Jenseits von Timbuktu
Ihr Blick glitt über die anwesenden Männer. »Philani und Mark, bitte fahrt zum Haus, treibt alles auf, was Licht gibt. Hambani shesha!«
Wortlos machten beide Ranger auf dem Absatz kehrt und rannten zu Marks Safariwagen. Sekunden später spritzten Sand und Geröll auf, kurz darauf bogen sie um die Kurve am Fuà des Hügels und waren ihrer Sicht entzogen. Das Motorengeräusch entfernte sich schnell.
Nils wandte sich wieder seiner Frau zu. »Wo habt ihr bisher gesucht?«
»Wir haben einen Radius geschlagen â¦Â« Sie zeigte ihm die Karte von Inqaba , die sie auf dem Isivivani ausgebreitet hatte. Mit dem Haupthaus als Mitte war mit Bleistift ein Kreis eingezeichnet, der etwa drei Kilometern Durchmesser entsprach. »Weiter kann sie in der Zeit, die sie verschwunden ist, auf keinen Fall gekommen sein. Dieser Teil hier ist übrig geblieben.« Sie zeigte auf den Teil, der jenseits des Isivivani lag. »Sie muss hier irgendwo sein! Es gibt keine andere Möglichkeit.« Der letzte Satz klang wie eine Beschwörung.
Nils lehnte mit verschränkten Armen an seinem Wagen. Die Falten, die von seiner Nase zum Mund liefen, waren schärfer eingegraben als üblich. »Und wenn nicht?« Er sah sie bei dieser Frage nicht an.
»Dann suchen wir, bis wir sie gefunden haben.« Jills Antwort kam schnell, heftig und zu laut. Ihre Angst stand ihr deutlich ins Gesicht geschrieben.
Nils verkrampfte sich innerlich, konnte seine eigene Angst kaum in Schach halten. Für einen Moment betrachtete er seine FüÃe, als wollte er dort Halt suchen, ehe er sich zwang, das auszusprechen, was ihm seit Minuten wie Blei auf der Seele lag. »Habt ihr ⦠ich meine, hast du auch die Möglichkeit einer Entführung in Betracht gezogen?«
»Was?«, schrie Jill entsetzt. »Um Himmels willen, nein! Ich bin mir sicher, sie sucht ihren Jetlag, so wie mir Luca das erzählt hat. Niemand kann unser Kind von Inqaba entführen. Hier kommt keiner hinein!« Sie war fahlweià geworden.
Nils nahm sie bei den Schultern. »Nein, das nicht, aber sie hat den engeren Bereich der Lodge verlassen.« Unter seinen Händen spürte er die Schockwellen, die ihren Körper durchliefen. »Ganz ruhig«, flüsterte er. »Aber wir müssen an alles denken. Wenn wir sie in der nächsten Stunde nicht finden, geben wir Alarm. Okay? Polizei, Helikopter, alles, was wir mobilisieren können.«
Jill nickte schwach.
»Hat sie was zu essen dabei?«, mühte er sich, sie abzulenken. Etwas Besseres fiel ihm nicht ein.
»Glaube ich nicht. Aber abgesehen davon, dass unsere Tochter eigentlich immer hungrig ist, muss sie mittlerweile fürchterlichen Durst haben.« Sie schlug eine Hand vor den Mund. »Meine Güte, hoffentlich trinkt sie nicht aus irgendeinem Tümpel â¦Â«
»Doch nicht Kira, sie weià genau, dass das gefährlich ist«, fuhr er dazwischen, schon um sich selbst zu beruhigen. Drei Wochen zuvor war einem unvorsichtigen Ranger von einem Krokodil in kaum knietiefem Wasser der rechte Fuà abgebissen worden. »Irgendwann hat sie mir erzählt, dass man, falls man sich im Busch verlaufen hat, einen Zweig eines bestimmten Buschs abbrechen und daran saugen soll â¦Â«
»Thula«, unterbrach ihn Ziko unvermittelt und hob gebieterisch eine Hand.
Nils verschluckte den Rest des Satzes, und unwillkürlich hielten alle den Atem an. Auch Jill. Aber auÃer den normalen Buschgeräuschen wie Zikadensirren und Vogelstimmen vernahm sie nichts. Sie schüttelte den Kopf. Nils hob die Schultern und schüttelte ebenfalls den Kopf. Beide sahen Ziko fragend an.
»Ndlovu.« Der Zulu hatte seine Stimme zu einem Flüstern gesenkt und wies hinunter in die flache, locker mit Gebüsch bewachsene Senke. Eine Barriere aus Schattenbäumen stand in etwa hundert, hundertfünfzig Metern Entfernung im hüfthohen gelben Gras.
Jills Augen weiteten sich vor Schreck. »Elefanten?«
Ziko nahm seine Brille mit den dicken Gläsern ab, polierte sie mit dem Hemdzipfel, setzte sie wieder auf und versuchte das Dickicht mit den Augen zu durchbohren. Kurz darauf nickte er.
»Wie viel?«, wisperte Jill. Ihr Hemd war auf einen Schlag völlig durchgeschwitzt.
Ziko zählte die Zahl an den Fingern ab und hob dann beide Hände, zuckte eloquent mit den Schultern und hob die Hände noch einmal.
Sie starrte ihn an. »Mehr als
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