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Jenseits von Timbuktu

Jenseits von Timbuktu

Titel: Jenseits von Timbuktu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gercke Stefanie
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ihren Eltern, und Jetlag, wie er es gewohnt war, hatte auf einem Hocker zwischen den beiden Kindern Platz genommen. Kira fütterte ihn mit Brotkrümeln und erzählte aufgeregt, was sie alles im Busch erlebt hatte. Jill und Nils ließen sie reden, vermieden es, nachzuhaken, wer ihren Hahn geklaut und wo sie ihn wiedergefunden habe. Und warum sie allein ins Reservat gegangen sei, obwohl ihr das oft genug strikt untersagt worden sei. Darüber würden sie später sehr ernsthaft mit ihr reden müssen, aber erst, wenn sie allein waren.
    Â»Diese dumme … diese dämliche …« Kira stockte, zog ein erschrockenes Gesicht und verbesserte sich sofort, »… dieser Idiot … er wollte Jetlag mit einem Stein erschlagen und ihn dann aufessen.«
    Die Tischrunde erstarrte, alle Augen wandten sich der Kleinen zu. Kira sah sich bestürzt um und verstummte, kratzte sich erst verlegen in den Haaren, dann spießte sie ein Stück Fleisch auf ihre Gabel, steckte es in den Mund und kaute es, wobei sie es geflissentlich vermied, ihre Eltern anzusehen.
    In das dichte Schweigen fuhr ein weicher Windstoß raschelnd in die Palme über ihrem Tisch. Nils sah seine Tochter an.
    Â»Wer war denn dieser … Idiot?«, fragte er. »Kennen wir sie … ihn, meine ich.« Er hielt seine Tonlage ruhig, gab sich sichtlich große Mühe, nicht zu interessiert zu erscheinen, nicht preiszugeben, wie sehr er das wissen wollte.
    Aber Kira ließ sich nicht hereinlegen. »Welcher Idiot?« Sie hob ihr Kinn und schaute harmlos drein. Ein Trick, den sie bis zur Perfektion verfeinert hatte. Er hatte ihr schon oft geholfen.
    Â»Der dämliche Idiot, der Jetlag mit einem Stein erschlagen und aufessen wollte«, half Nils nach.

    Â»Hab ich nicht gesagt.« Seine Tochter schob die Unterlippe vor, flatterte mit den Wimpern und spielte ganz die gekränkte Unschuld.
    Â»Doch, hast du«, mischte sich Jill aufgewühlt ein und hätte sich gleichzeitig treten können, dass ihr das so heftig herausgerutscht war. Sie wusste, dass es nur das Gegenteil bewirkte, wenn man ihre Tochter zu etwas drängen wollte. Mein entzückendes kleines Maultier, nannte sie Nils oft. Besser konnte man Kira nicht beschreiben.
    Â»Hab ich nicht!« Kira kniff die Augen zu funkelnden Schlitzen zusammen und verschränkte die Arme vor der Brust, ein Bild wilder Entschlossenheit.
    Die Geste glich so auffällig der ihres Vaters, dass Jill fast laut losgelacht hätte, wenn sie nicht so besorgt gewesen wäre. Hatte Kira erst auf stur geschaltet, war es nutzlos, weiter in sie zu dringen. Leider konnte der Zustand stundenlang anhalten. Jetzt blieb ihr nichts anderes übrig, als auf einen günstigen Moment zu warten. Möglicherweise gab es heute Abend eine Gelegenheit, wenn Kira zur Ruhe gekommen war und sie ihr eine Gutenachtgeschichte vorlasen. Dabei erzählte sie ihnen meistens, was sie am Tag erlebt hatte. Vielleicht würde es ihnen ja gelingen, die Geschichte aus der Kleinen herauszukitzeln.
    Mit bangem Herzen dachte sie an den von Kira mit dämlich bezeichneten Idioten, der  – nach ihrem Versprecher zu urteilen  – vermutlich ein weibliches Wesen war, das sich jetzt wohl allein dort draußen im Dunklen herumtrieb. War es eine Erwachsene, wusste die  – oder der  – sich vermutlich zu helfen, aber Gott stehe einem Kind bei. Ihr lief ein Schauer über die Haut bei der Vorstellung, was alles hätte passieren können, wenn ihr kleines Mädchen nachts allein zwischen Hyänen, schlecht gelaunten Büffeln und Krokodilen gewesen wäre. Und Mambas. Und Löwen.
    Für einen Moment vergrub sie ihr Gesicht in den Händen.
Dann aber schob sie jeden Gedanken daran, was Kira im Busch hätte zustoßen können, weit weg. Sie war rechtzeitig gefunden worden, und es war ihr nichts geschehen. Es war ein Wunder, aber es war so. Sie rieb sich über die Augen. Es war ein langer Tag gewesen, und sie war hundemüde.
    Â»Was ist?«, fragte Nils leise.
    Sie nahm die Hände herunter und zwang sich zu einem Lächeln. »Nicht jetzt. Wir reden nachher, okay?«
    Nach kurzem Zögern nickte er und widmete sich wieder seinen Kindern. Von der Seite beobachtete sie, wie sich seine Züge dabei völlig veränderten, weicher wurden, entspannter, seine Augen von innen strahlten, und schickte ein Gebet zum Himmel, dass nichts ihr

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