ernährer deiner Familie.«
Ziko machte eine protestierende Bewegung, aber sie stoppte
ihn. »Es ist meine Tochter, ich werde gehen. Die Matriarchin und die Tanten vertrauen mir ebenfalls«, sagte sie. »Sie werden mich in Frieden lassen. Ich gehe zu Fuà weiter.«
»Kommt nicht infrage«, sagte Nils prompt. Seine Kinnbacken mahlten. »Auf keinen Fall!«
Ihr Wortwechsel wurde in zischendem Flüstern geführt. Die übrigen Ranger und Farmarbeiter standen in engem Kreis um sie herum. Nils fixierte seine Frau. »Niemand wird sich mit den Elefanten anlegen. Auch du nicht. Das ist viel zu gefährlich.« Er stand breitbeinig da, die Arme vor der Brust verschränkt, das Kinn aggressiv gehoben, und vermittelte glasklar, dass er vorhatte, sie zur Not körperlich daran zu hindern.
»Honey, wir haben keine Zeit mehr zum Diskutieren«, flüsterte Jill verzweifelt. »Die Sonne geht unter.«
Er sah hoch. Es stimmte. Die Sonnenstrahlen färbten die Hügelkuppen feurig orange, die weiten Täler füllten sich bereits mit blauen Schatten, und das Buschwerk nahm solide Formen an. Entschlossen fischte er sein Mobiltelefon aus der Tasche. »Jetzt ist Schluss mit dem Herumeiern. Ich rufe David Rafferty. Sein Hubschrauber, der äuÃerst starke
Weitere Kostenlose Bücher